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ORF-Duo: Darum ist und bleibt Motorsport wichtig

Hausleitner und Wurz über ServusTV-Konkurrenz, Relevanz des Sports und Österreicher:

ORF-Duo: Darum ist und bleibt Motorsport wichtig Foto: © GEPA

Seit 2009 kommentieren Ernst Hausleitner (52) und Ex-Grand-Prix-Pilot Alexander Wurz (47) die Live-Übertragungen der Formel 1 in ORF 1.

Seit heuer teilt sich der ORF die Rechte mit dem Privatsender ServusTV aus dem Imperium von Energy-Drink-Milliardär Dietrich Mateschitz, der auch kräftig in der Formel 1 investiert. Den Großen Preis von Österreich mit dem Rennen am Sonntag (ab 15:00 Uhr im LIVE-Ticker) setzen beide Sender gleichzeitig in Szene - inklusive üppiger Berichterstattung im Vorfeld.

Vor der ersten Trainingseinheit in Spielberg am Freitag spricht das Romy-gekrönte Duo (2014) über die neue Konkurrenzsituation, die lebendige Formel-1-Kultur in Österreich, Motorsport und Rennpferde und den PS-affinen Nachwuchs im Hause Wurz.

Frage: Wer hatte die Idee zu der neuen "Formel 1 Motorhome"-Sendung?

Ernst Hausleitner: Das war ich. Grundsätzlich ist es aus dem Umstand heraus entstanden, dass wir nur jedes zweites Wochenende live sind. Dann kam die Frage, was machen wir mit den Rechten, die uns bleiben, wenn ServusTV überträgt? Durch unsere Zugänge Bianca Steiner, Corinna Kamper und Ferdinand Habsburg sind wir frischer geworden und haben uns breiter aufgestellt. Entscheidend für mich war, dass man das Publikum stärker und offizieller miteinbezieht, als wir das zuvor gemacht haben. Der Erfolg war überwältigend. Ich glaube, bei der Frage während der ersten Live-Übertragung am Imola-Wochenende haben auf Instagram innerhalb einer halben Stunde 16.000 mitgemacht.

Alex Wurz: Wir sind damit voll im Trend, den auch die Formel 1 sieht mit der Öffnung in Richtung Social Media. Wir haben so viele Zuschriften, Fragen und Follower wie keine andere Sendung - von null auf 100! Das ist sensationell.

Frage: Also belebt Konkurrenz das Geschäft?

Wurz: Konkurrenz ist immer gut. Aber es war nicht so, dass wir vorher abgebaut hätten. Wir haben - entgegen dem internationalen Trend - schon in den Jahren zuvor steigende Zahlen gehabt und steigen auch heuer wieder. Durch Corona sind sowieso bei allen Sportsendungen die Zahlen gestiegen, und es schauen jetzt wieder mehr Menschen zu als davor. Das ist eigentlich unheimlich.

Frage: Warum sollten die Fernsehzuschauer am Wochenende den Großen Preis von Österreich in ORF 1 und nicht bei ServusTV verfolgen?

Wurz: Das ist genau so, wie wenn du vor zwei Restaurants stehst: Isst du heute Italienisch oder Griechisch oder lieber beim Stammwirt, wo du immer hingehst? Wir werden es sehen. Wir werden natürlich alles auffahren, haben zum Beispiel eine wahnsinnig coole Geschichte gemacht mit allen unseren Experten. Weil natürlich wollen wir, dass bei uns mehr zuschauen als bei den anderen, das ist ganz legitim. Die Hauptsache ist aber, dass es im Free-TV ist.

Hausleitner: Du siehst ja, wie im Deutschland die Zahlen in den Keller rasseln, seitdem RTL nur mehr sporadisch dabei ist. Da sind wir bei einem Fünftel der Zuschauer in etwa. Das möge den Österreichern erspart bleiben. Wir als ORF übertragen am längsten von allen Sendern die Formel 1. In Brasilien war TV Globo lange dabei (1981 bis 2020; Anm.), aber schlussendlich sind wir übrig geblieben.

"Man muss da ungefähr 15 Jahre zurückschauen, wie dieses erste große Loch entstanden ist. Da kommen wir in die erste Wirtschaftskrise hinein, wo die europäischen Nationen ihr Sponsoring und ihren Support in der Formel 1 zurückgefahren haben. Gleichzeitig war am Red Bull Ring ein Baustopp. Das heißt, wir hatten unsere eigene Spielwiese, wo Motorsport stattfindet, nicht. Andere Nationen hatten aber noch immer viele Fördergelder für junge Talente. Diese Generation ist jetzt da, und es dauert, das aufzuholen."

Wurz: Warum Österreich keinen F1-Fahrer hat

Frage: Es gibt doch vereinzelt auch Stimmen, die meinen, dass die Formel 1 kein Inhalt für einen öffentlich-rechtlichen Sender sei. Mit der Begründung, das sei keine Sportart, die eine breite Masse selbst ausüben könnte.

