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Von Party-Brüdern und dem falschen Prinzen

Pass-Probleme, ein falscher Kronprinz und zwei Party-Brüder. Khanty-Schießbude:

Von Party-Brüdern und dem falschen Prinzen

Kinder, wie die Zeit vergeht ...

Schon wieder ist eine Biathlon-Saison Geschichte. Kaum hat der Winter hierzulande Einzug gehalten, muss man sich von den Loipenjägern schon wieder verabschieden.

Ereignisreiche Monate liegen hinter uns. Von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt hielten die Wettkämpfe eine riesige Spannbreite an Gefühlen parat. Für den einen verlief die Saison nach Wunsch, für den anderen hätte der Winter auch schon früher zu Ende gehen können.

Wir blicken ein letztes Mal zurück und rollen den Weltcup in Khanty-Mansiysk wie gewohnt in der Schießbude noch einmal auf:

Endlich hat er es geschafft! Mit seinem Nuller im Khanty-Sprint und einer phänomenalen Laufleistung fixierte Julian Eberhard seinen ersten Weltcupsieg. "Es war ein perfektes Rennen. Das, wonach ich immer strebe", freute er sich. Im Unterbewusstsein hatte er schon ein gutes Gefühl, bevor es losging. "Ich hatte das alles schon durchgespielt. Ich wusste, dass ich treffe und es auf die letzten 500 Meter ankommen würde." Eben dort holte er jene Zeit raus, die am Ende zwischen Sieg und Platz zwei entschieden. Sein Deja-vu-Erlebnis half ihm auf dem Weg zum Erfolg. "Das hat sicher eine Rolle gespielt und gab mir brutale Sicherheit."

 Rein sportlich hätte sich Martin Fourcade die Reise nach Sibirien ersparen können. Vier Fehler im Sprint ergaben nur den 40. Platz. Um sich für den Massenstart zu schonen, ließ er die Verfolgung aus. Der Franzose verließ Russland mit nur einem Weltcuppunkt. Gut, dass er in den Monaten davor so viele gesammelt hatte, dass ihm sämtliche Kristallkugeln nicht mehr zu nehmen waren.

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Es ist vollbracht! Als erste Tschechin (Jiřina Adamičková 1989/90 gewann für die Tschechoslowakei) schnappte sich Gabriela Soukalova die große Kristallkugel für den Gesamtweltcup-Sieg. Der verdiente Lohn für die 26-Jährige, die eine echte Traum-Saison hinlegte und nie schlechter als Elfte war. Und ausgleichende Gerechtigkeit dafür, dass sie als Mitfavoritin bei der WM leer ausging.

 Ein blödes Missgeschick unterlief Vanessa Hinz. Die Deutsche verlor ihren Pass, womit eine Ausreise der 23-Jährigen unmöglich war. Sämtliche Flüge waren bereits gebucht, doch ohne das Dokument geht nun mal gar nichts. Russischen Medienberichten zufolge musste sie  sich in Yekaterinburg einen provisorischen Pass besorgen, um endlich die lang ersehnte Heimreise antreten zu dürfen.

 

Lang, lang ist's her, als Benjamin Weger zuletzt so ein Glücksgefühl empfand. "Gott sei Dank, es geht doch noch", meinte der Schweizer, nachdem er im Verfolger viermal fehlerfrei blieb und vom elften noch auf den vierten Platz lief. So gut war er schon seit mehr als vier Jahren nicht mehr klassiert. Viele hatten ihn bereits abgeschrieben, daher galt sein Dank jenen, die ihm den Rücken stärkten. "Danke an alle, die immer an mich geglaubt haben."

Man könnte beinahe glauben, der Sprint war ein Paarlauf - war er natürlich nicht! Ole Einar Björndalen tat es Fourcade jedoch gleich und verpatzte seinen Wettkampf. Als 41. ging er gänzlich leer aus. Wie sein französischer Kontrahent wollte er Körner sparen und diese im abschließenden Massenstart einsetzen. Doch erstens kommt es anderes - und zweitens als man denkt. Der Biathlon-Großmeister verabschiedete sich mit einem Punkte-Nuller in ... ja, wohin denn eigentlich? Eine Antwort blieb er bislang schuldig, aber aufhören kann er so ja nun wirklich nicht.

