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Neue und alte Trends in der EBEL-Transferzeit

Welcher Spielertyp ist heiß begehrt und wer hat's schwer? EBEL-Scout Freimüller kennt die Antwort.

Neue und alte Trends in der EBEL-Transferzeit

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Als erstes EBEL-Team ging Vizemeister Znojmo am Sonntag wieder auf das Eis, der Rest der Liga folgt in den nächsten Tagen und Wochen. Zeit für Scout Bernd Freimüller einen Blick auf neue und alte Trends der aktuellen Transferzeit zu werfen:


Puck moving Verteidiger (wenn möglich Rechtsschützen) als Objekt der Begierde…

Egal, ob Mannschaften im In- oder Ausland, einen Satz hört man jeden Sommer: "Wir brauchen noch einen Puck moving Defender, wenn möglich ein Rechtsschütze." Logisch, wenn sich selbst finanzkräftige Teams auf der Suche nach diesem Spielertypen schwertun, müssen sich die EBEL-Vereine in der Warteschlange weit hinten anstellen.

Während in den letzten Jahren vor allem KHL-Teams kleine, aber talentierte Verteidiger mit guten Verträgen lockten, wechselten diese im Sommer vor allem in die SHL. Ben Youds, Ryan Gunderson, Daine Todd, Chad Billins, Dylan Reese, Matt Donovan, Kyle Cumiskey und André Benoit – natürlich verschiedene Spieler mit Qualitätsunterschieden, aber sie alle versprechen Beiträge im Aufbau- und Überzahlspiel.

Solche Cracks sind für die EBEL größtenteils unerschwinglich - mit der Ausnahme von Salzburg, die mit Mark Flood, Bobby Raymond und Mathieu Roy Qualitätsdefender nach Österreich holten, tun sich vor allem Vereine mit geringen Mitteln schwer. Beispiele dafür:

In Graz muss man sich schon die Frage stellen, wer die Scheibe aus dem Drittel bringen bzw. im Powerplay verteilen soll. Brendon Nash zeigte hier in Kladno Potential, in Nordamerika war er eher ein Typ für das zweite Überzahl-Pärchen. Aber sonst? Troy Vance ist der einzige Rechtsschütze, aber auch er ist alles andere als ein übermäßig begabter Puckmover. Der Rest der Defensive verspricht so gut wie keine Offensivbeiträge - für Oliver Setzinger ist daher wohl sicher ein Platz an der blauen Linie in Überzahl vorprogrammiert. Ohnehin nicht mit einem überlangen Geduldsfaden ausgestattet, würde es nicht überraschen, wenn er schon bald versucht, die Scheibe übers ganze Eis zu tragen.



In Dornbirn sieht es aktuell an der blauen Linie auch nicht viel besser aus -  sowohl qualitativ als auch quantitativ. Bezeichnend dafür: Drew MacKenzie war schon lange vor Saisonende abgesegnet, den ganzen Sommer über suchten die Vorarlberger nach höherer Qualität zu überschaubaren Mitteln. MacKenzie wiederum wurde in den verschiedensten Ligen angeboten, das Interesse war wie erwartet enden wollend. Jetzt kamen beide Seiten wieder zusammen, beide fanden einfach nichts Besseres.

An einheimischer Qualität (und an Rechtsschützen!) fehlt es derzeit in der Bulldogs-Defensive völlig: Die Vertragsverhandlungen mit Robert Lembacher endeten im Streit, Christoph Duller kehrte in seine Heimatstadt Klagenfurt zurück, Alexander Jeitziner möchte wieder in der Schweiz unterkommen. Sollte er nicht zurückkehren bzw. kein anderer brauchbarer Nullpunkter vom Himmel fallen, stehen die Dornbirner mit gerade fünf ligatauglichen (aber keineswegs überragenden) Defendern da und das bei einem voll ausgereizten Punktekonto und 13 (!) Legionären. Die logische Variante wäre dann, den neuverpflichteten Cody Sylvester zurückzuziehen, was auch schon in Iserlohn punktuell passierte. Eine Abwehr mit sechs Legionären wäre jedoch ein Novum in der EBEL.

Der EBEL-Verteidigermarkt ist allgemein über die Jahre schwerer geworden, kein Wunder, dass Cracks wie Kevin Wehrs oder Ryan McKiernan im Ausland kein Interesse hervorrufen, ligaintern aber begehrte Leute sind.

