Auf dem Spielfeld als ehemaliger Fußballprofi mit einem feinen Gespür für Tore, abseits des Rasens ein knallharter Pokerspieler. Während andere ihren Samstagabend auf der Couch verbringen, packt der 35-Jährige seine Pokerchips und stürzt sich ins nächste Abenteuer. Doch was passiert, wenn der Ehrgeiz und das Verlangen nach dem nächsten großen Gewinn die Oberhand gewinnen? Kruse hat es erlebt und ohne Scham in einem Podcast erzählt.
Vom Anfänger zum Weltklasse-Spieler
Mit 18 Jahren wurde der junge Max Kruse von seinem damaligen Mitspieler Torsten Frings ins Bremer Casino geführt. Ein ungeplanter Moment, der ihn auf einen völlig neuen Kurs brachte. „Ich wurde einfach ins kalte Wasser geworfen“, erinnert sich der Spieler. „Ich weiß nicht mal, woher ich die Regeln kannte.“ Und trotz aller Unerfahrenheit war der Fußballer sofort im Spiel. „Da lagen 2.000 Euro rum. So viel hab ich damals nicht mal im Monat verdient, und ich dachte mir nur: What the f*** is going on“, beschreibt er seine erste Erfahrung. Und dann kommt Max Kruse mit einer ganz besonderen Poker-Beichte im „LIFE TRASH & RAP“-Podcast der Rapper Ali Bumaye und Massiv um die Ecke.
2014 ging es richtig los, als er bei der World Series of Poker (WSOP) in Las Vegas in einem No-Limit 2-7 Draw Lowball-Turnier antrat. Mit nur einer kurzen Einweisung von Poker-Profi George Danzer erreichte er den Finaltisch und belegte den dritten Platz unter 241 Spielern, was ihm ein stattliches Preisgeld von über 35.000 US-Dollar einbrachte.
Seitdem hat sich Max Kruse im Poker als ernstzunehmender Spieler etabliert und ist regelmäßig bei internationalen Turnieren vertreten. 2022 gewann er ein begehrtes Bracelet bei der WSOP Europe in Rozvadov und belegte den zweiten Platz bei der Deutschen Pokermeisterschaft. Geradlinig war der Weg zum Erfolg aber keineswegs. Im offenen Podcast-Gespräch räumte er zaghaft ein, wie er in der Jagd nach immer größeren Gewinnen irgendwann die Kontrolle verlor.
Ein offenes Geständnis
Fünf Millionen Euro Verlust – das ist keine Kleinigkeit. Und auch wenn Max Kruse die Pokerbeichte und damit verbundenen Summen im Podcast mit einem Lächeln abtut und deutlich macht, das Geschehene verdaut zu haben, weiß jeder, dass hinter den Zahlen mehr steckt. Immerhin hat nicht jeder so viele Rücklagen wie Kruse, denn auch das betont er immer wieder.
Klar, durch seine Sportlerkarriere ist der Ex-Fußballer finanziell abgesichert, kann sich auch weiterhin teure Autos, schicke Wohnungen und eine pompöse Hochzeit leisten. Dennoch hat der Verlust ihn nicht kalt gelassen, zum Nachdenken angeregt und auch an ein weiteres düsteres Kapitel aus vergangenen Tagen erinnert.
Wenn der Tisch kippt
Im Jahr 2014 waren es nicht nur die eigenen Erfolge und das wachsende Risiko der Sucht, die Max Kruse in die Mangel nahm. Es war auch Betrug. In Hamburg geriet er in eine manipulierte Pokerrunde, in der er ca. 5.000 Euro verlor. Gezinkte Karten, Infrarot-Technik und Handzeichen des Kartengebers. Die Täter, auch ein ehemaliger Fußballprofi, wurden später geschnappt.
Am Ende war Kruse aber eines der bekanntesten Opfer des Falls und das zeigte ihm, dass es beim Pokern definitiv nicht immer fair zugeht und man seine Gegner kennen sollte. Doch das ist oft leichter gesagt als getan, denn wie einen kühlen Kopf bewahren, wenn man bereits zu tief im Sumpf steckt?
Sicherheit im Spiel: Regeln für Deutschland und Österreich
In Deutschland sind rund 1,4 Millionen Menschen betroffen, und die Zahl der Betroffenen wächst durch den zunehmenden Zugang zu Online Casinos und Sportwetten. Fußballfans, die auf jedes Spiel setzen, erleben dabei die potenziell gleiche Suchtspirale wie Spieler am Pokertisch. Einmal gewettet, will man immer mehr und der Drang, Verluste zurückzuholen, wird oft stärker als die Vernunft.
In Deutschland trat am 1. Juli 2021 der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021) in Kraft, der erstmals bundesweite Regeln für Sportwetten und Online-Glücksspiel, einschließlich Online-Poker, festsetzt. Ein Element dieses Gesetzes ist das Sperrsystem OASIS, das es Spielern ermöglicht, sich selbst zu sperren oder von den Anbietern gesperrt zu werden, um gefährlichem Spielverhalten vorzubeugen.
Doch der Staat kann nicht alles regeln – es liegt auch an den Spielern selbst, die Anzeichen von Sucht frühzeitig zu erkennen. Wer mehr setzt, als er sich leisten kann, ständig das Gefühl hat, die verlorenen Wetten zurückzuholen oder Wettgedanken den Alltag bestimmen, sollte nicht zögern, sich Unterstützung zu suchen.
In Österreich ist die Situation ähnlich, allerdings gibt es einige Unterschiede. Sportwetten gelten dort nicht als Glücksspiel, sondern werden als Geschicklichkeitsspiel eingestuft, was die Sachlage verkompliziert. Diese rechtliche Einordnung führt dazu, dass Sportwetten nicht unter das Glücksspielmonopol des Bundes fallen und somit nicht denselben strengen Regulierungen unterliegen wie beispielsweise Online Casinos. In Österreich dürfen Online-Glücksspiele aber ebenfalls nur von lizenzierten Anbietern angeboten werden. Doch auch hier gibt es immer wieder Anbieter ohne gültige Lizenz, die auf dem Markt agieren, was den allgemeinen Spielerschutz erschwert.
Pokerface und Torinstinkt: Warum Fußballer auch Pokern
Warum finden so viele Fußballprofis den Weg zum Pokertisch? Die Antwort ist einfach: In beiden Disziplinen geht es um Strategie, das Setzen von Risiken und das Management von Druck – Fähigkeiten, die sowohl auf dem Fußballplatz als auch am Pokertisch gefragt sind. „Max Kruse ist allerdings nicht der Einzige, denn auch Spieler wie Mario Mosböck, Gerard Piqué und Neymar Jr. haben das Pokern für sich entdeckt.
Letzterer ist eher als Markenbotschafter und „Cultural Ambassador“ für PokerStars bekannt und weniger als Poker-Champion, sitzt aber auch gerne selbst am Spieltisch. Kruse hingegen hat bewiesen, dass er mehr als nur ein Hobbyspieler ist. Der Gewinn des Bracelets bei der WSOP Europe 2022 zeigt, dass er im Poker ebenso strategisch denkt wie auf dem Spielfeld und eine ernstzunehmende Instanz im Poker ist. Trotz seiner herben Verluste, die ebenfalls Teil des Spiels sein können, hat er gelernt, mit Rückschlägen umzugehen und aus Fehlern zu wachsen.