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So geht es vor dem Deadline-Day im Eishockey zu

Durch die unterschiedlichen Gegebenheiten in den Ligen zeigt der Transfermarkt im Eishockey ganz eigene Dynamiken. LAOLA1-Scout Bernd Freimüller kennt sie.

So geht es vor dem Deadline-Day im Eishockey zu Foto: © GEPA

Rege Betriebsamkeit am Eishockey-Transfermarkt, die IIHF-Trade Deadline rückt näher.

Ein Blick hinter die Kulissen von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller.

Kaum von Finnland zurückgekommen, war Montag und Dienstag für mich Telefondienst angesagt - der Tenor war immer der gleiche: "Wir brauchen Spieler - weißt du wen?".

Ich bin immer noch Scout und nicht Agent, sprich ich bewerte Spieler, biete aber keine an. Doch die Marktübersicht zeigt: Auf jeden einigermaßen brauchbaren Spieler kommen Dutzende von Interessenten.

Von der EIHL bis zur DEL suchen viele Teams, entweder sofortige Verstärkungen, Absicherungen für die Playoffs oder Verletzungsvertretungen.

Transferende

Im Gegensatz zum Fußball, wo sich die einzelnen Ligen verschiedene Deadlines geben, ist die im europäischen Eishockey ziemlich eindeutig. Nach dem 15. Februar geht nichts mehr, die IIHF wickelt hier keine Transfers mehr ab und die Verbände selbst haben diese Deadline auch für interne Übertritte übernommen.

Dieses Enddatum nach vorne zu verlegen ist natürlich möglich. Die KHL schließt ihre Pforten immer Ende Dezember, die finnische Liiga und die tschechische Extraliga dagegen mit 31. Jänner. Von dort können Spieler danach natürlich noch ins Ausland wechseln, umgekehrt geht aber nichts mehr.

Allerdings bestehen gerade zwischen diesen Ligen große Unterschiede: In der KHL und Liiga gibt es keine Absteiger, in Tschechien sehr wohl, daher geht es in Letzterer noch für alle Teams um viel. Spieler werden gesucht, aber eigentlich nicht abgegeben.

In der Liiga haben Saipa und HPK schon das Handtuch geworfen, die wenigen brauchbaren Spieler freigesetzt, HPK tritt jetzt ohne einen einzigen Legionär an, Saipa gönnte sich mit dem ECHL-Crack Lee Lapid sogar noch einen Neuzugang, offenbar mit einem Auge auf nächste Saison.

Doch gerade in der KHL müsste es doch bei Teams ohne Playoff-Hoffnungen noch interessante Cracks geben? Kunlun etwa verfügt mit Tyler Ottenbreit, Devin Brosseau, Tyler Graovac oder Cory Kane über eine Reihe von interessanten Leuten. Dazu kommt auch Offensiv-Defender und Ex-Erstrunden-Pick Ryan Merkley, der auch schon angeboten wurde.

Das Problem dabei: Selbst wenn diese Spieler die Freigabe bekämen - ergibt das für sie wirtschaftlich Sinn? Verzichtest du etwa auf dein Restgehalt, dass in der KHL durchaus noch sechsstellig ausfallen kann und wechselst für weniger Geld in eine andere Liga? Oder absolvierst du einfach die letzten zehn Saisonspiele, trainierst noch etwas nach, bevor der Golfplatz ruft?

Ein Wechsel lockt vielleicht, wenn du in der KHL nicht mehr deine Zukunft siehst und gar ein Anschlussvertrag über die Saison hinaus angeboten wird.

Der eine oder andere KHL-Crack wird noch wechseln (so Teams oder Ligen Spieler von dort nicht per se ablehnen), aber ein Massenexodus steht sicher nicht an.

Abgebende Ligen und Teams

Wie gesagt, nur Ligen ohne Absteiger kommen als Anbieter in Frage - Schweden, beide Extraligen oder die DEL fallen daher flach, die Schweiz eigentlich auch, obwohl es dort aus der Swiss League nur zwei mögliche Aufsteiger (Olten, Visp) gibt, eventuelle Relegationsspiele gegen den NL-Letzten (Ajoie) auch entfallen können.   

Die ICE ist aber als Anbieter geeignet, vor allem in der heurigen Konstellation: Der ewige Letzte aus Graz hat mit dem Abverkauf schon begonnen, Asiago hat Allan McShane freigegeben. Auch die Vienna Capitals müssen sich wohl bald die Frage stellen, ob sie noch etwas an Gehalt einsparen wollen.

Legionäre können aus der ICE grundsätzlich nur ins Ausland wechseln, aber Wien bzw. Asiago könnte mit dem einen oder anderen Inländer durchaus das Playoff-Rennen noch beeinflussen.

