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Jonatan Soriano: Red Bulls erste Fußball-Legende

Jonatan Soriano war in den besten Tagen nicht nur der Torschütze vom Dienst:

Jonatan Soriano: Red Bulls erste Fußball-Legende

Die Ära in Peking, sollte es denn eine werden, begann am Montag so wie jene in Österreich: der Name Jonatan Soriano falsch geschrieben. Das "h" nach dem "t" im Vornamen gehörte aber hierzulande bald der Vergangenheit hat. Nicht gleich zu Beginn, als es für den Spanier im kalten Österreich gar nicht nach Wunsch lief. Aber bald danach. Im Jänner 2012 wechselte der Stürmer damals vom FC Barcelona B in die Alpenrepublik.

Und wer von Barca kommt, egal ob von der ersten oder zweiten Mannschaft, muss natürlich etwas können und folglich auch zeigen.

Soriano zeigte am Anfang wenig, in seiner ersten Halbsaison traf der Katalane bei elf Einsätzen drei Mal in der Bundesliga. Drei Mal gegen Wiener Neustadt. Seinen späteren Lieblingsgegner, gegen den er am Ende in nur 14 Spielen 23 Treffer erzielen sollte. Wie so oft in Österreich wurde der Neuzugang aber wegen seiner schlanken Bilanz zum Start als Transfer-Flop abgetan. Auch zunächst, als Ralf Rangnick und Roger Schmidt in Salzburg übernahmen. Ricardo Moniz, der persönlich um Soriano buhlte, war zuvor nach Querelen abgetreten. Doch eine neue Zeitrechnung hatte begonnen.

Die startete allerdings mit der größten Blamage in der Red-Bull-Geschichte. Dem CL-Quali-Aus gegen Düdelingen aus Luxemburg. Soriano flog im Hinspiel nach einer vermeintlichen Schwalbe mit Gelb-Rot vom Platz (sein bislang einziger Ausschluss als Profi) und war im Rückspiel, als Salzburg trotz 4:3-Sieges frühzeitig aus dem Rennen um den Einzug in die Königsklasse flog, gesperrt. Dem nicht genug, versemmelte Soriano wenige Tage später einen Elfmeter bei einer 0:2-Heimniederlage gegen Rapid - und das nicht nur knapp. In der NFL würden sie sagen: Das Field Goal ist gut.

Aber ausgerechnet in einem der schwärzesten Momente seiner Zeit bei Red Bull zeigte Soriano das, was ihn über Jahre hinweg auszeichnen sollte: Größe. Als ihm Mario Sonnleitner nach diesem Elfmeter seine Meinung geigte, ließ sich der Angreifer nicht provozieren, schaute nur auf den Boden und war mit sich selbst beschäftigt. Solche Momente definieren einen Charakter. Am Ende sollte er 172 Tore in 202 Partien erzielt haben.

Soriano zeigte in seinen fünf Jahren auf und abseits des Feldes große Klasse, wurde eine sportliche und menschliche Größe und war ein Superstar.

Nach dem 0:2 gegen Rapid krempelte Rangnick die Mannschaft um und davon profitierte auch Soriano. Sadio Mane und Kevin Kampl sollten das Spiel in Wals-Siezenheim neu definieren. Das bewies bereits das erste Spiel als "Salzburg neu" - obwohl es nur 1:1 zu Hause gegen die SV Ried endete. Doch es war der Startschuss für die erfolgreichste Zeit in der Ära von Red Bull, in der auch der beste Fußball geboten wurde. Trainer Roger Schmidt formte den von Rangnick zusammengestellten Kader zu einer Einheit. Und Soriano wurde das Gesicht dieser goldenen Ära, die Galionsfigur.

2013 sollte dies gegen eine famose Austria, die mit Trainer Peter Stöger und Punkterekord die Meisterschaft holte, noch nicht für den Titel reichen. Auch holte Philipp Hosiner den Titel des Toschützenkönigs vor Soriano. Doch es sollte bis 2017 das letzte Mal gewesen sein, dass der Katalane nicht die Torjäger-Krone für sich beanspruchen würde. Die Saison blieb auch deswegen in Erinnerung, weil Soriano beim 6:2 gegen den WAC nach der Geburt seiner dritten Tochter ins Stadion kam, in der Halbzeit eingewechselt wurde und drei Mal traf. Sein erster von vielen Triplepacks für Salzburg.

Im Juli 2013 dann ein einschneidendes Erlebnis: Schmidt machte Soriano zum neuen Kapitän der Mannschaft, obwohl seine Deutschkenntnisse zu diesem Zeitpunkt gleich Null waren. Der Deutsche interpretierte dieses Amt anders. Er sollte sein Team nicht mit Anfeuerungen vorantreiben, sondern mit Leistung. Überhaupt sah der Trainer in ihm diese Galionsfigur für die Zukunft: "Man kann jede Saison den Verein wechseln und nie irgendwo ankommen oder man kann diesen Weg gehen." Soriano ging diesen Weg - und wie. In der Spielzeit 2013/14 explodierte der Spanier.

