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Tops und Flops der Olympischen Sommerspiele

Sportliche Höchstleistungen, Überraschungen, Enttäuschungen und Skandale in Tokio:

Tops und Flops der Olympischen Sommerspiele Foto: © GEPA

Das Olympische Feuer in Tokio ist erloschen, die Sommerspiele 2020 sind offiziell beendet. 

Hinter uns liegen knapp drei Wochen voller sportlicher Höchstleistungen, Überraschungen aber auch so mancher Enttäuschungen und Skandale. 

Wir blicken nochmal auf die Tops und Flops - aus österreichischer und internationaler Sicht - in Tokio zurück: 

 

Österreichs Tops und Flops in Tokio

Tops:

Olympiasiegerin Anna Kiesenhofer
Foto: © getty

+ Sie war die Sensation im ÖOC-Team und sorgte auch weltweit für Schlagzeilen: Der völlig unerwartete Start-Ziel-Sieg über 137 km und damit Gold durch die mathematikerin Anna Kiesenhofer im Rad-Straßenrennen nahm Österreichs Delegation früh den Druck. Die 30-jährige Hobby-Athletin aus Niederösterreich sorgte für das erste Radsport-Olympia-Gold seit Adolf Schmal bei den ersten Spielen der Neuzeit 1896 in Athen.

+ Österreichs Judokas errangen durch Michaela Polleres und Shamil Borchashvili die ersten Olympia-Medaillen seit Silber 2008 durch Ludwig Paischer. Die Medaille von Polleres glänzte in Silber, die Niederösterreicherin musste sich erst im Finale beugen. Der gebürtige Tschetschene aus Wels, der mit seiner Familie als Kind nach Österreich geflüchtet war, ist seit 2017 Staatsbürger und überraschte mit Bronze in der Klasse bis 81 kg.

+ Österreichische Olympia-Geschichte schrieben Magdalena Lobnig und Lukas Weißhaidinger mit ihren Bronzemedaillen in Tokio: Die Kärntnerin holte im Einer als erste Frau für Österreich eine Ruder-Medaille und der 29-jährige Diskuswerfer aus Oberösterreich wurde in der Leichtathletik zum ersten männlichen Olympia-Medaillengewinner für Rot-weiß-rot überhaupt.

+ Bettina Plank sorgte mit ihrer Bronzemedaille dafür, dass Österreich beim Debüt der Sportart Karate im Medaillenspiegel aufscheint. Vorerst wird es auch die einzige Medaille in dieser Sportart bleiben, denn 2024 in Paris ist die japanische Kampfkunst nicht im Programm. Die Vorarlbergerin kämpft normalerweise in der Kumite-Klasse bis 50 kg, bei den Sommerspielen musste sie es nach der Zusammenlegung mit der 55er-Klasse mit teilweise unbekannten Gegnerinnen aufnehmen.

+ Gekommen, um zu bleiben sind die Kletterer und auch hier hat Österreich gleich angeschrieben; Jakob Schubert holte im dramatischen Finale mit einem Sieg im Vorstieg doch noch die ersehnte Medaille. Mit Bronze belohnte sich der 30-jährige Tiroler Schubert nach acht WM-Medaillen - darunter drei Titel-Gewinnen - auch mit olympischem Edelmetall.

+ Felix Auböck blieb zwar ohne Medaille, aber seine Leistungen waren top: Mit drei Finalteilnahmen, darunter Rang vier über 400 m und nur um 0,13 Sekunden verpasster Bronzemedaille, und österreichischen Rekorden auf jeder seiner Strecken hat er sein Formhoch zur rechten Zeit gehabt. Über 800 und 1.500 m Kraul wurde der Niederösterreicher jeweils Siebenter.

Flops:

- Große Hoffnungen, lange Vorbereitungszeit, teurer Transport und dann bekommt das Pferd Zahnweh. Für Österreichs beste Dressur-Reiterin Victoria Max-Theurer ist nichts aus ihren fünften Olympischen Spielen geworden, denn ihr Top-Pferd Abegglen litt unter einem eitrigen Backenzahn. Das bedeutete nicht nur das Aus für die Oberösterreicherin als Einzel-Reiterin, sondern auch für das Team. Ebenfalls Pech hatte in der Vielseitigkeit Katrin Khoddam-Hazrati, deren Cosma beim Aufwärmen ein Hufeisen verlor und nach neuem Beschlagen nicht mehr lahmfrei ging.

