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Sebastian Waser: "Setze intakte Mannschaft nicht aufs Spiel"

Die Raiffeisen Flyers Wels stehen erstmals im Basketball Cup-Finale. Die Verlockung nach einer Verstärkung war groß - doch die Oberösterreicher ticken anders.

Sebastian Waser: Foto: © Pictorial/A. Pichler-Kröss

"Dass wir uns für das Cup-Finale qualifiziert haben, ist das Honorar für unsere Arbeit in den letzten sieben Jahren. Wir haben eine ‚Flyers-Identität‘ geschaffen, alles auf Langfristigkeit ausgelegt. Nächsten Sonntag können wir unseren eingeschlagenen Weg vorläufig krönen. Was Besseres könnte uns nicht passieren", erzählt Raiffeisen Flyers Wels-Head Coach Sebastian Waser.

Der 38-Jährige steht seit 2017 bei den Oberösterreichern an der Seitenlinie, zieht seit damals auch die Fäden als Sportdirektor.

Der Beginn war schwierig. Es gab die Spiellizenz vom WBC Wels, eine Halle, den Rückhalt zweier starker Partner – und prompt Erfolg: Vierter in der Meisterschaft, Einzug ins Cup-Final-4. "Plötzlich war ein Druck da", erinnert sich Waser.

"Der Welser Basketball hat immer den schnellen Erfolg gesucht. Es entstand dadurch ein falscher Anspruch in der Öffentlichkeit. Wir haben dann teilweise unseren Weg verloren – auch, weil wir von unterschiedlichen Einflüssen getrieben wurden. Es hat dann eine Zeit gedauert, viel Reflexion gebraucht, um wieder auf unseren Weg zu finden."

Wels-Mastermind Sebastian Waser hat eine klare Vision
Foto: © Pictorial/U. Winter

Klare Vision

Seit Tag eins haben die Flyers eine Vision: Jeder junge österreichische Spieler soll zum Ziel haben, in Wels zu spielen. Heuer stellt der Cup-Finalist mit einer 10-Mann-Rotation den wohl breitesten Kader in der win2day Basketball Superliga. Renato Poljak oder Paul Isbetcherian haben sich im Sommer für den letztjährigen Halbfinalisten entschieden, junge Eigenbauspieler wurden (weiter) eingebaut.

"Renato und Paul haben sehr klar signalisiert, dass sie in Wels spielen wollen. Das kommt nicht von ungefähr, dieses Begehren haben wir uns hart erarbeitet. Von der ersten Saison an haben junge Spieler bei uns Vertrauen bekommen, wurden gefördert. Elvir Jakupovic oder Gavrilo Tepic sind die besten Beispiele dafür. An ihnen sieht man, dass unser Weg Früchte trägt – und der Richtige ist. Das erkennen auch die Spieler anderer Teams."

Ein Talent dann schlussendlich für Wels zu überzeugen, sei gar nicht so einfach: "Es gab einen ‚coolen‘ Wandel im österreichischen Basketball, Traiskirchen oder Kapfenberg haben zuletzt viele junge Spieler gefördert. Das ist total lässig für unsere Sportart und bringt sie langfristig weiter." Wels stehe für Vertrauen und Loyalität, "nicht selten führe ich mit den Eltern von Spielern lange Gespräche, um ihnen zu zeigen, für welche Werte wir stehen und welche Werte wir vermitteln wollen."

"Wels soll im Lebenslauf kein ‚Loch‘ sein!“

Sebastian Waser

In der täglichen Arbeit mit seinen Spielern verfolgt Sebastian Waser das Ziel: "Wir wollen die Spieler auf ein neues Level heben. Wels soll im Lebenslauf kein ‚Loch‘ sein!" Das gilt auch bei den Legionären – und dort hat etwa Addison Spruill vorgezeigt, wie es gehen kann: In der Saison 2018/19 war der US-amerikanische Flügelspieler Top-Scorer der Oberösterreicher, hernach wechselte er für drei Spielzeiten nach Russland (Runa Basket Moskau), spielte zuletzt in Japan.

"Ich wollte Addison damals unbedingt behalten. Als dann der Agent meinte, Moskau biete das fünf- oder sechsfache, gratulierte ich ihm. Wenn ein Spieler aus unserer Organisation den Sprung in eine bedeutsamere Liga schafft, dann freut uns das", erinnert sich Waser.

Der "letzte Masterpiece" im Welser Konzept ist ebenso klar definiert: "Einer – oder gerne mehr – Spieler aus unserem Nachwuchsprogramm sollen zum Herrennationalteamspieler und/oder Profi in einer internationalen Liga geformt werden. Das würde unseren Weg unsere Vorstellung von einer erfolgreichen Basketball-Organisation abrunden."

Potentielle Kandidaten finden sich im Line-Up der Oberösterreicher genug – allen voran Talent Dejan Kovacevic, der sich jüngst für drei weitere Flyers-Jahre entschied. Ihm steht wohl eine große Zukunft bevor.

Cup-Titel würde eingeschlagenen Weg krönen

Am Sonntag spielen die Raiffeisen Flyers Wels (ab 15.30 Uhr live auf LAOLA1) erstmals um einen Titel, bestreiten gegen Traiskirchen das Basketball Austria Cup-Finale. Für das erste Endspiel der Klubgeschichte haben die Oberösterreich bewusst keine Nachverpflichtung getätigt – auch, wenn es Überlegungen gab.

"Die haben wir aber schnell wieder verworfen, weil sich die Mannschaft sehr homogen präsentiert. Die Gefahr wäre zu groß, die Struktur zu zerstören. Wir agieren zu einem großen Teil mit einer 10-Mann-Rotation, da jetzt einen weiteren Spieler einzubauen, würde uns wohl aus der Balance bringen", stellt Head Coach Sebastian Waser klar.

"Don’t ever mess with happy"

Das hat Sebastian Waser am Ende des Gesprächs auf die Frage: Wie lange er noch Basketball-Wels leben wird? geantwortet. Es ist ein geliehenes Zitat von Jay Wright, der zwei Dekaden lang an der renommierten Villanova University coachte und mit diesem Satz immer auf die regelmäßigen Abwerbungsversuche von NBA-Franchise Philadelphia 76ers reagierte.

"Solange ich glücklich bin, und das bin ich, werde ich diesen Zustand für Nichts eintauschen. Ich bin mit meiner Familie nach Wels gezogen, wir fühlen uns sehr wohl. Ich habe aber auch immer gesagt, dass ich einmal im Ausland coachen will – auch, wenn ich weiß, dass das noch nicht viele Österreicher geschafft haben. Das bleibt ein Ziel. Dass ich aber aktuell am wahrscheinlich besten Standort der win2day Basketball Superliga arbeiten kann, schätze ich sehr – und daran werde ich auch nichts ändern."

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