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Ehemaliger Marseille-Präsident Tapie gestorben

Frankreichs einst schillernde Fußball-Figur erlag einer Krebserkrankung.

Ehemaliger Marseille-Präsident Tapie gestorben Foto: © getty

Der frühere Chef des französischen Fußballclubs Olympique Marseille, Bernard Tapie, ist tot.

Wie französische Medien unter Berufung auf seine Familie berichten, starb der 78-Jährige an einer Krebserkrankung. Olympique schreibt auf Twitter, Tapie hinterlasse eine große Lücke im Herzen der Marseiller und werde für immer Teil der Clublegende sein. Auch außerhalb der Sportwelt war Tapie in Frankreich eine Bekanntheit.

Nach großen Erfolgen als Chef des Radsport-Teams La Vie Claire übernahm Tapie 1985 Olympique Marseille und führte den Traditionsclub aus einer jahrelangen Krise in eine Hochphase. Mit ihm als Präsident gewann OM vier Meisterschaften (1989-1992), 1993 als bis heute einziger Verein Frankreichs auch die Champions League.

Tapie war in Frankreich eine schillernde Figur, die aber auch jede Menge Negativschlagzeilen lieferte.

Nach dem Gewinn des fünften Liga-Titels mit OM in Folge kam 1993 heraus, dass Funktionäre vor dem Spiel gegen Valenciennes Schmiergelder gezahlt hatten. Der Titel wurde aberkannt, der Club 1994 in die 2. Liga strafversetzt. Ende der 1990er-Jahre folgte eine Haftstrafe unter anderem wegen Bestechung und Unterschlagung.

In den vergangenen Jahren stand Tapie auch aufgrund eines Gerichtsprozesses wegen mutmaßlicher Veruntreuung öffentlicher Mittel im Fokus.

Tapie wurde am 26. Jänner 1943 in Paris in einfache Verhältnisse geboren. Der studierte Ingenieur war auch als Schauspieler tätig. Während der Präsidentschaft seines Freundes Francois Mitterrand wurde er Minister für Städteangelegenheiten. Für kurze Zeit war der Geschäftsmann Eigner des Sportartikelherstellers Adidas.

Olympique-Fans feierten ihren Präsidenten Tapie als "Boss"

Ein Skandal um ein gekauftes Fußballspiel 1993 brachte Tapie zwischenzeitlich ins Gefängnis. Wegen der Schmiergeldaffäre wurde er Ende 1995 zu acht Monaten Haft verurteilt, dem Verein wurde eine Meisterschaft aberkannt und er musste in die zweite Liga.

Bei Olympique hatte Tapie indes bis zuletzt viel Unterstützung bei den Fans, die ihn "Boss" nannten.

In Deutschland war er vor allem als ehemaliger Adidas-Besitzer bekannt. Der Verkauf seiner Anteile an dem deutschen Sportartikelhersteller Anfang der 90er Jahre beschäftigte jahrelang Gerichte. Tapie hatte die Anteile 1990 gekauft und 1993 an die damals staatliche Bank Crédit Lyonnais verkauft. Als diese die Anteile mit großem Gewinn weiterverkaufte, fühlte sich der zu dem Zeitpunkt in der Privatinsolvenz befindliche Geschäftsmann betrogen und zog vor Gericht.

Tapie bekam 400 Millionen Euro Schadenersatz vom Staat

2008 bekam er von einem privaten Schiedsgerichts gut 400 Millionen Euro Schadenersatz vom Staat zugesprochen.

Das Urteil sorgte allerdings für einen politischen Skandal. Der Verdacht stand im Raum, dass die damalige Wirtschaftsministerin und heutige Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, im Auftrag des damaligen konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy keine Rechtsmittel eingelegt hatte. Tapie hatte Sarkozy vor seinem Wahlsieg 2007 unterstützt. Lagarde wurde 2016 wegen Beihilfe zur Veruntreuung von Staatsgeldern schuldig gesprochen, ging aber straffrei aus. Die juristische Aufarbeitung der Affäre dauert an.

Tapie hatte dennoch bis zum Schluss gute Beziehungen in die Politik. Premierminister Jean Castex lobte ihn als "Kämpfer" und einen "sehr engagierten Mann".

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