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"Leider haben wir nicht viele Oliver Polzers"

Österreichs Fußballsprache: Deutscher Einfluss. Polzers und Alabas Stärke. Spitznamen sind "out".

Für rund 1,1 Millionen Schüler in Österreich begann im September wieder der Ernst des Lebens. Um den Schulstart zu erleichtern, übernimmt in dieser Woche LAOLA1 den Stundenplan. Willkommen in der LAOLA1-Schule!
Die Unterrichtsfächer sind altbekannt, der Lehrinhalt aber neu: Sport in allen Facetten. Heute auf dem Programm: Deutsch.

Gedankenexperiment.

Wie wäre die Reaktion, wenn auf einem österreichischen Fernsehsender eine Aktion wie folgt kommentiert werden würde: „Klasse getunnelt! Der Spannschuss danach befördert die Pille aber nur an den Pfosten.“

Manchen würde es wohl kalt den Rücken runterlaufen. Deutsch ist eben nicht gleich Deutsch, wie diese Lehreinheit der "LAOLA1-Schule" zeigen wird. Sprache bewegt. Das ist im Fußball nicht anders.

Gerade die österreichische Mundart bietet reichlich Schmankerln. Als Kostprobe ein paar Synonyme für den Fußball gefällig? „Bemmal, Blunzn, Ei, Frucht, Haut, Lawal, Nudl, Wuchtl“, hilft Robert Sedlaczek auf die Sprünge.

Der Sprachwissenschaftler und Buchautor („Österreichisch fia Fuaßboifäns“) untersucht die österreichische Fußballsprache und hat unter anderem die Homepage des SK Rapid auf Wienerisch übersetzt.

„In der Mundart gibt es viele kreative Wortschöpfungen. Sie regen zum Schmunzeln an und verleihen der Diktion eine gewisse Würze“, erklärt Sedlaczek bei LAOLA1.

Im Interview erzählt er von verhängnisvollen Wortverwechslungen, vom neuesten Jugend-Slang, warum Deutschland das Österreichische stark beeinflusst, Oliver Polzer ein guter Kommentator ist, David Alaba einen hohen Werbewert hat und "Frauschaft" merkwürdig klingt.

LAOLA1: Welche Markenzeichen hat die österreichische Fußballsprache?

Robert Sedlaczek: Typisch österreichisch ist ein angehängtes „-l“ am Wortende. Das klingt irgendwie sympathisch und das kennen wir auch von den Speisekarten: ein Braterl, ein Safterl. Es soll die liebevolle Zuwendung zu den Gerichten zeigen. Es ist keine Verkleinerungsform. Das wird auch im Fußballbereich kultiviert. Ein Guakal, ein Schussal. Gleichzeitig verdrängen aber bundesdeutsche Ausdrücke die österreichischen. Und ein weiteres Wesensmerkmal der österreichischen Fußballersprache besteht darin, dass das Englische noch stark dominiert.

LAOLA1: Wie nehmen Sie die österreichische Fußballsprache in der Praxis wahr?

Sedlaczek: Ich beobachte intensiv, wie Sportjournalisten schreiben oder Kommentatoren sprechen. Manchmal muss ich mich schon wundern. Als Rapid einen neuen Kapitän ernannte, schrieben manche Zeitungen: „Schwab hat die Binde übernommen.“ Dieses Wort kenne ich nach meinem Sprachgefühl aus dem Bereich der Damen-Hygiene, nicht im Zusammenhang mit Fußball. Bei uns war das die Kapitänsschleife. Da sieht man, wie sehr Deutschland den Sprachgebrauch in Österreich beeinflusst.

Auch ein Sprachduell: Deutschland vs. Österreich.

LAOLA1: Woher kommt das?

Sedlaczek: Viele Journalisten sehen deutsche Sportübertragungen, und viele Fußballer wünschen sich, irgendwann einmal nach Deutschland zu wechseln, wo das große Geld lockt. Sie nehmen den dortigen Sprachgebrauch schon vorweg. Früher hat man immer Lochpass gesagt. Heute sagt man: „Er spielt den Ball in die Schnittstelle“ oder „Er hat den Ball durchgesteckt“. Dabei war der alte Ausdruck Lochpass recht anschaulich.

LAOLA1: Hatte Deutschland oder der englische Sprachraum mehr Einfluss auf die österreichische Fußballsprache?

