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Melzer: "Turniersieg war sehr emotional"

Welche Rolle der Wohlfühl-Faktor in Jürgen Melzers zweiter Karriere spielt.

Melzer:

Vier Jahre sind eine lange Zeit. Vor allem als Tennis-Profi, der nur einen gewissen Abschnitt seiner Lebenszeit aktiv auf dem Platz verbringen kann.

Umso schöner ist es dann, wenn eine derart lange Durststrecke zu Ende geht. Mit dem Turniersieg in Budapest durfte Jürgen Melzer am vergangenen Sonntag erstmals seit Winston-Salem 2013 wieder einen Sieger-Pokal in die Höhe stemmen.

Da störte es auch nicht, dass es sich in der ungarischen Hauptstadt „nur“ um ein Challenger-Event handelte.

“Es war natürlich sehr emotional nach der ganzen Leidensgeschichte im letzten Jahr mit zehn Monaten Pause“, strahlte der Niederösterreicher auch noch einige Tage danach im Gespräch mit LAOLA1.



Auch Virus konnte Melzer nicht stoppen

Nach einer Schulter-Operation im Herbst 2015 feiert Melzer erst im letzten Jahr in der zweiten Saisonhälfte sein Comeback. Teilweise erinnerte der ÖTV-Daviscupper da schon an alte Zeiten. So schlug er in Kitzbühel sensationell Dominic Thiem und in der Wiener Stadthalle den starken Spanier Roberto Bautista Agut. Meist fehlte nach der langen Pause aber noch die Konstanz.

„Es hat sehr gut getan, endlich einmal wieder fünf Matches hintereinander zu gewinnen. Vor allem im Finale war das Niveau sehr hoch“, bilanzierte Melzer, der im Halbfinale gegen den Briten Edward Corrle von einem Magen-Darm-Virus gehandicapt war. „Zum Glück war ich dann am Sonntag wieder fit.“

"Körper hält Belastungen stand"

Mit dem Siegerscheck über 9.200 Euro näherte sich Melzer zwar nur unbedeutend der 10-Millionen-Marke bei seinem Karriere-Preisgeld (9.899.629 US-Dollar), vielmehr freuten ihn aber die eroberten 80 Weltranglisten-Punkte, dank derer er sich wieder in die Top 200 schieben konnte – und zwar exakt auf Position 200.

„Für die Motivation ist es natürlich super. Ich kann mich im Ranking nur mit vielen Punkten nach oben arbeiten und da helfen diese 80 Punkte natürlich sehr“, erklärt die ehemalige Nummer acht der Welt. „Es ist auch sehr ermutigend zu sehen, dass der Körper diese Belastungen wieder durchhält. Das stimmt mich für die nächsten Turniere zuversichtlich.“

Melzer peilt Rückkehr in die Top 100 an

Nach ein paar Tagen Regeneration im heimatlichen Wien geht es für Melzer am Freitag nach Marseille, wo er beim dortigen ATP-250-Turnier durch die Qualifikation den Sprung in den Hauptbewerb schaffen will. Danach wird er das Challenger-Turnier in Wroclaw bestreiten.

"Früher hatte man es als Gesetzter bei einem Challenger schon etwas leichter, weil die Dichte einfach nicht so groß war."

Jürgen Melzer über veränderte Umstände

Das Ziel ist klar: So schnell wie möglich wieder die Rückkehr in die Top 100 zu schaffen und damit auch wieder von der Challenger- auf die große ATP-Tour zu kommen. Ein Weg, den Melzer bereits kennt, der für ihn aber trotzdem neue Herausforderungen beinhaltet.

„Man kann die Situationen ein bisschen vergleichen. Es ist wie vor 15 Jahren eine kleine Ungewissheit da, ob man es nach oben schafft oder nicht. Das Tennis hat sich aber extrem weiterentwickelt.“

„Man kann auf Challenger-Ebene gegen jeden verlieren. Wenn du da nicht immer deine Leistung abrufen kannst, gewinnst du nichts. Früher hatte man es als Gesetzter bei einem Challenger schon etwas leichter, weil die Dichte einfach nicht so groß war.“

Erinnerungen an Felix Gottwald

„Ich habe mich damals innerhalb von einem Jahr herausgespielt und war mit 21 Jahren bereits Top 100. Heute ist es viel schwieriger. Auch das Punktesystem hat einiges dazu beigetragen, weil man jetzt bei den großen ATP-Turnieren viel mehr Punkte bekommt als früher.“

Ein Vorteil für den „alten Melzer“ sei es in jedem Fall, dass er ohne Druck ans Werk gehen kann. „Wenn ich merke, es reicht nicht mehr, bin ich der Erste, der es lässt. Es fliegt mir gerade kein Job-Angebot entgegen, dass ich unbedingt jetzt sofort machen muss“, geht der Routinier entspannt ans Werk.

Mit seinen Aussagen erinnert Melzer an das damalige Genuss-Projekt von Felix Gottwald. Der Nordische Kombinierer stellte bei seinem damaligen Comeback auch den Wohlfühl-Faktor in den Vordergrund und wollte sich nicht unnötig unter Druck setzen lassen.

„Genau in diese Richtung geht es“, bestätigt der Deutsch-Wagramer. „Ich muss nicht, aber ich kann. Es ist weniger Druck da und man kann es mehr genießen.“

Federer-Match machte Mut

Melzer lieferte gegen Federer starke Leistung ab

Wie gut es laufen kann, wenn man im Kopf frei zu Werke gehen kann, hat Melzer bereits vor wenigen Wochen bewiesen, als er in der ersten Runde der Australian Open den späteren Sieger Roger Federer in den ersten beiden Sätzen ein Duell auf Augenhöhe lieferte.

„Das hat mir gezeigt, dass ich auf diesem Niveau noch mitspielen kann. Für mich war aber die erfolgreiche Qualifikation beinahe wichtiger. Gegen Federer konnte ich insofern gut aussehen, weil es für mich nichts zu verlieren gab. Ich habe dort zwei Sätze lang eine supertolle Leistung geboten, aber die größere Leistung war es, mich überhaupt für das Turnier zu qualifizieren. Da war die eigene Erwartungshaltung viel größer.“

Dass es Federer in Folge bis zum Turniersieg schaffte, kam für Melzer zwar nicht gänzlich, aber doch ein bisschen überraschend. „Für mich war klar, dass Roger, wenn er die Leistung von den Sätzen drei und vier gegen mich bringt, nur extrem schwer zu schlagen sein wird. Ich habe nur nicht gewusst, wie sein Körper die Belastungen über die zwei Wochen verkraften wird. Das Turnier ist dann aber perfekt für ihn verlaufen und er hat es verdient gewonnen.“

„Und ich kann natürlich sagen, dass ich gegen den Sieger verloren habe“, nimmt Melzer die etwas unglückliche Auslosung locker. Zum Ärgern ist die noch verbliebene Zeit auf der Tour schließlich zu schade.

Der Genuss steht im Vordergrund. Und das soll so lange wie möglich so bleiben.

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