- Enttäuschend verliefen die Spiele für Österreichs Segler: Statt mit drei Medal-Race-Teilnahmen und einer Medaille reisten sie mit der bescheidenen Ausbeute von Rang zehn, elf und 17 heim. Als einziges OeSV-Boot schafften es die 49er Benjamin Bildstein/David Hussl als Zehnte in das Medal Race der Top Ten. Thomas Zajac/Barbara Matz im Nacra 17 Foiling (11.) und Tanja Frank/Lorena Abicht (17.) im 49er FX waren schon davor aus dem Rennen.

- Am Stück schlecht lief es für die ÖOC-Triathleten: Julia Hauser musste noch während des Schwimmens nach einem Schlag auf den Kopf aufgeben, Alois Knabl schied nach einem Sturz mit Rad-Defekt aus. Und schließlich musste die Mixed-Staffel wegen einer Verletzung von Lisa Perterer absagen. "Das waren katastrophale Spiele für uns", meinte dann auch ÖTRV-Sportdirektor Robert Michlmayr. Es schauten nur die Ränge 26 von Lisa Perterer und 34 von Lukas Hollaus im Einzel heraus.

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Internationale Tops und Flops in Tokio

Tops:

+ Der US-Amerikaner Caeleb Dressel kürte sich wie erwartet zum erfolgreichsten Schwimmer der 32. Sommerspiele in Tokio. Der 24-Jährige sicherte sich im Aquatics Centre die 50 m und 100 m Kraul, die 100 m Delfin sowie Gold mit der US-Lagenstaffel und der kurzen Kraulstaffel. Bei den Frauen sorgte Emma McKeon für eine Medaillenflut. Die 27-Jährige bilanzierte mit Gold über 50 und 100 m Kraul sowie mit den beiden 4-x-100-m-Staffeln der Australierinnen als auch mit Bronze über 100 m Delfin sowie in der langen Kraul- und der Mixed-Lagenstaffel. McKeon ist damit die erfolgreichste Australierin bei einer Olympia-Austragung. Die US-Amerikanerin Katie Ledecky wiederum wurde mit ihrem sechsten Individual-Gold zur erfolgreichsten Schwimmerin in Individual-Bewerben.

+ Durch die Bank beeindruckt waren die Sportler trotz leerer Tribünen wegen der Corona-Maßnahmen von den Sportstätten: So etwa vom Country Club Kasumigaseki, selbst weit gereiste Profis schwärmten von der Golf-Anlage. Lukas Weißhaidinger und Ivona Dadic lobten das Olympia-Stadion, die Judokas und Karatekas das Budokan, das Setting beim Triathlon war hervorragend. Auch die Kletterer freuten sich über eine gigantisch große Anlage.

+ Die Organisation war perfekt, die Freundlichkeit der vielen Helfer grenzenlos: Aus der Not geboren, erwiesen sich gewisse Regelungen als deutliche Verbesserungen für die Medienvertreter gegenüber vorherigen Spielen. Die regelmäßig geforderte Angabe von PCR-Tests, das Fiebermessen bei den Zutrittskontrollen zu Sportanlagen und Pressezentren wurde zur rasch erledigten Routine. Die vielen freiwilligen Helfer sprachen großteils nicht oder nur schlecht Englisch, bedienten sich aber auch Übersetzungsprogrammen.

Überraschungsmann Lamont Marcell Jacobs
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+ Debüt-Sieger I: Der Nachfolger von Usain Bolt kommt überraschend aus Italien. In einem famosen Wettkampf rannte Lamont Marcell Jacobs allen davon und holte die erste italienische Olympia-Medaille in der Sprint-Königsdisziplin. Der 26-Jährige knackte den Europarekord (9,80 Sek.) und ist der erste 100-m-Champion aus Europa seit Linford Christie 1992. Neeraj Chopra bescherte Indien das erste Olympia-Gold in der Leichtathletik - er siegte überraschend im Speerwurf mit 87,58 Metern.

+ Debüt-Sieger II: Im Gewichtheben sorgten Fares Ibrahim Elbakh für Katar und Hidilyn Diaz für die Philippinen für das jeweils erste Olympia-Gold ihres Landes. Und auch Artem Dolgopyat ist in seinem Land wohl ein neuer Nationalheld, holte er doch im Turnen am Boden das erste Olympia-Gold für Israel. Im Dreisprung errang Hugues Fabrice Zango Bronze und sorgte für den ersten Eintrag von Burkina Faso in der Medaillen-Wertung in der Olympia-Geschichte. Handballer Johan Hansen ist der erste Olympische Medaillen-Gewinner von den Färöern. Die Färöer sind weitgehend autonom, gehören aber offiziell zum Königreich Dänemark. Trap-Schützin Alessandra Perilli holte mit Bronze die erste Olympia-Medaille für San Marino.

