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"Immer ein schlechtes Gefühl bei WM zu spielen"

Österreichs Darts-Star spricht über die Weltmeisterschaft, seine Familie und Benjamin Karl:

Foto: © GEPA

Mensur Suljovic ist in aller Munde.

Der 45-jährige Darts-Profi aus Wien spielte heuer die beste Saison seiner Karriere, konnte ein Players-Championship-Turnier und die Champions League of Darts gewinnen, liegt in der Order of Merit auf Platz fünf. Nun setzt Suljovic bei der am 14. Dezember im Alexandra Palace zu London beginnenden Weltmeisterschaft zum großen Wurf an.

Im Interview mit LAOLA1 spricht der österreichische Darts-Star über schlechte WM-Gefühle, eine mögliche Teilnahme an der Premier League und seine Probleme mit dem PDC-Turnierplan.

LAOLA1: Herr Suljovic, Sie haben eine sehr erfolgreiche Saison hinter sich, gewannen die Champions League. Wie würden Sie Ihr Jahr beschreiben, waren Sie von sich selbst überrascht?

Suljovic: Für mich war es schon ein bisschen überraschend, da ich nichts anderes getan habe als zuvor, ich habe nicht anders trainiert. Dass ich die Champions League gewonnen habe, war für mich eine absolute Überraschung, das muss ich ehrlich sagen. Allerdings habe ich genug dafür getan, dass dieses Jahr so erfolgreich wird. Ich tue noch immer viel und hoffe, dass es nächstes Jahr genauso erfolgreich sein wird.

LAOLA1: Wie sind Ihre Erwartungen für die Weltmeisterschaft? Noch sind Sie nie über die dritte Runde hinausgekommen.

Suljovic: Ich würde gerne mal unter die letzten Sechzehn oder die letzten Acht kommen. Der Druck ist riesengroß. Ich habe das ganze Jahr gut gespielt und jetzt erwartet jeder von mir, dass ich bei der Weltmeisterschaft auch gut spiele. Wir sind durch Medien, Freunde oder Familie stark unter Druck. Jeder erwartet nur Siege, Siege, Siege, aber die Anderen schlafen auch nicht. Die wollen auch Weltmeister werden, es wird sicher schwierig für mich.

LAOLA1: Wie gehen Sie mit dem Druck durch die Medien bzw. Ihr persönliches Umfeld um? Machen Sie etwas anders als zum Beginn Ihrer Darts-Karriere?

Suljovic: Nein, überhaupt nicht, aber der Druck bei der Weltmeisterschaft ist immer riesengroß. Deswegen spiele ich bei Weltmeisterschaften nicht so gut, muss ich ehrlich sagen. Es ist immer ein schlechtes Gefühl für mich bei Weltmeisterschaften zu spielen.

LAOLA1: Sie haben schon einmal gegen Ihren Auftaktgegner Kevin Painter bei einer WM verloren. Das war 2010 in der dritten Runde. Was ist Ihre Meinung zum Los?

Suljovic: Wir haben nach der Niederlage noch oft gegeneinander gespielt, da habe ich auch gewonnen und im Moment bin ich sicher in besserer Form. Kevin Painter ist wirklich ein Top-Spieler, der auch schon einmal ein Finale (WM 2004, Anm.) gespielt hat, von ihm ist alles zu erwarten. Ich hätte mir ein leichteres Los gewünscht, aber alles kann man nicht haben. Da muss ich durch. Wenn man Weltmeister werden will oder ins Finale kommen möchte, dann muss man gegen die Besten auch gewinnen.

"Wenn ich nicht in der ersten WM-Runde ausscheide, glaube ich, dass ich zu 99,9 Prozent nominiert werde."

Mensur Suljovic über eine mögliche Premier-League-Einladung

LAOLA1: Nach der Weltmeisterschaft wird das Starterfeld für die nächstjährige Premier League bekanntgegeben. Erwarten Sie, dass Sie nächstes Jahr Premier League spielen?

Suljovic: Ich wurde von der PDC (Professional Darts Corporation, Anm.) direkt angesprochen. Wenn ich nicht in der ersten WM-Runde ausscheide, glaube ich, dass ich zu 99,9 Prozent nominiert werde. Ich werde zu hundert Prozent spielen, ich freue mich darauf. Die Premier League ist das einzige, das ich bei der PDC noch nicht erlebt habe und ich hoffe, dass sie mich einladen. Ich gebe mein Bestes und ich glaube ich bin jetzt reif für diese Premier League.

LAOLA1: Sie haben kürzlich ein weiteres Kind bekommen. Wie lässt sich Profi-Darts und Familie vereinbaren? Sie sind oft im Ausland unterwegs.