 

 Comedian Nikolay Ramm und die Kollegen von "NRK" ließen sich während der WM so einiges einfallen (klickst du hier), zu den absoluten Highlights zählt die Aktion, als er sich als norwegischer Kronprinz ausgab und den internationalen Biathlon-Stars vorstellte. Mittendrin: Dominik Landertinger und Julian Eberhard. "Er hat uns ganz schön auf den Arm genommen, aber wir haben's auch verdient", nimmt es der Tiroler mit Humor. Eberhard ergänzt amüsiert: "Als wir es bemerkt haben, waren wir froh, dass es keiner mitbekommen hat." Wir haben zwar etwas länger gebraucht, diese Perle aber mit etwas Verspätung doch noch entdeckt. Tut uns leid, ihr beiden, aber das Video ist einfach zu gut, um es unseren Usern vorzuenthalten. Bitteschön:

Norwegische Parodisten treiben an der laufenden Biathlon-WM in...

Herrliche Aktion! Norwegische Parodisten treiben an der Biathlon-WM in Oslo ihr Unwesen. Auch unsere Schweizer Biathleten fallen auf den falschen Kronprinzen rein

Posted by Blick Sport on Dienstag, 8. März 2016

"Ich glaube, wir müssen nicht diskutieren. Ich bin überglücklich, dass zu diesem Zeitpunkt niemand auf der Strecke war", erklärte IBU Renndirektor Borut Nunar, nachdem nicht nur die Massenstart-Bewerbe in Khanty-Mansiysk, sondern auch ein Lichtmasten einem heftigen Sturm zum Opfer fielen. Die fehlende Sicherheit war nicht mehr gewährleistet, damit war an Rennen nicht mehr zu denken.

Zum Saisonabschluss wollen wir die Leistungen der Österreicher in diesem Winter noch einmal genauer beleuchten. Da eine detaillierte Analyse aller Österreicher den Rahmen sprengen würde, hier eine kurze Auflistung, was gut/schlecht lief:

 Die Herren-Mannschaft hat den so wichtigen fünften Platz im Nationencup errungen und damit den im letzten Jahr verloren gegangenen sechsten Startplatz zurückerobert. Das erleichtert dem Trainerteam um Chef Reinhard Gösweiner nicht nur die Qual der Nominierungswahl, sondern zeigt auch, dass die Arbeit mit selbigem ganz offensichtlich gefruchtet hat.

 Der WM-Doppelschlag durch Dominik Landertinger (Einzel-Silber) und Simon Eder (Bronze) sorgte dafür, dass das Ziel von einer Medaille nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen wurde. Beide haben sich im Vergleich zur Vorsaison deutlich gesteigert, wobei vor allem die Konstanz von Eder schwer beeindruckte. Der Salzburger lief die Saison seines Lebens und hat am Schießstand zu alter Stärke zurückgefunden, während sein Tiroler Teamkollege nach einer verkorksten Saison 2014/15 eindrucksvoll den Weg zurück in die Weltspitze fand.

 Markus Gandler hätte sich wohl nicht gedacht, dass seine Lanze, die er für Julian Eberhard brach, nur wenige Tage in Form eines Sieges zurückgezahlt würde. Der 29-Jährige schoss im Sprint von Khanty-Mansiysk fehlerfrei und feierte seinen ersten Sieg. Generell sei festgehalten: Schon vor diesem Durchbruch absolvierte er die stärkste Saison seiner Karriere. Rundum zufrieden ist er dennoch nicht: "Das kommt auf die Betrachtungsweise an. Wenn man sieht, wie viele Chancen ich vergeben habe, dann war es eine schlechte Saison. Wenn man sieht, dass ich immer in Topverfassung war und nach meinem Materialwechsel zu Fischer das Laufniveau mitbestimmt habe, dann sind das Sachen, auf die ich stolz sein kann."

 Bravo, Lisa Hauser! Die 22-jährige Tirolerin trug die Last der Verantwortung im Damen-Lager mehr oder weniger alleine auf ihren Schultern und ging beeindruckend selbstsicher damit um. Zehn Platzierungen zwischen Position acht und 14 zeugen davon, dass ihr der nächste Schritt in ihrer Entwicklung gelang. Gelingt es dem Trainerteam, Hausers Teamkolleginnen auf ein ähnliches Niveau zu pushen, kann sich Biathlon-Österreich auf die Zukunft im Damen-Bereich freuen.

 Wir ziehen alle Hüte vor dem Nachwuchs. Zweimal Gold und einmal Bronze für Felix Leitner bei der Junioren-WM, dazu Staffel-Bronze für die Damen sowie Gold und Bronze für Susanna Kurzthaler und Julia Schwaiger im Einzel - fantastisch, welche Leistungen die nächste Generation erbrachte.