Wurz: Weltweit ist es eine der größten Sportarten. Und bei der Tradition in Österreich wäre es fast ein Verbrechen, sie nicht zu zeigen. Wir sind vom Catering über den Physio bis zum Teamchef vertreten, wir haben Weltmeister und Fahrer gehabt. Darauf müssen wir stolz sein. Das Schöne ist, dass wir von der Jochen-Rindt-Zeit weg so eine Kultur aufgebaut haben, dass der Österreicher richtiger Formel-1-Fan ist. Wir haben ja weltweit immer die höchsten Reichweiten in Relation zur Bevölkerung.

Hausleitner: Ich glaube schon, dass öffentlich-rechtliches Fernsehen auch dazu da ist, dass man dem Publikum gibt, was es sehen will. Wir haben 49 Prozent Marktanteil beim Barcelona-Grand-Prix gehabt, 43 Prozent beim Baku-Rennen. Davon, dass man sagt, wir als Öffentlich-Rechtlicher zeigen zu Fleiß etwas, was das Publikum nicht sehen will, halte ich nichts.

Frage: Wie könnte der Motorsport in 10, 20 Jahren aussehen? Wird es ihn in Zeiten von E-Mobilität und nachhaltigen Antriebsformen überhaupt noch geben?

Wurz: Die Formel 1 oder den Spitzenmotorsport wird es immer geben, egal welche Antriebsvarianten wir haben. Ähnlich wie vor 100 Jahren das Pferd als Haupttransportmittel abgelöst worden ist, es aber immer noch Pferdesport gibt. Es könnte in Zukunft immer noch ein Verbrennungsmotor sein, wenn er mit synthetischen Treibstoffen ohne CO2-Ausstoß befahren wird. Es könnte genauso gut sein, dass er Wasserstoff-basiert ist, oder es kommen Mischformen, die wir noch nicht kennen. Der Markt wird uns die Antwort diktieren.

Hausleitner: Wenn du das Auto als Fortbewegungsmittel schon längst nicht mehr brauchst, weil wir uns schon von A nach B beamen oder von der Drohne ziehen lassen, wird es noch immer den Motorsport geben. Da hat der Alex schon Recht: Das Pferd gibt es als Fortbewegungsmittel auch nicht mehr, aber Pferderennen gibt es, und es wird so viel Geld in Rennpferde investiert wie noch nie zuvor in der Geschichte. Es wäre natürlich 2013, 2014 eine fatale Entscheidung für die Formel 1 gewesen, die Umstellung auf V6-Turbo-Hybrid-Motoren nicht durchzuziehen. Ich glaube, mittlerweile ist die Akzeptanz dafür in der Gesellschaft viel höher.

Frage: Was wären Aspekte, die dem Motorsport auch in Zukunft noch Relevanz geben würden?

Wurz: Dass wir Technologien und Prozesse so schnell wie keine andere Industrie entwickeln.

Hausleitner: Von der Technologie her war die Formel 1 immer extrem fortschrittlich, beim Thema Hybrid war es nur ein PR-Desaster, dass sie das nicht rübergebracht haben. Das sind die effizientesten Motoren, mit denen die Formel 1 jemals gefahren ist. Die verbrauchen am wenigsten Sprit und sind genauso schnell oder schneller. Denn wir haben in der Turbo-Hybrid-Ära alle Rundenrekorde gebrochen mit Motoren, die ein Drittel so viel Treibstoff brauchen wie in der V10-Ära. In Wahrheit eine volle Erfolgsgeschichte - nur ist sie desaströs transportiert worden.

Wurz: Das Coolste am Motorsport ist für mich, was wir schaffen, aus den Autos sicherheitstechnisch rauszuholen. Crashtests haben Millionen Menschenleben gerettet, das ist ein Produkt aus dem Motorsport. Oder du hast heute einen Unfall mit einem Hybrid-Auto, und der Feuerwehrmann weiß nicht, ob er dich herausschneiden kann oder nicht wegen dem Hochstrom. Der Motorsport löst dieses Problem gerade. Es ist keine Macho-Sportart. Sicherer heißt nicht uncool, sondern sicherer heißt cleverer. Wenn wir sicherer werden, können wir noch schneller und noch aggressiver fahren. Ich kann in Zukunft über 400 fahren und habe kein Problem bei einem Stadtkurs.

Wurz mit Söhnen Charlie und Felix (2007)
Foto: © GEPA

Frage: Wie lange wird es dauern, bis wir wieder einen österreichischen Fahrer oder eine Fahrerin aus Österreich in der Formel 1 sehen werden?

Hausleitner: Der nächste ist sein Sohn (zeigt auf Wurz). Das ist keine Schmeichelei, aus Österreich ist zwischen Charlie Wurz (15) und der Formel 1 kein anderer. Ob er dann die Chance hat oder nicht, wird man in drei oder vier Jahren sehen.

Wurz: Man muss da ungefähr 15 Jahre zurückschauen, wie dieses erste große Loch entstanden ist. Da kommen wir in die erste Wirtschaftskrise hinein, wo die europäischen Nationen ihr Sponsoring und ihren Support in der Formel 1 zurückgefahren haben. Gleichzeitig war am Red Bull Ring ein Baustopp. Das heißt, wir hatten unsere eigene Spielwiese, wo Motorsport stattfindet, nicht. Andere Nationen hatten aber noch immer viele Fördergelder für junge Talente. Diese Generation ist jetzt da, und es dauert, das aufzuholen. Charlie muss erst einmal Formel 4 fahren. Ernst, du sponserst...

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