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Und nicht nur als Torschütze. Auch als Arbeiter. Das Salzburger Spiel mit Gegenpressing entwickelte sich. Nicht wenige fragten sich: Kann ein klassischer Mittelstürmer im mittleren Fußball-Alter dieses System, das nur als Team funktioniert, überhaupt spielen? Yes, he can. Unvergessen - zumindest für mich - als "El Capitan Catalan" im CL-Quali-Spiel gegen Fenerbahce als letzter Mann einen Ball zurückeroberte. Das Drama in zwei Akten - Salzburg vernebelte im Hin- und Rückspiel an die zehn Großchancen - sollte erst der Startschuss für das sein, was noch kommen würde.

Und der Kapitän tat das, was Schmidt von seinem Kapitän verlangte: Er ging mit Leistung voran. In der erfolgreichsten Red-Bull-Saison traf Soriano nicht weniger als 48 Mal in 43 Pflichtspielen. Sieben Mal nahm sich der Katalane den Ball mit nach Hause. Das passierte nach jedem Triplepack. Salzburg sorgte für einen Meilenstein in der Bundesliga-Geschichte, fixierte im März so früh wie nie zuvor den Titel. In der Europa League gelang der Einzug ins Achtelfinale, in der das Spielsystem gegen unterlegene, aber clevere Baseler an seine Grenzen stieß - die von Schweizer Fans erzwungene Unterbrechung tat ihr Übriges. Die pure Enttäuschung war da, doch das machte das Erreichte nicht ungeschehen: die Sternstunde von Amsterdam.

Das beste Spiel in der Red-Bull-Ära. 20. Februar 2014. Die "Bullen" ließen auswärts Ajax nicht den Hauch einer Chance, führten sie vor und gewannen 3:0 - das zweite Tor von Jonatan Soriano ging als das schönste seiner 172 in Salzburg in die Geschichte ein. Selten waren im österreichischen Klub-Fußball Highlights schöner wie diese. Eine Woche später folgte ein 3:1 - Salzburg gegen Ajax: Gesamtscore 6:1. Selbst die New York Times berichtete in der Folge von Salzburgs Pressing-Schule, die für Furore sorgte, aber am Ende eben bereits im Achtelfinale Ferien hatte.

Nie mehr sollte es für Soriano und Co. so weit gehen. Roger Schmidt verließ den Verein im Sommer 2014 gen Leverkusen, nach und nach folgten ihm seine Starspieler. Sadio Mane, Kevin Kampl und auch Alan suchten das Weite. Soriano blieb, auch weil er wusste, dass es mit Ende 20 und als dreifacher Vater besser ist, bei einem kleineren Klub eine Legende, als bei einem Mittelständler in einer Top-Liga einer von vielen zu sein.

Und Soriano geht als Legende. Als die erste Legende, die der Red-Bull-Fußball zu bieten hatte. Ja, Alexander Zickler war und ist hier, Ibrahim Sekagya war und ist eine Klub-Ikone, so wie 39-Saisontore-Marc-Janko oder Andreas Ulmer (bald 300. Spiel für RBS). Soriano ist aber eine Stufe höher anzusiedeln. Auch wenn er in vielen Spielen abgetaucht ist, seine Mannschaft nie in die Champions League führte, auch für atmosphärische Probleme gesorgt haben soll, 2015 eine spätpubertäre Phase hatte - für immer bleibt stehen, dass der Katalane in 202 Spielen 172 Mal traf und in Salzburg als Kapitän und Gentleman voranging.

Soriano hat in Salzburg reichlich verdient und das mehr als zurückgezahlt. Doch nie ließ er irgendjemanden spüren, dass er etwas Besseres sei. In katalanischer Demut verwies er auch nach fünf Toren gegen Grödig auf seine Mitspieler. Österreich hat an diesem Montag einen der besten Bundesligaspieler aller Zeiten verloren. Zumindest den erfolgreichsten Legionär aller Zeiten. In den Kommentaren melden sich viele Fans - auch von anderen Klubs - zu Wort und zollen diesem genialen Fußballer mit der feinen Klinge Respekt. Soriano respektierte stets Freund und Gegner.

Salzburg und Soriano, Soriano und Salzburg. Eine Ära, für die Fußball-Österreich dankbar sein darf, sie erlebt zu haben.

Die erfolgreichsten Legionärs-Torschützen in der Bundesliga:

Rang Spieler Vereine Spiele Tore
1. Jonatan Soriano Salzburg 144 120
2. Zlatko Kranjcar Rapid, St. Pölten 213 108
3. Radoslaw Gilewicz Tirol, Austria, Pasching 241 99
4. Steffen Hofmann Rapid 413 95
5. Bozo Bakota Sturm 167 86
6. Vaclav Danek Tirol 146 83
7. Rene Wagner Rapid, Mattersburg 265 82
8. Tibor Nyilasi Austria 120 81
9. Alberto Martinez Austria, Sportklub, FC Linz, FavAC 311 77
10. Hamdi Salihi Ried, Rapid 149 70
Mario Bazina GAK, Rapid, Austria 255 70
12. Sigurd Rushfeldt Austria 137 69
13. Axel Lawaree Bregenz 151 66
14. Antonin Panenka Rapid 127 63
15. Jan Aage Fjörtoft Rapid 129 62

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