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Weißhaidinger: Wenig reden, wenig schlafen

Lukas Weißhaidinger gibt spannende Einblicke in seine Wettkampf-Vorbereitung:

Weißhaidinger: Wenig reden, wenig schlafen Foto: © GEPA

Lukas Weißhaidinger ist einer von fünf AthletInnen, die Österreich bei der Leichtahletik-WM in London (4.-13. August) vertreten.

Am Freitagabend beginnt für den 25-Jährigen das Event mit der Qualifikation im Olympiastadion. Ziel ist es, "den 6. Rang von Rio zu bestätigen. Das ist schwer genug", so der 1,97-Meter-Hüne.

"Für eine Medaille wird man definitiv über 66 Meter werfen müssen. Dazu müsste ich in London meine absolute Bestform abrufen", sagt der Mann, der mit einer Weite von 67,24 Metern den österreichischen Rekord hält, aufgestellt im August 2015. Seine aktuelle Saisonbestleistung: 66,52 Meter, geworfen Ende Mai - Rang 9 der Jahresbestenliste.

Weißhaidinger gibt spannende Einblicke in die Wettkampf-Vorbereitung und verrät, warum er wenig sprechen und wenig schlafen wird, um seine Top-Leistung abrufen zu können:

Es beginnt mit einer möglichst späten Anreise, in diesem Fall am (heutigen) Mittwoch. Er will das Adrenalin möglichst hochhalten. Und möglichst alles ausschließen, was ihn Kraft kostet oder aber zu sehr entspannt. Deshalb wird er am Donnerstag nur noch eine "kleine Einheit, ein bisserl Gymnastik" machen. "Auslockern, dass man sich gut fühlt."

Getrenntes Essen, getrenntes Kaffeetrinken

Die meiste Zeit wird der Olympiasechste von Rio 2016 in seinem Hotelzimmer nahe der Tower Bridge verbringen. "Gregor lässt mich nicht mehr viel reden. Reden verbraucht schlussendlich auch Energie. Wenn man den ganzen Tag redet, ist man am Abend auch fertig. Wir brauchen die Energie zum Weitwerfen."

Das Duo geht getrennt essen, getrennt Kaffee trinken. "Da lässt man schon den Einzelsportler etwas raushängen. Man ist fokussiert auf den Wettkampf. Die Spannung steigt."

"Ich werde den Schlaf möglichst gering halten, weil Schlaf entspannt"

Viel Schlaf ist auch nicht drinnen. "Ich werde den Schlaf möglichst gering halten, weil Schlaf entspannt. Ich werde erst so gegen ein Uhr ins Bett gehen und relativ früh aufstehen. Wenn man vor einem Wettkampf gut geschlafen hat, ist es schwierig, weil der Körper entspannt ist. Wir brauchen keinen entspannten Körper, sondern einen, der unter Spannung ist."

Besonders freut sich Weißhaidinger, das nicht nur das Finale (Samstag), sondern auch die Qualifikation (am Freitag) am Abend angesetzt ist. "Cool, perfekte Startzeiten, besser als in der Früh."

Ein Film, aber nicht die Lieblingsserie

Aufstehen wird der U20-Europameister von Tallinn 2011 trotzdem zeitig, aber erst um 10.00 Uhr zum Frühstück erscheinen und um 14.00, 15.00 Uhr zum Mittagessen. "Aber ich rede mit keinem mehr. Ich tue nichts mehr. Oft hat man ein Spielzeug mit, da mach ich auch nichts mehr. Vielleicht schaue ich mir noch einen Film an, aber auf keinem Fall eine Lieblingsserie. Nichts, was mich entspannt."

Foto: © GEPA

Wenn er sich dann am späten Freitagnachmittag auf dem Weg Richtung Olympiastadion machen wird, wird ihm das Vorkommen wie Freiheit. "Ich bin ja eingesperrt gewesen für zwei Tage. Gregor sagt, es ist wie eine Käfigtür, die du aufmachst und sagst, ich will endlich raus, werfen, ich will alles geben."

Eine Stunde, bevor es im Olympiastadion in den Callroom geht, beginnt Weißhaidinger mit dem Aufwärmen. Im Ohr hat er Stöpsel und Musik von seiner Playlist, die er auch im Training hört.

"Elektrozeugs finde ich am Wettkampftag ganz cool. Also jetzt nicht Helene Fischer", präzisierte der 1,97 m große und 142 Kilogramm schwere Athlet seinen Geschmack. "Man muss es sich so vorstellen: man schaut einen Film, der Gladiator, dann kommt die Musik und es stellt dir die Ganslhaut auf. Das muss so sein. Das ist mit Musik auch so. Und dann gehen wir ins Stadion, dann werfen wir."

Die Kunst der Zurückhaltung

Auch im Wurfkreis kann Weißhaidinger nichts überraschen. "Gregor und ich haben es zehntausend Mal durchgesprochen. Jede Situation. Angefangen von zwei ungültigen Versuchen in der Quali und jetzt werfen müssen, bis dazu, dass man mit dem ersten Wurf in Führung ist. Wir haben alles durch. Was auch passiert, ich habe es schon erlebt." Es sei schon entschieden, wie er den ersten Versuch angehen werde. "Wie es umgesetzt wird, ist ein anderes Thema." Rauskommen sollten aber die Top Zwölf und damit der Finaleinzug.

Über die Quali sagt "Luki": "Freitag heißt’s ohne möglichst viel Kraftaufwand überleben, das heißt unter die besten 12 zu kommen, am Samstag geht’s dann um jeden Zentimeter, um den fast perfekten, möglichst weiten Wurf!"

Nachsatz: "Bis Rio hab‘ ich eigentlich nicht wirklich verstanden, warum selbst Olympiasieger und Weltmeister vor der Qualifikation Angst haben. Jetzt weiß ich es: Es ist für Top-Athleten ungewohnt, sich zurückhalten zu müssen, um nicht zu viel Pulver zu verschießen. Das ist fast eine Kunst"


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