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Porsche verabschiedet Enzinger – und sich von der Formel 1

Das Urgestein will sich mehr seinem Privatleben widmen. Ausschlaggebend für seinen Rückzug ist mitunter der gescheiterte Formel-1-Einstieg des Autobauers.

Porsche verabschiedet Enzinger – und sich von der Formel 1 Foto: © GEPA

Elf Jahre war Fritz Enzinger als "Vizepräsident" der maßgebliche Lenker des Motorsports bei Porsche und zuletzt im Volkswagen-Konzern.

Mit 1. Jänner verfolgt der 66-jährige Steirer neue Aufgaben: "Ich werde mich sehr um meine Enkelkinder kümmern", erklärte er schmunzelnd am Rand der "Night of Champions", der traditionellen Saisonabschlussfeier von Porsche im Casino Weissach.

Porsches Top-Executives mit Vorstandschef Oliver Blume, Technikvorstand Michael Steiner und Vertriebschef Detlev von Platen sowie über 350 weitere Gäste (darunter der alte, neue Partner Roger Penske, der eigens anreiste) bzw. Mitarbeiter zollten Enzinger Standing Ovations.

Dass der Ex-BMW-Manager in der F1-Zeit der Bayern tatsächlich aus dem Rampenlicht tritt, hatte auch einen anderen Grund. Enzinger, "Vater" von Porsches Le-Mans-Siegen 17 bis 19 und von sechs WM-Titeln 2015-2017, war maßgeblicher Verhandler für Porsche in den Gesprächen mit Red Bull über den für 2026 geplanten Fornel-1-Einstieg.

Geplatzter Einstieg in Königsklasse entscheidend

Bis zum Sommer war er auch mit dem am 22. Oktober verstorbenen Dietrich Mateschitz persönlich zusammengetroffen. Enzinger ließ durchblicken: Wäre der Deal nicht gescheitert, wäre er wohl weiter für den VW-Konzern aktiv geblieben. So aber kann er immerhin auf einen abgeschlossenen, kaum minder wichtigen Deal verweisen: Den mit Roger Penske zum Einsatz des neuen 963 LMDh-Prototypen in der Langstrecken-WM (WEC) und der amerikanischen Sportwagen-Meisterschaft (IMSA).

Rennpremiere der wieder belebten Partnerschaft (Penske und Porsche reicht bis zu den 917er-Ungeheuern in der CanAm ab 1971 zurück) und des neuen Boliden ist in den 24 Stunden von Daytona Ende Jänner.

Zum geplatzten F1-Einstieg 2026 mit Red Bull erklärte Vorstandschef Blume: "Die Gespräche liefen sehr gut, eine Beteiligung am Team war mit Handschlag ausgemacht, wurde aber im letzten Moment nicht vollzogen. Wir wollten ein gleichwertiger Partner sein. Es muss jeder selbst entscheiden, ob er Anteile verkaufen will. Das ist okay für uns. Wir haben uns fair verhalten. Wir werden sehen, was in Zukunft passiert und was attraktiv sein wird. Wir haben ein Riesenprogramm (im Motorsport) vor uns, auf das wir uns freuen."

Konkrete Gespräche Porsches mit anderen Formel-1-Teams gibt es derzeit wohl keine. Doch die Lage kann sich gerade in der Topklasse rapid ändern, wie die jüngsten Rochaden unter den Teamchefs oder Eigentümerwechsel zeigen.

Starkes Österreicher-Kontingent

Porsche-Sportchef Thomas Laudenbach vertraut auch 2023 auf einige Österreicher in seinem Werkskader. Richard Lietz, seit 2007 Werkfahrer, stand an seinem 39. Geburtstag besonders im Mittelpunkt, wurde er doch für seine Siege heuer in den 24 Stunden von Daytona (GTD-Klasse) und Le Mans (GTE Pro) geehrt – ein höchst seltenes Doppel. Der GT-Weltmeister von 2015 bleibt auch 2023 Werkfahrer, sein Aufgabenbereich wird erst festgelegt.

Besonders happy war Klaus Bachler. Der 31-jährige Steirer wird als Porsche-Vertragsfahrer im nächsten Jahr die komplette IMSA-Serie für das Top-Team von Chris Pfaff mit dem Franzosen Patrick Pilet als Partner bestreiten (auf der Langstrecke auch mit dem Belgier Laurens Vanthoor). Dabei debütierte der neue Porsche 911 GT3 R. Die Kanadier von Pfaff gewannen heuer die 24 Stunden von Daytona und die IMSA-Meisterschaft (jeweils GTD Pro). Dazu wird der Unzmarkter die 24 Stunden auf dem Nürburgring und eventuell weitere Einsätze in Europa bestreiten. Für den einstigen Porsche-Junior Bachler ist es bereits die zwölfte Saison im Team Zuffenhausen.

Auch Thomas Preining (24), der Shooting Star der abgelaufenen DTM-Saison, der Porsche den ersten DTM-Sieg bescherte, wird sein exaktes Programm erst erfahren. Doch soll der Linzer neuerlich in der „neuen“ ADAC-DTM antreten (es wird ein Wechsel von Bernhard-Küs zu Manthey vermutet). Problem aller bisherigen oder künftigen DTM-Teams: Bis jetzt gibt es keine Ausschreibung, also auch keine Nennungen, weil noch keine Planung möglich ist. Preining ist außerdem für die 24 Stunden auf dem Nürburgring vorgesehen.

Zu den „Abräumern“ bei den Pokalen gehörten wie gewohnt Robert und Walter Lechner. Die Faistenauer Brüder stellten im Supercup mit Dylan Pereira (LUX) den Meister und mit Bastian Buus (DEN) den Neulingschampion, dazu wurde die Teamwertung gewonnen. Der 19-jährige Däne wurde von den Lechners so gut ausgebildet, dass er aus der Nachwuchssichtung von Porsche unter zwölf Kandidaten als Sieger hervorging und neuer Porsche-Junior wird.
Neben BWT Lechner wird das Team des Innviertlers Christof Huber auch 2023 im Supercup antreten. Huber und sein Salzburger Teammanager Luca Rettenbacher bestreiten außerdem die Carrera-Cups in Deutschland und Benelux. Eine DTM-Bewerbung dürfte aber wenig Chancen haben.

In der Langstrecken-WM bleibt der in Bregenz lebende Franzose Kevin Éstre als einer der sechs Piloten des neuen 963.

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