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Pöltl: "Texaner nehmen Corona nicht ernst"

Österreichs NBA-Export berichtet von seiner Situation in Übersee.

Pöltl: Foto: © getty

Für Österreichs einzigen NBA-Spieler Jakob Pöltl geht die aufgrund der Corona-Pandemie unterbrochenen Saison bald wieder weiter. Der Wiener trifft mit seinen San Antonio Spurs in der Nacht von 31. Juli auf den 1. August im Kampf um ein Playoff-Ticket in Orlando auf die Sacramento Kings.

Für die Texaner wird es das erste Spiel seit 10. März sein, eine Pause von 143 Tagen. Doch trotz der Vorfreude, treten in der NBA immer mehr positive Corona-Fälle auf: So sind zu Beginn der Woche DeAndre Jordan und Spencer Dinwiddie von den Brooklyn Nets positiv auf das Virus getestet worden.

Vor einer Woche waren bei der ersten verpflichtenden Test-Reihe der 22 Teams bei 302 Tests 16 NBA-Profis positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Auch in Pöltls Heimatstaat Texas steigen die Zahlen teils dramatisch an. Ein Umstand, der für Pöltl nicht sonderlich überraschend kommt. "Mit ein bisschen Hausverstand war das absehbar", sagt der Wiener im Gespräch mit der APA.

Start bei Micky Maus und Co.

Die Basketball-Profiliga soll dennoch am 30. Juli in Orlando ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen. Pöltl und seine San Antonio Spurs reisen am 9. Juli nach Florida. Das ursprünglich schon davor geplante Mannschaftstraining wird wegen der verschärften Corona-Situation erst vor Ort möglich sein. Die 22 teilnehmenden Teams sind in Disney World in einer eigenen Quarantäne-Blase isoliert.

Pöltl wähnt sich bei Micky und Donald besser aufgehoben als zu Hause in San Antonio. Im Bexar County wurden am Montag mehr als 10.000 Corona-Fälle registriert, darunter die Rekordzahl von 7.000 aktiven Erkrankungen. "Die Leute in Texas dürften das Ganze nicht zu ernst nehmen", meinte Pöltl. "Es wird ein bisschen mühsam. Es hat nicht so gewirkt, als wäre den Leuten bewusst, dass wir mitten in einer weltweiten Krise sind."

Von den ohnehin nur einigermaßen strengen Regeln hatte man im Frühling bereits nach wenigen Wochen Abstand genommen. "Am ersten Tag danach war es überall bummvoll", schilderte Pöltl. "Die Leute sind mehr oder weniger aufeinandergepickt, haben sich verhalten, als wäre nie etwas passiert."

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Fehlende Vorbildwirkung

Der 24-Jährige sieht nicht nur die lokale Kultur, sondern auch die US-Politik dafür verantwortlich. "Wenn man sich hohe Politiker ansieht und da interessiert sich keiner, dann werden sich viele Leute denken: Warum soll ich es ernst nehmen?"

Mittlerweile seien Alarmierungs-Nachrichten an die Bevölkerung gegangen, dass sie zu Hause bleiben sollen, weil die Krankenhausbetten knapp werden. "Hoffentlich hat das jetzt wieder ein bisschen eine kräftigere Wirkung."

Pöltl selbst wird bereits jeden zweiten Tag einer Kontrolle unterzogen, knapp zehn Corona-Tests hat er bereits hinter sich. Die eigenen vier Wände verlässt der 2,13-Meter-Mann nur für Individualtraining. Jedem Profi ist ein Coach zugewiesen, der während der Einheiten Mund-Nasen-Schutz und Handschuhe tragen muss.

Das verwendete Halbfeld und der Korb werden nach jedem Akteur desinfiziert. "Es ist alles sehr vorsichtig, kontaktfrei."

In einem Monat soll aber der Vollkontaktsport Basketball betrieben werden. Dabei wurden vergangene Woche 16 NBA-Spieler positiv getestet. Auch in Florida sind die Fallzahlen zuletzt stark angestiegen. Einige Profis haben bereits angekündigt, der Fortsetzung der seit 11. März unterbrochenen Saison fernzubleiben.

"Uns wurde oft erklärt, dass unsere Sicherheit im Vordergrund steht", sagte Pöltl. "Hoffentlich bekommen wir es hin, dass es Sinn macht, weiterzuspielen."

Ständige Situationsbewertung

Eine Komplettabsage hätte die NBA finanziell stark getroffen - und damit in weiterer Folge auch negative Auswirkungen auf die Spieler gehabt. Liga und Spielergewerkschaft bewerten die Situation laufend neu. Selbst eine Verschiebung des Neustart oder eine Absage seien laut Pöltl nicht gänzlich ausgeschlossen. "Im Moment sind wir aber immer noch auf Plan."

Nicht zu kurz kommen soll beim Neustart auch das Thema soziale Gerechtigkeit. Rund drei Viertel aller NBA-Spieler haben afroamerikanischen Hintergrund. Pöltl kann sich gut vorstellen, statt seines Namens einen Schriftzug wie "Black Lives Matter" auf dem Trikot zu präsentieren.

Das Thema dürfe nicht wieder verschwinden. "Das Wichtigste ist, dass es relevant bleibt", betonte Pöltl. Der Druck auf die US-Regierung müsse weiterhin bestehen.

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