 Für Daniel Mesotitsch und Fritz Pinter fällt die Saison unter die Kategorie "verkorkst". Beide Routiniers blieben weit unter ihren Möglichkeiten. "Meso" wurde gesundheitlich ausgebremst, während Pinter seine Probleme im Stehendschießen nicht in den Griff bekam. Und wenn es doch einmal klappte, wollten die Scheiben liegend nicht fallen. Das Duo hat die Heim-WM fest im Visier und kann auf das Vertrauen von Gösweiner ("ich traue ihnen zu, dass sie in Hochfilzen am Start stehen") zählen, doch es wird nicht einfach, denn von hinten drückt Leitner nach und jünger werden beide nicht mehr.

 Die Trefferquote von Julian Eberhard sank im Vergleich zum Vorjahr von 72,7 auf 68,6 Prozent. Dies überrascht, da sich Gösweiner nach der letzten Saison deutliche Fortschritte erwartete. Hier muss dringend angesetzt und nachgebessert werden. Zwar ist nicht zu erwarten, dass der Salzburger noch zum Super-Schützen mutiert, aber Werte wie in den Saisonen 2009/10 (75 Prozent) oder 2010/11 (76,36) sollten und müssten machbar sein.

 Katharina Innerhofer verpasste zwei Drittel der Saison, weil viel zu spät erkannt wurde, dass sie ein viraler Infekt heimsuchte, der überdies von einem bakteriellen überlagert wurde. Dunja Zdouc rätselte wochenlang, warum es bei ihr überhaupt nicht lief, ehe ein massiver Eisenmangel festgestellt wurde, der Vergiftungserscheinungen zur Folge hatte. Ob das nun in den Zuständigkeitsbereich der Mediziner fällt, was nahe liegen würde, oder es an den Trainern und Athleten liegt, worauf Gandler pocht, ist sekundär. Wichtig ist, dass sich so etwas nicht wiederholt.

 Enttäuschend ist auch die fehlende Entwicklung der Damen im läuferischen Bereich. Die Konkurrenz ist unseren Mädels klar voraus, hier muss dringend der Hebel angesetzt werden. Gegen Ende der Saison lief es - wortwörtlich - etwas besser, hier besteht aber einiges an Aufholbedarf.

 

#1 - Sein Spitzname "Lucky Luke" kommt nicht von ungefähr: Simon Eder war in dieser Saison der schnellste Schütze im Weltcup-Zirkus. Im Schnitt benötigte er 23,3 Sekunden pro Anschlag.

#21 - So viele Herren durften diese Saison am Podest eines Einzelbewerbs Platz nehmen.

#33 - Nationen punkteten im Nationencup der Herren, 30 waren es bei den Damen. Die Bandbreite reicht von den üblichen Verdächtigen aus Mitteleuropa über Griechenland und Serbien bis Korea und sogar Australien.

#357 - Der größte Gewinner dieser Saison, verglichen mit dem letzten Winter, ist Simon Desthieux. Der Franzose sammelte 357 Punkte mehr als noch vor einem Jahr. Deutlich verbessert präsentierten sich auch die ÖSV-Herren. Auf den Plätzen drei (Julian Eberhard/+253), acht (Simon Eder/+193) und neun (Dominik Landertinger/+188) landeten die besten rot-weiß-roten Loipenjäger.

 Wir können mit guten Neuigkeiten von Katharina Innerhofer aufwarten. Die 25-Jährige absolviert schon wieder Ausdauer- und Krafttraining. "Der Körper musste sich erst wieder an die Belastungen gewöhnen, was anfangs schwierig war, aber dann ging es in Riesenschritten voran." Inzwischen hat sie wieder großen Spaß an der Sache und plant, Anfang Mai mit den restlichen ÖSV-Damen die Vorbereitung für die neue Saison zu beginnen.

 Nach einer langen, kräftezehrenden Saison freuen sich die Athleten meist auf die Abschluss-Party in Khanty-Mansiysk. Da es die vorerst letzte in Sibirien war - nächste Saison steht Tyumen im Weltcup-Kalender - wollten wohl einige die Chance nutzen, um noch mal richtig Gas zu geben. Den Athleten sei es gegönnt. Die Boe-Brüder Tarjei und Johannes Thingnes dürften sich dabei als echte Party-Tiger entpuppt haben, wie folgendes Bild am Tag danach untermalt.

 "Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf. Die Quote war nie gut, ich schwankte zwischen schlecht und sehr schlecht." - Julian Eberhard über die Entwicklung seiner Trefferquote.

Christoph Nister

 

P.S.: Ein riesiges Dankeschön an alle User, die der Schießbude auch in dieser Saison die Treue gehalten haben. Wer von euch Input hat, wie man sie weiter verbessern kann oder auch einfach nur Kritik üben will, kann dies wie gewohnt gerne unter dem Artikel machen - oder sich HIER direkt an den Autor wenden. Ansonsten bleibt uns nur noch eines zu sagen: In 249 Tagen geht es wieder los!

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