Sedlaczek: England hat den Fußball erfunden. In Deutschland hat Konrad Koch, ein Gymnasiallehrer aus Braunschweig, all diese Original-Ausdrücke ins Deutsche übersetzt. Er meinte, der Sport würde sich nur durchsetzen, wenn man mit deutschen Begriffen operiert. In Österreich hat sich Kochs Wirken nicht auf die Terminologie der Fußballsprache niedergeschlagen. Die Monarchie war ein Vielvölkerstaat mit vielen verschiedenen Sprachen. Man war zufrieden mit englischen Ausdrücken, die überall akzeptiert wurden. In Wien, genauso wie in Prag und in Budapest. Deshalb haben wir noch viel mehr englische Ausdrücke als die Deutschen im Sprachsatz. Wir sagen Out, ein deutscher Sportreporter sagt „Ball im Aus“. Neben „Eckball“ verwenden wir noch immer „Corner“. Der „Tormann“ ist im Dialekt ein Goalmann – da sieht man, dass das Englische mit dem Deutschen auch gemischt werden kann, genauso bei „Einsergoalie“. In letzter Zeit kommen Modeerscheinungen dazu. Bei einem Spiel im ORF hat der junge Analytiker gemeint, „der Stürmer ist aktiv in der Box“. Der Prohaska hat mit einem Schmunzeln ergänzt: „Das ist das, was wir früher Strafraum genannt haben.“

"Ich bin mir sicher, Fußballfans regen sich auch über Ausdrücke wie „Beinschuss“ oder „tunneln“ auf."

LAOLA1: Nimmt es der Fan einem Journalisten übel, wenn er auf die österreichische Fußballsprache verzichtet?

Sedlaczek: Als Sprachwissenschaftler bin ich neutral und beschreibe nur die Entwicklung der Sprache. Aus persönlicher Sicht ärgern mich einige Begriffe und ich bin mir sicher, Fußballfans regen sich auch über Ausdrücke wie „Beinschuss“ oder „tunneln“ auf. Ich würde aber nicht garantieren, dass das in 20 Jahren noch so sein wird. Ein anderes typisches Reizwort ist „Pfosten“. Wir nennen das Senkrechte beim Tor „Stange“. Es ist eben der Stanglpass. Pfostenpass kann man schwer sagen.

LAOLA1: Wirkt die Mundart zu derb, um sie öfters zu verwenden?

Sedlaczek: Ja, ein Kommentator hat den Anspruch, in der Standardsprache zu sprechen. Daher meinen manche, „Guakal“ kann man nicht sagen. Aber wenn ein Sportreporter hin und wieder solche Wörter einfließen lässt, verleiht er seiner Diktion eine gewisse Würze. Die Mundart lebt davon, dass sie aus vielen kreativen Wortschöpfungen besteht, die zum Schmunzeln anregen. Ich kann mich an einen Interviewer erinnern, der zu einem Admiraner gesagt hat: „Das war ein schönes Tor, den Ball aus der Luft angenommen, und noch dazu ein Braadling.“ Das ist ein Schuss mit der Innenseite des Fußes, mit der Breitseite. Wer sich im alten Fußballjargon auskennt, freut sich darüber, sowas wieder einmal zu hören. Schnittspiel ist auch so ein schöner Ausdruck. Wir sagen ja einen Schnitt machen, das heißt einen großen Erfolg erzielen. In diesem Fall ist ein entscheidender Punktgewinn gemeint.

LAOLA1: In Deutschland wäre es das Sechs-Punkte-Spiel…

Sedlaczek: Was mathematisch nicht nachvollziehbar ist. Ein Team kann drei gewinnen und das andere drei verlieren, das ergibt zusammen sechs. Aber wenn zwei gleichauf sind und gegeneinander spielen, haben sie nicht sechs Punkte Unterschied aufeinander am Ende, sondern drei. Es ist eine Art Differenzrechnung zwischen Gewinnen und Verlieren und nicht wahnsinnig logisch.

LAOLA1: Muss man Angst ums Österreichische haben?

Sedlaczek: Nein. Es kommen zwar immer mehr Ausdrücke aus Deutschland nach Österreich, aber es wird weiterhin eine sprachliche Färbung geben. Es hat auch keinen Sinn, jedes Mal beim ORF anzurufen, wenn jemand „Binde“ oder „Beinschuss“ sagt. Die Sprache entwickelt sich fortlaufend. Man kann das nicht aufhalten, sondern nur das Bewusstsein für Sprachentwicklung wecken.