Ein weiterer Trend: ECHL-Defender füllen heute Rollen aus, die früher von AHL-Leuten eingenommen worden wären. Bei Spielern wie Collin Bowman (Capitals) oder Dave Makowski (Fehervar) hoffen die Teams darauf, dass ihre Schwächen (Bowman-Defensive, Makowski-Eislaufen) nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, sie aber ihre ECHL-Scorerzahlen und Powerplay-Fertigkeiten auch in der EBEL umsetzen können. Wird einer der beiden zu einem neuen Sébastien Piché?

Gehälter und Budgets sinken weiter

Klar, der Wartungserlass war für die österreichischen EBEL-Teams alles andere als leicht hinzunehmen und trug an den meisten Orten zu reduzierten Budgets bei. Allerdings darf man auch hier nicht alles für bare Münze nehmen: Der VSV etwa versteht es schon seit Jahren, sich kleiner zu machen, als er wirklich ist. Heuer reichte es dennoch für elf Legionäre (einer mehr als in der Saison 2015/16) und mit Corey Locke und Jan Urbas kamen die größeren Transfers erst zum Schluss.

Urbas ist ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht alles ernstnehmen darf, was so aus Villach kommt: Als Ziga Pance früh zum KAC wechselte, drehte man in der Draustadt fast durch, ein offizielles Facebook-Posting von Vereinsseite gab zum Fremdschämen Anlass. Dass jetzt Urbas umgekehrt das Angebot der Villacher besser zusagte als jenes des KAC, zeigt, dass auch die Adler nicht mit Kieselsteinen zahlen.

"Der VSV versteht es schon seit Jahren, sich kleiner zu machen, als er wirklich ist."

Bernd Freimüller

Apropos KAC: Die Zeiten, als in Klagenfurt sechsstellige Gehältern Alltag waren, sind vorbei. Dazu trägt weniger der Wartungserlass als vielmehr die sich im Sinken befindende Laune von Geldgeberin Heidi Horten nach drei Katastrophen-Saisonen bei. Zwar nagen die Klagenfurter weiter nicht am Hungertuch, doch müssen sie ihre Mittel klüger einsetzten.

Beispiel dafür: Die Suche nach einem rechtsschießenden Playmaking Center (auch so eine eierlegende Wollmilchsau). Die große Lösung wie etwa ein Tim Stapleton ließ sich nicht finanzieren, sodass man die Mittel auf zwei Spieler aufteilte: Mit Mark Hurtubise kam zwar ein Rechtsschütze, als große Lösung will man ihn (zu Recht) aber nicht verkaufen. Hurtubise erwarb sich die Meriten in seiner Karriere eher über seine Kraft in den Ecken und vor dem Tor sowie einem harten Schuss. Er sollte keineswegs als deklarierter Einser-Center, sondern vielmehr in einer Rotation (mit Koch, Hundertpfund und Harand) eingeplant werden. Spannend wird sein, welcher Flügel noch mit den restlichen Mitteln geholt wird, etwas mehr Scoring-Potential würde dem Team sicher gut tun.

Insgesamt sind die Mittel bei den meisten Teams kleiner geworden, einzig die beiden Finalisten Salzburg und Znojmo dürften auf dem Vorjahrsniveau liegen.

Weiter schwere Zeiten für Österreicher

Natürlich lassen sich nicht alle Fälle miteinander vergleichen, der 39-jährige Gerhard Unterluggauer sitzt bei all seinen Meriten natürlich in einem anderen Boot als etwa der doch noch um einiges jüngere Flo Iberer. Aber die Liste der Österreicher, die knapp vor Trainingsstart noch ohne Teams dastehen, ist eine lange: Bernd Brückler und Thomas Pöck haben sich in ihre Wahlheimaten Finnland bzw. die USA zurückgezogen. Sie könnten dem Eishockey in anderen Rollen (TV-Experte bzw. Agent) erhalten bleiben, falls nicht doch noch Angebote eintreffen.

Dazu kommen noch Cracks, die in der letzten Saison noch mehr oder minder wichtige Rollen einnahmen: Fabian Weinhandl, Rene Swette, Sven Klimbacher, Philipp Pinter oder David Schuller. Das Alter, schwache Saisonen, mangelnder Trainingseifer oder mühsame Charakterzüge sind Gründe, die von Vereinsseiten bei diesen neun Cracks angeführt werden. Nicht ganz von der Hand zu weisen, trotzdem scheint ein derartiger Massen-Exodus überzogen.