Suljovic: Es ist sehr schwierig, das muss ich ehrlich sagen. Hin und wieder stört es mich, dass ich so oft unterwegs bin. Bei uns ist es leider so, dass die Top 16 kein Turnier absagen dürfen. Ich wollte viele Turniere nach der Geburt meiner Tocher absagen, aber ich durfte nicht, sonst muss ich eine Strafe bezahlen. Meine Familie leidet, mein Sohn leidet total darunter: "Papa, musst du wirklich dieses Wochenende weg?". Es gibt wirklich nichts Schlimmeres, als wenn du jedes Wochenende weg bist. Wir waren von August bis jetzt jedes Wochenende weg. Das ist für die Familie sehr, sehr schwierig.

LAOLA1: Würden Sie sich von der PDC ein Entgegenkommen wünschen?

Suljovic: Wir haben mit dem Management gesprochen, dass wir ein Schreiben schicken werden, um ein bisschen weniger Turniere zu spielen. Das bringt uns nichts, wir können nicht jede Woche eine Top-Leistung bringen, das geht nicht.


VIDEO - Ist Darts eine Sportart?

(Interview wird unterhalb fortgesetzt)


LAOLA1: Es geht also nicht nur Ihnen so, sondern auch anderen Darts-Spielern?

Suljovic: Genau.

LAOLA1: Gary Anderson hat vor kurzer Zeit ebenfalls ein weiteres Kind bekommen.

Suljovic: Er hat gesagt, dass er zu keinem Turnier mehr fliegt, aber er muss. Er ist nur zu den Players Championship Finals geflogen, weil er muss. Ich kenne Gary Anderson, wir trainieren miteinander, ich habe gesehen, dass er keine Lust hat. Er ist oben gestanden, war froh, dass es aus ist, dass er die Hand geben, von der Bühne runter und nach Hause fahren kann. Es ist viel zu viel.

LAOLA1: Sie würden sich also eine Reduktion im Terminkalender wünschen.

Suljovic: Auf jeden Fall!

LAOLA1: Unter die Anerkennung Ihrer sportlichen Leistungen, in Form der Top-5-Platzierung bei der Wahl zum Sportler des Jahres, haben sich auch einige Unkenrufe gemischt. Benjamin Karl stellt in Frage, ob Darts denn wirklich Sport sei. Nehmen Sie ihm so etwas persönlich, oder wie sehen Sie solche Aussagen von einem Snowboarder?

Suljovic: Persönlich darf man niemandem etwas nehmen. Er denkt so, er meint es so, ich will ihm seine Meinung nicht verbieten. Das Einzige was mich ein bisschen stört, muss ich ehrlich sagen: ein Weltmeister, der auf andere Sportler losgeht, das ist für mich nicht in Ordnung. Wir können nicht alle Fußballer werden, wir können nicht alle Basketballer oder Schifahrer werden.

"Ich möchte nicht wissen, wie viele andere Mittel andere Sportler nehmen."

Mensur Suljovic

LAOLA1: Sie kennen sicherlich die Stereotype, was Darts betrifft. Benjamin Karl sagte im LAOLA1-Interview (Hier nachlesen!) über Sie: "Mensur Suljovic schießt halt seine Darts-Pfeile sechs Stunden lang an die Wand und trinkt nebenbei ein Bier oder einen Apfelsaft". Wie gehen Sie mit solchen Aussagen um und wie ist Ihre Antwort darauf?

Suljovic: Er hat sicher schon einmal Darts gespielt und hat in einem Pub ein Bier getrunken und gesagt "ich kann auch Darts spielen", daher kommt "Darts ist kein Sport, Darts ist ein Wirtshaussport". Wenn die die Leistung, die wir erbringen, sehen würden, diese Konzentration - sie sehen immer nur Alkohol. Ich möchte nicht wissen, wie viele andere Mittel andere Sportler nehmen. Wenn aber einer ein Glas Bier oder ein Glas Wein trinkt, ist das sofort schädlich. Ich möchte nicht wissen, was die Anderen tun. Wenn er Bier trinkt und Darts spielt, ist er für mich kein Darts-Spieler. Das ist, wie wenn ich einen Ball vor die Füße bekommen würde und sage: "Ich bin ein Fußballer". Das ist ja lächerlich, finde ich. Das ist absoluter Schwachsinn.

LAOLA1: Was macht Darts für Sie zum Sport?

Suljovic: Jeder Sport, bei dem man fünf, sechs Stunden braucht, um Top-Leistungen zu bringen, das ist Sport. Jeder kann sagen was er will, aber wenn man fünf, sechs Stunden jeden Tag trainiert, das ist für mich Sport.

LAOLA1: Danke für das Interview und viel Erfolg bei der WM in London.

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