LAOLA1: Tragen Journalisten mehr Verantwortung, den österreichischen Sprachschatz zu wahren und pflegen?

Sedlaczek: Ein guter Journalist kann mit verschiedenen Sprachebenen umgehen und lässt den Dialekt einfließen. In Österreich heißt es auch „Er köpfelt den Ball“ und nicht „Er köpft den Ball“. Wir unterscheiden zwischen der Hinrichtungsart und dem Abschluss mit dem Kopf.

Nicht nur das ÖFB-Team verzweifelte an Szalai.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie bewerten sie die österreichischen Kommentatoren?

Sedlaczek: Einige sind sehr sprachbewusst, zum Beispiel Oliver Polzer. Man merkt, dass er sich vorher gut überlegt, was er wie sagen will. Leider haben wir nicht viele Oliver Polzers, ich finde er wird zu Unrecht angegriffen (siehe auch LAOLA1-Voting). Schlechte Kommentatoren beschreiben das, was eh jeder sieht, gute Kommentatoren lassen den Zuseher mit seinen Emotionen allein, wenn ein Tor fällt. Polzer bemüht sich auch, die Namen der ausländischen Spieler richtig auszusprechen. Damals gegen Ungarn hat er Adam Szalai immer wieder falsch ausgesprochen: ‚Solai‘, statt richtig ‚Soloi‘. Ich habe ihm ein Mail geschrieben und drauf hingewiesen. In der Pause hat er mir vom Handy aus für den Hinweis gedankt: „Ich habe vor dem Match Freunde aus Ungarn gebeten, alle Namen vorzusprechen. Schauen Sie, sogar auf meinem Vorbereitungszettel, den ich im Anhang mitschicke, steht ‚Soloi‘.“ In der zweiten Halbzeit hat er es dann richtig gemacht. Ich finde, ein österreichischer Kommentator sollte den Ehrgeiz haben, Namen aus unseren Nachbarländern richtig auszusprechen. Übrigens: Die Deutschen haben lange Zeit den Vornamen von David Alaba falsch ausgesprochen. ‚Dawid‘ statt dem englischen ‚Deiwid‘, wie er sich selber nennt. Und in deutschen Sendern wird Rapid immer auf der ersten Silbe betont – da stehen mir die Haare zu Berge. Der Austria-Trainer (Thorsten Fink, Anm.) macht das noch immer. Vielleicht mit Absicht, um die Rapid-Fans zu ärgern?


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Bisweilen scheitern gar Teamkolllegen an der richtigen Aussprache:
(Interview geht unter dem Video weiter!)


LAOLA1: Sprechen Fans und Sportler dieselbe Sprache?

Sedlaczek: Fans sprechen eine eigene Sprache. Sie haben ihren eigenen Wortschatz, der Fußballern manchmal gar nicht geläufig ist. Zum Beispiel der „Torstangenbewässerer“, auch „Torstanganbrunzer“. So beschimpfen Fans einen völlig unfähigen Fußballer. Dahinter steckt wohl die Idee, dass dieser Kicker glaubt, man muss nicht nur den Rasen, sondern auch die Torstange bewässern. Es gibt Ausdrücke, die heute wohl niemand mehr kennt. Früher haben die Spieler noch das Gehalt in Geldscheinen erhalten. Einen Teil davon haben sie dem Masseur und dem Zeugwart als Trinkgeld gegeben. Das nannte man „Stich“. Der Masseur und der Zeugwart haben früher kein fixes Gehalt bekommen, sie waren auf Trinkgelder der Spieler angewiesen.

"Das Wienerische dominiert und hat den Dialekt stark beeinflusst, weil viele Jahre hindurch hauptsächlich in Wien eine Meisterschaft gespielt wurde. Deshalb hat sich in den anderen Bundesländern kaum ein eigener Jargon entwickelt"

LAOLA1: Welche Unterschiede in der Fußballsprache können Sie in den einzelnen Bundesländern ausmachen?

Sedlaczek: Das Wienerische dominiert und hat den Dialekt stark beeinflusst, weil viele Jahre hindurch hauptsächlich in Wien eine Meisterschaft gespielt wurde. Deshalb hat sich in den anderen Bundesländern kaum ein eigener Jargon entwickelt, dort werden meist die wienerischen Ausdrücke verwendet. Mit ein paar Ausnahmen: In der Steiermark wird die wienerische Hösche (Fünf, sechs Spieler bilden einen Kreis und ein, zwei Spieler im Inneren müssen den Ball erobern, Anm.) „Flockerl“ genannt. Das Übungsspiel auf kleine Tore heißt in Oberösterreich „Hüttelpartie“. Unter „Ziagal“ versteht man ganz allgemein eine Oberschenkelzerrung, im Steirischen ist damit auch ein Ferserltrick gemeint.