+ Debüt-Sieger III: In den Trendsportarten Surfen, Skateboard und Klettern gibt es Premierensieger, weil sie erstmals überhaupt bei Olympia stattfanden. Zu den ersten Gold-Champions gehören der Weltklasse-Wellenreiter Italo Ferreira aus Brasilien und Carissa Moore aus Hawaii. Im Skateboard gingen die ersten beiden Titel an Gastgeber Japan, auf der Kletterwand schlugen die Slowenin Janja Garnbret und der Spanier Alberto Gines Lopez zu.

+ Allyson Felix holte mit der 4 x 400-m-Staffel der USA ihr schon siebentes Olympia-Gold. Die 35-Jährige hat nun seit den Sommerspielen 2004 in Athen insgesamt elf Medaillen gewonnen und übertrumpfte damit Carl Lewis als bisher erfolgreichsten US-Medaillensammler in der Leichtathletik.

+ US-Turn-Superstar Simone Biles hätte nach vier Mal Gold in Rio ihr Medaillenkonto kräftig aufstocken sollen, doch der Druck von innen und außen wurde zu viel. Mutig äußerte sie sich ähnlich wie einige Wochen zuvor Tennis-Star Naomi Osaka zu ihren mentalen Problemen. Sie zog sich aus dem Mannschaftsfinale zurück, durfte sich dennoch Silber um den Hals hängen und strich ihr Antreten im Einzel-Mehrkampf. Es gab ein Happy End: Biles entschied sich zum Antreten auf dem Schwebebalken und gewann Bronze.

Flops:

- Corona I: Die fehlende Stimmung in den Stadien wegen des Zuschauerbanns ließen das Flair ebenso fehlen wie vielen Sportlern das Gefühl des Miteinanders u.a. im Olympischen Dorf. Die Sportler mussten 48 Stunden nach Beendigung des Bewerbes wieder abreisen und durften auch andere Sportstätten zum Zuschauen und Anfeuern ihrer Landsleute nicht besuchen. Trotzdem reisten viele mit einem weit besseren Gefühl als befürchtet ab.

- Corona II: Die Pandemie führte zu zahlreichen Absagen. Positive Coronatests gab es u.a. von den Golfern Jon Rahm (ESP) und Bryson DeChambeau (USA), aber auch von Stabhochsprung-Doppelweltmeister Sam Kendricks (USA) und dem deutschen Rad-Profi Simon Geschke. Zudem entschieden sich viele Weltstars, auf Tokio zu verzichten. Im Tennis beispielsweise waren dies Roger Federer, Rafael Nadal, Matteo Berrettini, Dominic Thiem (der dann auch rekonvaleszent gewesen wäre), Serena Williams und Simona Halep.

Kurzes Vergnügen für Ashleigh Barty
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- Ashleigh Barty war mit großen Gold-Hoffnungen nach Tokio gekommen, doch dann kam für die Tennis-Weltranglistenerste schon in Runde eins das Aus. Schwer enttäuschte auch Japans Superstar Naomi Osaka mit ihrer Achtelfinal-Niederlage. Novak Djokovic - haushoher Favorit auf Gold und nach drei Major-Siegen 2021 auf dem Weg zum Golden Slam - scheiterte im Halbfinale am späteren Olympiasieger Alexander Zverev und verlor auch das Duell um Bronze.

- Eine Blamage erlitten die niederländischen Radfahrerinnen, auch wenn sie ihren Aussetzer später im Einzelzeitfahren ausbesserten: Im Straßenrennen hatten sie beim Zieleinlauf nicht mitbekommen, dass Außenseiterin Anna Kiesenhofer längst Gold gewonnen hatte. Annemiek van Vleuten fuhr als vermeintliche neue Olympiasiegerin jubelnd über die Ziellinie. Sie hielt sich mit dem Titel im Einzelzeitfahren schadlos.

- Deutsche Zurufe aus der Distanz sorgten für großen Aufschrei: Der deutsche Rad-Sportdirektor Patrick Moster feuerte im Olympischen Einzelzeitfahren Niklas Arndt mit den Worten "Hol' die Kameltreiber, hol' die Kameltreiber, komm", an und meinte damit den vor Arndt fahrenden Algerier Azzedine Lagab. Verstörende Bilder gab es im Modernen Fünfkampf der Frauen: Annika Schleu schlug verzweifelt mit der Gerte auf das verängstigte Pferd Saint Boy ein. Dabei rief ihr die deutsche Bundestrainerin Kim Raisner zu. "Hau mal richtig drauf! Hau drauf!" Beide Betreuer wurden von den Spielen ausgeschlossen.

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