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So will das ÖHB-Team den Europameister nerven

Weniger Körper, mehr Bewegung gegen Spanien. Halbfinal-Traum noch im Kopf:

Noch gnadenloser, als es die Kroaten waren, ist bei der Handball-EM nur der Turnier-Rhythmus: 48 Stunden nach dem ersten Kräftemessen mit einer Weltklasse-Nation wartet mit Spanien schon der Titelverteidiger auf das ÖHB-Nationalteam (Sa., ab 18:15 Uhr im LIVE-Ticker).

Die Lehren aus der Niederlage gegen Kroatien sind gezogen (HIER nachlesen>>>), die Flinte noch lange nicht ins Korn geworfen. Gegen Spanien wartet noch ein "Bonus-Spiel", bei dem nicht ernsthaft mit Punkten kalkuliert werden kann - was eine riesige Überraschung nicht ausschließt.

Zumindest die Richtung könnte nach dem Spiel vorgegeben sein, denn für den totalen Traum des Halbfinales dürfte Österreich nach Kroatien nicht auch noch den anderen Gruppensieger der Vorrunde enteilen lassen.

Träumen wird man ja noch dürfen

Eine ernsthafte Vorgabe ist dieses Ziel nicht, aber Tobias Wagner macht schon klar: "Natürlich beginnt man nach so einer Vorrunde zu träumen. Wir haben gegen Kroatien gesehen - so weit sind wir auch nicht weg! Wenn man die Stangenschüsse und so manche Fifity-Fifty-Entscheidung gegen uns wegrechnet."

Und selbst bei einer weiteren Niederlage, bleibt die Chance auf das Spiel um Platz fünf und damit eine Reise nach Stockholm in Reichweite: "Wann hat es das schon gegeben?".

Und selbst, wenn alles nach der Papierform läuft: Für einen Rang unter den besten sieben Teams wäre ein Sieg gegen Weißrussland wohl ausreichend, auch das wäre ein historisches Ergebnis.

Auch ein verhindertes Debakel ist wertvoll

Selbst, wenn ein tatsächlicher Punktgewinn hart zu erkämpfen wäre, geht es in den Spielen gegen Kroatien, Spanien und Deutschland auch darum, Rückgrat zu beweisen: "Wir haben nicht aufgehört, denn wenn wir uns eine 'Zehner-Schleife' anhängen lassen - das würde die Euphorie bremsen."

Kräfte schonen ist daher auf keinen Fall angesagt, auch wenn erste Verschleißerscheinungen nach vier Spielen nicht ausbleiben. "Wirklich auf das Training freuen tun wir uns nicht mehr. Aber es ist nicht so, dass irgendwer ausgebrannt wäre", gibt sich Wagner ehrlich - der Fivers-Kreisläufer ist immerhin seit einem Monat fast durchgehend beim Nationalteam.

"Und so geht es den anderen Teams auch. Gegen Nordmazedonien hat es uns sogar extra Kraft gegeben, zu wissen, dass die gleich am Sand sind wie wir, aber noch einmal älter. Die Spanier sind auch kein junges Team."

Klare Vorstellung vom spanischen Spiel

Gegen Spanien wartet in Details ein anderes Spiel, als es gegen Kroatien der Fall war. Offensive Deckung ist auch beim Europameister angesagt.

Alex Dujshebaev
Foto: © GEPA

Teamchef Ales Pajovic kennt das spanische Spiel besonders gut, er war während seiner aktiven Zeit sechs Jahre bei Ciudad Real engagiert: "Sie haben die Erfahrung und die Geduld im Angriff. In der Abwehr spielen sie ein aggressives 6-0, das zum 5-1, manchmal auch 3-3 werden kann."

Die Spanier würden aus der Defensive heraus auch einen hohen Zug zum Tor entfalten. "Das ist im Eins-gegen-Eins dann schwer zu verteidigen", ist Pajovic klar.

Mit Alex Dujshebaev steht der "vielleicht beste rechte Rückraumspieler" des Turniers im spanischen Kader. "Mit ihm ist das alles sehr dynamisch. Er ist im Eins-gegen-Eins und im Passspiel sehr dynamisch."

Schonen will er seine Jungs gegen dieses dynamische Spiel nicht unbedingt: "Das ist eben so eine Sache - gegen Kroatien wollte ich Niko (Bilyk, Anm.) auch mehr schonen, dann war die Chance da und er hat trotzdem viel gespielt. Die Jungs denken auch so, die wollten gegen Kroatien gewinnen. Ich muss sie da fast ein bisschen bremsen und mehr wechseln. Es ist auch mein Job, ein bisschen auf sie aufzupassen."

Weniger Körper, mehr Bewegung

Gegen die offensive Deckung wird es mannschaftlich ohnehin eine bessere Verteilung der Verantwortung brauchen. "Es braucht viel Bewegung im Rückraum. Wir müssen versuchen, sie ein bisschen reinzudrücken. Wenn sich der Spieler vorne fallen lässt, müssen wir das ausnutzen und den Ball weiterspielen. Und wenn wir Probleme im Angriff haben, spielen wir Sieben-gegen-Sechs", schildert Wagner seine ersten Eindrücke aus dem Video-Studium.

"Ich will nicht sagen, dass sie uns liegen, sie sind eine abgezockte und routinierte Mannschaft. Aber wenn wir es hinbekommen, sie in Bewegung zu bringen, haben wir auch die Spieler, die Tore von außen werfen oder mit schnellen Durchbrüchen arbeiten."

Tobias Wagner

Bei diesem gehe es aber mehr darum, die Bewegungen der Spieler zu analysieren, weniger die Systeme: "Es spielen alle dieselben Auslösungen. Sei es Spanien, Kroatien, Deutschland oder Chile."

Gegen Spanien würde das Spiel nicht so körperbetont wie gegen Kroatien ablaufen: "Die machen immer den weiten Bogen. Da musst du im Zentrum viel den 'Scheibenwischer' in der Verteidigung machen. Es geht mehr zur Seite, weniger vor und zurück - das kann für uns gut sein."

Die letzten Duelle waren gut

Vielleicht eine Erklärung, warum die letzten Begegnungen mit Spanien - unter Berücksichtigung des Klassen-Unterschieds - beachtlich waren. Im ersten Spiel unter Ales Pajovic im April wurden die Spanier sogar 29:28 geschlagen.

"Ich will nicht sagen, dass sie uns liegen, sie sind eine abgezockte und routinierte Mannschaft. Aber wenn wir es hinbekommen, sie in Bewegung zu bringen, haben wir auch die Spieler, die Tore von außen werfen oder mit schnellen Durchbrüchen arbeiten", beschreibt Wagner seine Hoffnung.

Die Idee, wie das ÖHB-Team dem Europameister auf die Nerven gehen könnte, ist also da. Jetzt muss sie noch auf das Parkett gebracht werden.

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