Die Marktlage

Wie gesagt - Dutzende von Teams suchen, aber der Markt ist leer. In der ICE etwa sucht Salzburg schon seit längerem nach einer Offensivverstärkung, der VSV hat nach dem Abgang von Anthony Luciani auch schon seit Wochen einen Legionärsplatz offen, der HCB Südtirol will auch noch tätig werden.

Doch woher Spieler nehmen, wenn sogar finanzkräftigere Teams aus dem Ausland ohne Erfolg suchen? Diese Lösungen bieten sich noch am ehesten an:

ECHL-Cracks

Die Spieler mit reinen ECHL-Verträgen (also nicht AHL/ECHL) können diese jederzeit auflösen, was auch für die andere Seite gilt.

So verstärkte sich Zvolen (SVK) zuletzt gleich mit drei Cracks aus dieser Liga (Alexandre Fortin, Jarid Lukosevicius, Jaylen Smereck), die alle ziemlich interessant sind. Die Ligarivalen aus Michalovce (Josh Wilkins) und Slovan Bratislava (Patrick Holway) - ebenfalls mit schwachen Saisonverläufen - fischten im selben Gewässer.

ECHL-Cracks sind auch die meisten Namen, die ich in den letzten Wochen gehört habe. Spieler aus dieser Liga sind natürlich immer ein Glücksspiel, aber sie verfügen immerhin über Spielpraxis und versprechen zumindest auf dem Papier meist etwas Offensive.

Vertragsauflösungen

Einige Spieler werden jetzt noch freigesetzt, aus verschiedenen Gründen: David Farrance etwa sah seine Zukunft auch über die Saison hinaus in Europa, die Toronto Marlies, bei denen er ohnehin überzählig war, erteilten ihm bzw. seinem Agenten Steve Bartlett die Freigabe für Ingolstadt.

In Poprad war Defender Garrett McFadden der überzählige Ausländer und fand in Karlovy Vary einen neuen Arbeitgeber, Salzburg wurde mit Adam Payerl nicht glücklich, Düsseldorf dagegen schon.

Leistungs- bzw. disziplinäre Gründe machen natürlich viele diese freigegebenen Spieler zu einem Risiko. Beim Tabellenletzten der EIHL, Nottingham, nahm man Luciani aber trotzdem mit offenen Händen auf. Das Tabellenschlusslicht der DEL, die Iserlohn Roosters, muss hoffen, dass Nick Ritchie im Gegensatz zu seinem Stint bei Kärpät Oulu die Balance zwischen physischem Spiel und sinnlosen Aktionen findet.

Für Sinnfragen wie bei Ritchie, warum ein 28-jähriger Crack, der in der letzten Saison noch 74 NHL-Spiele bestritt, überhaupt in Europa spielt, bleibt da kein Spielraum. Gerade für solche Teams unter Siegzwang gilt das englische Sprichtwort: "Beggars can't be choosers".

Spieler ohne Spielpraxis

Mitte bis Ende Jänner - traut man sich da wirklich an Spieler heran, die heuer noch kein Spiel bestritten haben und deren körperlicher Zustand aus der Ferne kaum beurteilt werden kann?

Einige Teams schreckt das nicht ab: Der Ex-Augsburger Terry Broadhurst kam in Finnland bei TPS Turku unter, erhielt sogar einen Vertrag bis Sommer 2025.

Ebenfalls ohne Spielpraxis im Jänner unter Vertrag genommen: Der Oktopus-artige Defender Viktor Svedberg (Poprad) oder Goalie Mareks Mitens (Kladno).

Mitens nahm in Kladno die Rolle von Julias Hudacek ein, dessen KHL-Vergangenheit die dortigen Fans auf den Plan rief, woraufhin der Vorstand jämmerlich einknickte und den Vertrag wieder auflöste. In Frankfurt überzeugte Hudacek trotz mangelnder Spielpraxis bisher.

Die Dresdner Eislöwen (DEL2) holten mit Goalie Danny aus den Birken, Travis Turnbull und Justin Florek gleich drei Cracks gleichzeitig aus dem Vorruhestand.

Größter Name in dieser Kategorie: Zach Kassian mit fast 700 NHL-Spielen. Der Powerforward hatte im Alter von 32 Jahren eigentlich schon sein Karriereende ausgerufen, versucht es aber jetzt nochmals bei Sparta Prag.

Der schussstarke Powerforward oder PP-Pointman im besten Alter, der von Spiel eins an einschlagen soll, das Team zu einem langen Playoff-Run führt und gleich am besten über die Saison hinaus per Option gebunden ist? Sprichwörtlich "der Traum von warmen Eislutschkern", den vor allem einige Fans immer wieder hegen, der aber mit der Realität wenig zu tun hat.

Die Sport Manager müssen sich in Wahrheit mit einem Markt auseinandersetzen, der zu diesem Zeitpunkt selbst für Teams mit tiefen Taschen ausgedörrt ist und dessen wenige Alternativen nur Hoffnung, aber keineswegs Leistungsgarantie erwarten lassen...

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