LAOLA1: Die meisten Begriffe sind älteren Ursprungs. Entstehen heutzutage noch neue Mundartausdrücke im Fußball?

Sedlaczek: Junge Fußballer sagen heutzutage beispielsweise „Wuazn“ statt „Guakal“. In der Wiener Mundart ist ein Wuazn eine Person, die ausgenützt und an der Nase herumgeführt wird. Auch außerhalb der Fußballersprache entstehen im Wienerischen neue Ausdrücke, die man in alten Wörterbüchern naturgemäß nicht findet. Ein Beispiel: Die Straßenkehrer – und alle Mitarbeiter der MA48 – werden wegen der Farbe ihres Arbeitsgewandls „Karottenballett“ genannt. Solange eine Mundart in der Lage ist, neue Wörter zu kreieren, ist sie nicht tot. Das ist ein Zeichen, dass sie lebt.

LAOLA1: Wird Sprache zu wenig wertgeschätzt?

Sedlaczek: Heute wird viel mehr geschrieben als früher. Es gibt SMS, E-Mails und Blogs. Dort schreiben die Leute, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Sie kümmern sich nicht um Rechtschreibung, aber versuchen teilweise, Mundartausdrücke einzubauen, um originell zu sein. Jugendsprache dient auch der Abgrenzung. Dabei hilft die Mundart. Junge Österreicher freuen sich dann diebisch, wenn ein Deutscher sie nicht versteht.

LAOLA1: Welche sprachlichen Merkmale beobachten Sie in der Jugend?

Sedlaczek: Junge Fußballer verzichten zusehends auf Artikel und Pronomen. Vor allem jene, deren Muttersprache diese nicht kennt. Wenn ein Käfigspieler „Hau her Kugel“ sagt, kommt er rasch darauf, dass die anderen Spieler trotzdem verstehen, was gemeint ist. Das kultiviert sich in der Schule und dann sagen die Schulkollegen eben: „Gemma Lugner“ (Lugner City, Einkaufszentrum in Wien, Anm.). Diese Verkürzung ist von der Verständlichkeit kein Problem und kommt auch in der Mundart vor. Früher hat die Durchsage in der Stadtbahn gelautet: „Zug fährt Hütteldorf“, und das hat niemanden gestört. Die Sprache entwickelt sich immer weiter. Eine originale Luther-Übersetzung der Bibel ist heute nicht mehr zu verstehen. Durch den Einfluss der Medien verändert sie sich die Sprache noch viel schneller als früher. Manche meinen, die Sprache wird so kaputtgemacht. Ich sehe das unaufgeregt.

LAOLA1: Der „Dribblanski“ hat eine slawische Endung. Heute sagt man, dass der Balkan mehr Feintechniker als Österreich hat. Gibt’s hier einen sprachlichen Zusammenhang?

Sedlaczek: Nein, glaube ich nicht. Früher sind viele Spieler aus Prag nach Wien gekommen und haben Ausdrücke mitgebracht, die sich dann im Wienerischen durchgesetzt haben. Das Tschechische kennt ein stimmhaftes „B“, das für Deutschsprechende wie ein „W“ klingt. Als Wörter nach Österreich kamen, wurden das stimmhafte „B“ wie „W“ ausgesprochen. So wurde aus der „Buchtel“ die „Wuchtel.

"Schneckerl" Prohaska und "Arnie" Arnautovic.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Warum gibt es heutzutage weniger Spitznamen im Fußball?

