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Missbrauchsfälle auch in anderen Sportarten?

In weiteren Sportverbänden gibt es Bewegung in der Diskussion.

Missbrauchsfälle auch in anderen Sportarten? Foto: © GEPA

Durch die von Nicola Werdenigg losgetretene Debatte rund um sexuellen Missbrauch im ÖSV kommt nun auch in anderen Sportverbänden Bewegung in das Thema.

Gegenüber der APA melden sich erstmals zwei Betroffene der Causa Seisenbacher zu Wort. Sie fordern, dass sich bei Übergriffen auf Nachwuchssportler die betroffenen Verbände diesem Thema stellen.

"Es ist keine Lösung, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Totschweigen und Aussitzen hilft niemandem", so die Betroffenen, die mit ihrer Identität nicht an die Öffentlichkeit gehen wollen.

Gerade das sei in ihrem Fall jedoch die Devise des Österreichischen Judoverbandes (ÖJV) gewesen. Die Art und Weise, wie dort auf die Vorwürfe gegen Seisenbacher reagiert bzw. nicht reagiert wurde, haben die Betroffenen als "offensiv verharmlosend" und "aggressiv abwertend" erlebt.

Entschuldigung bei "möglichen Opfern"

In einer Aussendung entschuldigt sich Hans Paul Kutschera, Präsident des Österreichischen Judoverbandes ÖJV, "für etwaige Vorfälle und bei möglichen Opfern". Was Präventionsmaßnahmen betrifft, erhebe man "zum jetzigen Zeitpunkt nicht den Anspruch, bereits alles Mögliche getan zu haben".

"Wir sind davon überzeugt, dass die überwiegende Mehrheit aller im Judo tätigen Personen die Judowerte lebt und Respekt ein zentrales Element des Miteinanders in unserer Sportart darstellt", betont Kutschera. Es könne jedoch "nicht ausgeschlossen werden, dass es auch im Judosport in der Vergangenheit Vorfälle von Missbrauch gegeben haben könnte, die uns nicht bekannt sind." Dafür entschuldige er sich "im Namen des Österreichischen Judoverbands".

Zugleich betont Kuterscha die Verantwortung des ÖJV, "weitere Maßnahmen zu setzen, um solchen Vorkommnissen in Zukunft keinen Raum zu lassen". Dafür benötige es "auch eine Lern- und Entwicklungsphase, um gemeinsam mit Experten die derzeit bestehende Strategie weiter zu verbessern".

Der ÖJV-Präsident verweist darauf, dass in den vergangenen Jahren bereits ein Austausch mit "100%-Sport" - einer Initiative gegen sexuelle Übergriffe im Sport - und Workshops stattgefunden hätten sowie ein entsprechender Themenschwerpunkt in allen Ausbildungszweigen des ÖJV implementiert wurde.

"Kann in sehr vielen Sportarten noch etwas kommen"

Auch Nicola Werdenigg reagiert auf die Aussagen der Opfer in der ORF-Sendung "Tirol Heute". "Es kann in sehr vielen Sportarten noch etwas kommen. Es ist ganz gut, dass es nicht nur auf den Skisport alleine beschränkt ist."

Mit der Sportart habe das nichts zu tun. "Das ist in Verbänden und Vereinen, das liegt im Sportsystem, im Training, in den Aufbau-Strukturen", sagt Werdenigg über immer mehr gemeldete Missbrauchsfälle.

Am Dienstag wird sie am Landeskriminalamt Tirol aussagen. "Ich vertraue darauf, dass man das von rechtsstaatlicher Seite sehr gut lösen wird", erklärt die Olympia-Vierte in der Abfahrt 1976 in Innsbruck dazu.

Suspendierung eines Ski-Pädagogen

In der ehemaligen Ski-Hauptschule Neustift hat das Land Tirol indes erste Konsequenzen gezogen.

Ein in den 1990er-Jahren an der Skihauptschule im Schul- und Trainingsbereich tätiger Pädagoge wurde nach einer Prüfung vorläufig suspendiert, teilt das Land mit.

Dem Pädagogen wird vorgeworfen, anzügliche Gespräche mit SchülerInnen geführt zu haben und sie im Zuge von Massagen und Sicherungsarbeiten im Training und Sportunterricht "unpassend berührt" zu haben.

"Wir unternehmen alle möglichen Anstrengungen, um erhobene Vorwürfe lückenlos aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen", erklärt Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP). Bis zur Klärung der strafrechtlichen und disziplinärrechtlichen Verantwortung bleibe der betroffenen Pädagoge vorläufig suspendiert.

Die Bildungsabteilung des Landes Tirol und der Landesschulrat haben in den vergangenen Tagen Akten von den 1970er-Jahren bis heute durchforstet. Dabei sei man auf den nunmehrigen Fall gestoßen, hieß es.

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