Österreicher wie Robert Lembacher haben es schwer

Außerdem: Was soll sich etwa ein Marius Göhringer denken, der in Linz die Erwartungen mehr als nur erfüllt hat, trotzdem wieder ausgesondert wurde. Oder ein Robert Lembacher, der im April noch im WM-Kader stand?

Ein Mitgrund für die mangelnde Nachfrage nach rot-weiß-roten Cracks: Der für die nächste Saison angekündigte Österreicher-Topf wurde um ein Jahr verschoben, Teams wie Wien oder Graz konzentrierten sich entgegen erster Ankündigungen wieder auf den ausländischen Markt. Vier Punkte sind in der Denkweise fast aller Teams schon lange nicht mehr einfach vier Punkte, sondern einfach ein Legionär. Ob für Teams wie Dornbirn, Innsbruck oder Graz ein Paket Lembacher/Göhringer nicht mehr Sinn ergäbe, als ein 08/15-Legionär mit ebensolchen vier Punkten? Die Gehälter befinden sich für österreichische Cracks wie diese ohnehin schon lange im Keller …

Linz und Bozen – die zwei Extremwerte der Transferszene

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt auch immer wieder auf, wie unterschiedlich die Denkweisen der einzelnen Vereine sind. Beispiel dafür die beiden Extremwerte HC Bozen und BW Linz.

Die Black Wings sind mit ihrer Mannschafts-Zusammenstellung fast immer schon als erste durch, sahen sich heuer auf den Legionärs-Positionen ausschließlich in der EBEL um (Rick Schofield, Jon D'Aversa, Joel Broda). Einzig der neu auf den Markt gekommene Austro-Kanadier Curtis Loik sorgte noch für einige Überstunden beim Duo Daum/Perthaler. Aufgrund der mangelnden Konkurrenz um den kraftvollen Flügel (nur der KAC bot mit) war auch diese Causa bald erledigt.

Loiks Verpflichtung wurde am 27. Mai bekanntgegeben, zu diesem Zeitpunkt war der Bozener Kader nicht einmal in Bruchstücken erkennbar. Zwar wollten die Südtiroler heuer einmal früher in die Pedale kommen, doch es blieb beim Vorsatz. Die Gründe dafür sind vielfältig:

Wenig Geld (ein typisches Bozener Legionärsgehalt liegt um die 30.000 Euro). Kein Wunder also, dass etwa Joel Broda für Linz finanziell überschaubar ist, sich dieser aber trotzdem über eine schöne Gehaltserhöhung freuen kann.

Wer steht auf der Wunschliste von Bozen-Coach Tom Pokel?

Schlechte Reputation bei Spielern und Agenten aufgrund von früheren Gehaltsrückständen, vor allem nach dem finanziell desaströsen Meistertitel. Dazu kommt noch ein Lohnsystem, das sich von den Monatszahlungen der anderen Ligaklubs kategorisch unterscheidet.

Sport-Manager Dieter Knoll und Coach Tom Pokel recherchieren so ziemlich jeden Spieler auf dem Markt, egal ob finanziell unrealistisch oder mit höchst fragwürdigem EBEL-Niveau. Kommentar eines Agenten: "Wie ein Kind vor der Eisdiele – sie können sich einfach nicht entscheiden." Bezeichnend dafür: Ein Nullpunkte-Torhüter, der drei Jahre als Starting Goalie in der OHL auflief, ließ sich monatelang hinhalten, bevor er endlich ein Vertrag zu einem Lehrlingsgehalt bekam. Österreichische EBEL-Teams – siehe Loik – würden bei einem gleichgelagerten Spieler stante pede agieren.

Im Gegensatz etwa zu Linz möchte Knoll vor allem "Frischfleisch" aus Übersee holen – und neue Legionäre sehen sich meist nicht vor dem (Spät)sommer in Europa um. Diese warten dann finanziell bzw. sportlich interessantere Angebote ab, ehe sie doch zu einem Thema im pittoresken Bozen werden. Knoll: "Wir können erst dann zu essen beginnen, wenn die anderen Teams schon satt sind."

Die Unterschiede zwischen Linz und Bozen könnten größer also nicht sein: Linz könnte die Saison bereits heute beginnen, die Südtiroler werden wohl wieder einmal erst auf den letzten Drücker fertig.

Doch die äußerst enge Playoff-Serie des Vorjahres hat bewiesen, dass die Unterschiede des Sommers im Laufe einer Saison oft keine Rolle mehr spielen …

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