Sedlaczek: Einige Spitznamen aus der Vergangenheit wären heute nicht politisch korrekt. Jemanden wie früher „Bimbo“ zu nennen, wäre heute nicht mehr publizierbar. Die Entstehungsgeschichte ist übrigens interessant. Die Spieler von SK Rapid sahen sich gemeinsam den Film „Wirbelsturm“ im Kino an. Weil ein Schwarzer beim Laufen eine ähnliche Figur wie Franz Binder machte, nannten sie ihn „Bimbo“. Der empfand das nicht als abwertend, war sogar stolz darauf, so genannt zu werden. Karl Sesztak (Mitglied des Wunderteams, auch als Karl Sesta bekannt, Anm.) würde man heute nicht den Spitznamen „Blada“ geben. Spitznamen mit abwertenden Ausdrücken werden heute in den Medien nicht akzeptiert. Was bleibt, sind Kurzbezeichnungen, zum Beispiel „Arnie“ für Arnautovic. Das sind keine echten Spitznamen - im Gegensatz zu „Goleador“ Hans Krankl oder „Schneckerl“ Prohaska. Zudem gibt es eine starke Nivellierung in den öffentlichen Aussagen der Fußballer. Bevor ein Fußballer vor die Fernsehkamera tritt, wird er meist vom Pressesprecher instruiert. Deshalb geben alle dieselben Floskeln von sich, die wenig aussagen: „Wir schauen immer nur auf das nächste Spiel.“ Oder: „Wir müssen die Niederlage analysieren und dann rasch abhaken.“

LAOLA1: Ist das ein Plädoyer für mehr Wiener Schmäh?

Sedlaczek: Peter Stöger ist nicht nur aufgrund seines Erfolges als Trainer populär. Er scheut sich nicht davor, seine österreichische Diktion zum Ausdruck zu bringen. Deshalb wird er in immer wieder in Fernsehshows eingeladen. Er ist authentisch und amüsant. Auch Niki Lauda scheut sich nicht, das Wort „Patschen“ zu verwenden, obwohl dann ein RTL-Kommentator übersetzen muss: „Wenn der Niki ,Patschen‘ sagt, dann meint er einen ,Plattfuß.‘“ David Alaba ist ein ähnlicher Fall. Seine Mutter stammt zwar von den Philippinen, sein Vater aus Nigeria, aber er ist in Wien geboren und mit dem Wienerischen aufgewachsen. In den Werbespots für ein Möbelhaus spricht er eine Umgangssprache, aus der das Österreichische durchklingt. Das macht ihn sympathisch, und deshalb ist er in der Werbung dermaßen gut einsetzbar.

LAOLA1: Wie wird sich die österreichische Fußballsprache zukünftig entwickeln?

Sedlaczek: Ich glaube, der Einfluss des Bundesdeutschen wird noch stärker werden. In der deutschen Bundesliga ist mehr Geld im Spiel und in Österreich saugt der Skisport Werbegelder ab. Dieses Geld fehlt dem Fußball. Interessant ist, dass der Skisport im Gegensatz zum Fußball keinen nennenswerten Jargon hat. Das ist das Schöne am Fußball. Er hat eine sprachliche Vielfalt in seinem eigenen Jargon entwickelt, über den man streiten und diskutieren kann.

Frauschaft oder Mannschaft?
Foto: © getty

LAOLA1: Apropos diskutieren. Bei der Fußball-EM der Damen wurden Teams öfters als „Frauschaft“ statt „Mannschaft“ bezeichnet. Was sagen Sie dazu?

Sedlaczek: Der ORF-Analyst Peter Hackmair hat das gesagt und ist deswegen in den Zeitungen heftig kritisiert worden. Natürlich gibt es im Damenfußball eine Torfrau, eine Kapitänin, eine Toptorjägerin und eine Rekordschützin. Und weil der Trainer sagt „Du darfst deiner Frau keinen Raum lassen, musst dicht an deiner Frau bleiben!“ heißt es auch „Fraudeckung“ und nicht „Manndeckung“. Aber das Wort „Mann-“ in „Mannschaft“ wird von seiner Bedeutung her nicht mehr wahrgenommen. Eine Mannschaft kann nur aus Männern, nur aus Frauen oder aus Frauen und Männern bestehen. Auch die österreichischen Fußballerinnen verwenden für ihr Team den Ausdruck „Mannschaft“. Hackmair hat übrigens auf die Kritik reagiert und schon in der Analyse des nächsten Spiels das merkwürdig klingende Wort „Frauschaft“ nicht mehr verwendet. Wenn Männer versuchen, feministischer als die Frauen zu sein, wirkt das ein wenig lächerlich.


Was darf bei einer guten Schulstunde nicht fehlen? Richtig, die Hausaufgabe: Kommentiere, welche österreichischen Fußballbegriffe du gerne verwendest. Welche Wörter aus Deutschland sind für dich mittlerweile selbstverständlich? Welche Begriffe aus Deutschland tun deinem „österreichischen“ Ohr weh?


DIENSTAG: Geographie

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