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Thiem: "Ich bin in ein Loch gefallen"

Dominic Thiem gibt Einblick in sein aktuell schwieriges Seelenwohl.

Thiem: Foto: © GEPA

Eigentlich hätte Dominic Thiem in dieser Woche beim ATP-250-Turnier in Belgrad an den Start gehen sollen.

Wegen Schmerzen im linken Knie gab Österreichs Tennis-Ass allerdings bekannt, dass er seine Auszeit verlängern und erst eine Woche später in die Sandplatz-Saison einsteigen werde.

"Wäre ich mit Knieschmerzen nach Belgrad gefahren, hätte ich wieder in der ersten Runde verloren", erklärt der 27-Jährige seine Situation in einem Standard-Interview. "Und dann steckst du mitten drin im Negativstrudel. Das muss ich vermeiden. Also bleibe ich besser daheim. Ich bin nicht der Erste und auch nicht der Letzte, der das so handhabt."

Im Spitzentennis mache es eben nur Sinn, wenn man in hundertprozentiger Verfassung auf den Platz komme. "Wenn man nicht zu hundert Prozent fit ist, hat man verloren. Bei mir war das heuer bei den Australian Open und vor allem in Doha und in Dubai der Fall. Die Gegner sind viel zu stark, das Niveau ist zu hoch, da verlierst du in der ersten oder zweiten Runde. Da ist es gescheiter, wenn du dich rausnimmst. Du sollst erst zurückkommen, wenn es Sinn macht."

"Bin in ein Loch gefallen"

Beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres kassierte Thiem heuer eine glatte Achtelfinal-Niederlage gegen Grigor Dimitrov. Danach setzte es frühe Pleiten bei den "Wüsten-Turnieren" in Doha und Dubai.

Die körperlichen Probleme seien aber wohl nicht der ausschlaggebendste Grund für die schwachen Leistungen in den ersten Monaten des Tennis-Jahres 2021. Schließlich habe Thiem schon im Vorjahr diesselbe Blessur am rechten Knie - eine angeborene Falte in den Knien - auskurieren müssen. 

Thiem gesteht, in der Vorbereitung auf 2021 "in ein Loch gefallen" zu sein. Schließlich habe er im September mit dem US-Open-Triumph sein langjähriges Ziel erreicht, endlich einen Grand-Slam-Titel gewinnen zu können. "Danach war ich in einer Euphorie, die Ergebnisse passten noch, ich stand im Endspiel der ATP-Finals in London."

Nach London seien Thiem aber viele Dinge durch den Kopf gegangen. "Ich bin 15 Jahre dem großen Ziel hinterhergelaufen, ohne nach links oder nach rechts zu schauen. (...) In gewisser Art und Weise sind da einige Sachen auf der Strecke geblieben – das Privatleben, das Befassen mit anderen Dingen, die Erweiterung des Horizonts. Man muss etwas für den Kopf, fürs Hirn tun. Es gab nur Tennis. Das will ich ein bisserl ändern", so Thiem, der im Jänner auch seine Beziehung zu Lili Paul-Roncalli bekanntgab.

Coronavirus-Pandemie trifft Thiem hart

Zudem treffe den Weltranglisten-Vierten auch die Coronavirus-Pandemie sehr hart. Wahrscheinlich sogar härter als einige andere Spieler.

"Corona hat die schönen Sachen genommen, vom Reisen angefangen, das freie Bewegen. Die schlechten Sachen bleiben. Es ist schwierig, Woche für Woche unter diesen Umständen durchzuspielen. Es gibt Typen, die das wegstecken, für die ist das Leben in der Bubble wahrscheinlich sogar ein Vorteil, etwa für Evans oder Bublik. Die haben Probleme, sich in normalen Zeiten auf den Sport zu fokussieren. Für die ist es super, die konzentrieren sich ausschließlich aufs Tennis, es gibt nichts anderes."

Genau dies schaffte Thiem aufgrund der aktuellen Umstände allerdings nicht. "Seit ich denken kann, habe ich ein komplett durchgeplantes Leben. Jeder Tag, jede Woche, jeder Monat ist eingeteilt. Ich fühle mich besser, wenn ich weiß, was am nächsten Tag passiert. Das ist momentan weg."

French Open bleiben großes Ziel

Thiem hofft, schon bald wieder die nötigen Lockerheit bekommen zu können. Die Ende Mai beginnenden French Open seien weiterhin das "große Ziel. Natürlich habe ich einen großen Trainingsrückstand aufgerissen. Ich hatte lange keine Matches gegen absolute Spitzenspieler, sie fehlen. Ich weiß nicht, wo ich stehe."

In Madrid (ab 2. Mai) und Rom (ab 9. Mai) will er sich die die nötige Spielpraxis holen, um in Paris wieder "voll wettbewerbsfähig" zu sein. "Das ist mein Anspruch."

Zudem liebäugelt Thiem auch mit einer Medaille bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio.

"Die Lust am Tennis lasse ich mir jedenfalls nicht nehmen. Denn irgendwann kommt die Normalität zurück."

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