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Experiment Sprint-Quali: Skepsis in der Formel 1

Das neue Format ruft schon vor dem ersten Wochenende Zweifler auf den Plan:

Experiment Sprint-Quali: Skepsis in der Formel 1 Foto: © getty

Es wird wieder "gedoktert" in der Formel 1. Und das bezieht sich nicht auf "den Doktor", wie Red Bulls Motorsport-Berater Helmut Marko allgemein genannt wird, sondern auf ein Experiment - mitten in der Saison - in der Ermittlung der Startaufstellung.

Somit wirft die Formel 1 am Wochenende das übliche Programm über den Haufen, in Silverstone, dem "Home of British Motor Racing”, wie dort rundum plakatiert ist.

Die Regeländerung, die erstmals im britischen Grand Prix angewendet wird, soll auch bei zwei weiteren Rennen umgesetzt werden. Die Zauberformel heißt "Sprint-Rennen".

Damit ändert sich der Ablauf gravierend, der den Zuschauern (in Silverstone wird es wie zuletzt in Spielberg keine Beschränkungen für Geimpfte/Getestete geben) und vor den TV-Geräten mehr Unterhaltung und Spannung bieten soll. Der aber auch die Teams und deren Strategen vor neue Herausforderungen stellt.

Der Ablauf: Am Freitag nur ein freies Training (15:30 bis 16:30 Uhr MESZ), danach (ab 19:00 Uhr) die Qualifikation im üblichen Format für den Sprint, allerdings einheitlich auf den weichen Reifen für alle – damit ist die Reifenwahl am Sonntag auch den besten Zehn freigestellt (nicht wie sonst verpflichtender Start auf den Reifen aus Q2).

Am Samstag das zweite freie Training (13:00 Uhr) und dann das "Sprint Qualifying" (17:30 bis 18:00 Uhr) über 100 Kilometer, also rund ein Drittel der üblichen Renndistanz und mit Startaufstellung aus der Freitags-Qualifikation. Der Zieleinlauf des Sprints ist gleichzeitig die Startaufstellung für den Grand Prix am Sonntag (16:00 Uhr).

Red Bulls Helmut Marko teilt die Euphorie mancher über das Experiment nicht: "Wenn am Freitag etwas schiefgeht, kann das ganze Wochenende verhaut sein. Das erste Training ist die einzige Chance zur Formüberprüfung, danach tritt schon die Parc fermé-Regelung (keine Arbeiten am Auto mehr, Anm.) in Kraft, das heißt, dass man erst am Samstag im zweiten Training etwas korrigieren kann." Deshalb, ergänzt der Grazer, wird es bei Red Bull und wohl auch bei AlphaTauri keine neuen Teile an den Autos geben, die nicht erprobt sind.

Markos Skepsis teilt auch Ferrari-Teamchef Mattia Binotto: "Wenn man bedenkt, dass die neue Hinterreifenkonstruktion hier mit wenig Erfahrungswerten eingeführt wird und daher wenig Zeit im reduzierten freien Training bleibt, kann das Ganze sehr aufregend werden, aber vielleicht sogar ein Ärgernis."

Der Grazer Marko will auch nicht glauben, dass Mercedes die Saison vorzeitig durch Einstellung der Weiterentwicklung aufgibt: "Sie werden weiter das Beste herausholen wollen." Und, logisch, Lewis Hamiltons Titelchance und die Möglichkeit zum Heimsieg wahren.

"Mercedes gibt erst auf, wenn rechnerisch keine Chance mehr auf den Titel besteht", ist Marko überzeugt.

Es bleibt kein einmaliges Experiment

Lokalmatador Hamilton hat den Jubel seiner Landsleute hier schon sieben Mal (2008 im McLaren, 2014-17 und 2019-20 im Mercedes) ausgekostet. Sein Rivale Max Verstappen siegte für Red Bull hier im Vorjahr im zweiten Rennen, dem 70-Jahre-Jubiläums-GP.

Da es auch im Sprint-Qualifying Punkte gibt (3-2-1 für die ersten Drei), wächst das Zähler-Maximum an diesem Wochenende auf 29 Punkte. Nach dem Sprint wird es keine Siegerehrung geben, der Gewinner erhält die Trophäe wie sonst der Fahrer der Bestzeit in Q3. Und der Sieg im Sprint-Qualifying zählt in den F1-Statistiken für die Sparte "Pole Positions".

Die Formel 1 will das neue Format nach Silverstone noch zwei Mal - Monza und vermutlich Sao Paulo - versuchen. "Ob es auch 2022 angewendet wird und wenn ja in wie vielen Rennen, ist derzeit völlig offen. Wir warten die Erfahrungen dieser Saison ab und entscheiden erst nach dem letzten Lauf, wie wir damit in Zukunft verfahren werden", erklärt Formel-1-Chef Stefano Domenicali auf Nachfrage.

Sein Sportdirektor Ross Brawn ergänzte: "Ich glaube nicht, dass wir die Sprint-Qualifyings 2022 an jedem Rennwochenende sehen werden, aber vielleicht in einigen. Da ist noch alles offen."

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