news

Ski-Imperium steckt in der Negativ-Spirale

Falsche Personal-Entscheidungen und Raubbau an Talenten verschärfen Krise.

Ski-Imperium steckt in der Negativ-Spirale

Na Pum! Österreichs Speed-Herren schlittern im zweiten Rennen des WM-Winters in das nächste Debakel. Das Ergebnis der Abfahrt von Val d’Isere ist noch schlechter als jenes beim Super-G am Vortag. Die Verunsicherung und die technischen Mängel der ÖSV-Truppe sind mit freiem Auge erkennbar.

Na Pum! ÖSV-Sportdirektor Hans Pum, seit 1977 im Verband tätig, ringt im Zielraum um Worte und verweist auf eine gründliche Analyse, die jetzt schleunigst angestellt werden muss. Ob so eine Aufarbeitung des Debakels eine Trendwende einleiten kann, muss bezweifelt werden. Die Fehler liegen auf der Hand und werden seit einigen Jahren durch die Ausnahmeleistungen von Anna Veith und Marcel Hirscher verdeckt. Bezeichnend, dass sich beide aus dem ÖSV immer mehr abnabeln und ihre eigenen Betreuerteams um sich scharen.

In der Wohlfühloase ÖSV ziehen sich die Athleten längst gegenseitig nach unten. Das Selbstvertrauen ist im Keller, der Vorsprung beim Material (Anzug, Wachs, Ski) ist verspielt, Geld gewinnt keine Rennen mehr. Wobei der ÖSV weiter über das mit Abstand höchste Budget aller Nationen verfügt.

Die wahren Gründe der aktuellen Krise sind aber wohl bei den diversen falschen Personalentscheidungen zu suchen. Spätestens als Mathias Berthold 2014 seinen Job als Cheftrainer niederlegte, hätten beim Skiverband alle Alarmglocken läuten müssen. Der Vorarlberger klagte über seinen „Büro-Job“. Der Chef-Coach war mit Planungen für Trainingslager, Überseeflüge etc. beschäftigt und konnte seiner Arbeit auf der Piste nicht so nachgehen, wie er sich das vorstellte. Ihm folgte Andreas Puelacher nach. Ein Mann der Piste, der in der Schweiz und in Liechtenstein tätig war und einst mit Matthias Mayer, Hannes Reichelt oder Benjamin Raich arbeitete. Auf der Piste. 25 lange Jahre. Und nicht als „Manager“ im Büro.

Na bumm, hab ich mir gedacht, als vor wenigen Tagen Stefan Bürgler seinen Vertrag mit dem ÖSV einvernehmlich auflöste. Der ehemalige Technik-Chef der Damen und Vertrauens-Trainer von Eva-Maria Brem wollte nicht länger für den ÖSV arbeiten und heim zu Frau und Kindern.

Es gibt viele Anzeichen, dass im Betreuer-System des ÖSV nicht alles rund läuft. Viele Fachkräfte sind ins Ausland abgewandert, wo sie durch die Bank besser bezahlt werden. Frei nach dem Motto. Wer nicht für Präsident Schröcksnadel ist, ist gegen das System.

Das „System“ – skibegeisterte Eltern, örtliche Skiclubs, hoch motivierte Bezirks- und Landestrainer - hat viele Jahre jede Menge Nachwuchs produziert. Hat sich ein Talent verletzt, stand das nächste auf der Rennpiste. Der interne Konkurrenzkampf beflügelte die Athleten. Der ÖSV konnte auf ein schier unglaubliches Ressort an Rohdiamanten zurückgreifen. Der Fehler dabei: Viele junge Fahrerinnen und Fahrer wurden schlichtweg verheizt. Und zum Teil falsch trainiert. Erst wollten alle Spezialisten, dann waren wiederum nur jene Fahrer hoch angesehen, die zumindest drei Disziplinen auf hohem Niveau beherrschten, um im Gesamt-Weltcup mitzumischen.

Dort allerdings ist einzig Marcel Hirscher konkurrenzfähig. Es bleibt zu hoffen, dass der Salzburger verletzungsfrei bleibt. Wobei auch er die große Lücke im ÖSV, die hinter ihm klafft, nicht mehr zudecken kann.

Na bumm! Der ÖSV muss sich wohl neu erfinden, das System ist implodiert. Peter Schröcksnadel, der als angeblicher „Messias des heimischen Sports“ sogar Österreichs Sommersport retten hätte sollen, muss schleunigst vor der eigenen Haustüre kehren. Oder glaubt der 75-jährige Ski-Zampano ernsthaft, dass Val d‘Isere nur ein Ausrutscher war und der ÖSV in zwei Wochen eh wieder den Ton angibt?

Kommentare