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Zehn Gebote für einen ÖFB-Erfolg in Wales

Der WM-Traum darf in Cardiff nicht platzen. Darauf kommt es an:

Zehn Gebote für einen ÖFB-Erfolg in Wales Foto: © GEPA

Showdown, erstes Endspiel, Vorentscheidung, Do-or-Die-Spiel - wie auch immer man Österreichs WM-Qualifikations-Gastspiel in Wales (ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) bezeichnen möchte, dieses Match ist wichtig - verdammt wichtig sogar.

Die Ausgangsposition ist bekannt: Beide Teams haben in der Gruppe D vier Punkte Rückstand auf Serbien und Irland, und die ausstehenden Begegnungen werden immer weniger.

"Es wäre gut, wenn wir gewinnen könnten", sagt daher auch ÖFB-Teamchef Marcel Koller in nobler, Schweizer Zurückhaltung.

LAOLA1 nennt zehn Gebote, auf die es in Cardiff ankommen wird:

DEN TRAUM AM LEBEN ERHALTEN:

"Ich glaube, dass wir allgemein gerade einen leichten bis mittleren Umbruch in der Mannschaft erleben. Für mich ist die WM ein Riesen-Ziel, der Fokus liegt auf Russland, es ist definitiv eine meiner letzten Chancen."

Julian Baumgartlinger

Das kurzfristige Ziel ist der Sieg in Wales. Um dieses zu erreichen, soll und muss das langfristige Ziel die ganz große Motivation sein. Es geht um die Teilnahme an einer WM. Blickt man den Tatsachen ins Auge, geht es für eine langgediente ÖFB-Generation um ihre vielleicht letzte Chance, sich diesen Traum eines jeden Fußballers zu erfüllen. David Alaba oder Marcel Sabitzer werden weitere Chancen bekommen, aber für andere Schlüsselspieler dieses vor nicht allzu langer Zeit noch als jung verkauften Teams ist es tendenziell die letzte Möglichkeit. Für Marc Janko definitiv, aber auch bei Sebastian Prödl, Martin Harnik, Julian Baumgartlinger oder dem diesmal fehlenden Zlatko Junuzovic ist es alles andere als gewiss, ob die WM 2022 noch eine Option ist - vorsichtig ausgedrückt, denn bei Turnierbeginn wären sie allesamt Mitte 30. Baumgartlinger, der im Jänner 30 wird, ist dies vollauf bewusst: "Ich glaube, dass wir allgemein gerade einen leichten bis mittleren Umbruch in der Mannschaft erleben. Seit der EM ist einiges passiert im Kader. Für mich ist die WM ein Riesen-Ziel, der Fokus liegt auf Russland, es ist definitiv eine meiner letzten Chancen." Dieser Traum soll nicht bereits am Samstag platzen.


(ENDLICH) GNADENLOSE ERGEBNISORIENTIERTHEIT ZEIGEN:

Diese Eigenschaft hat Österreich in der erfolgreichen EM-Quali ausgezeichnet. In der laufenden WM-Qualifikation ist sie zu sehr verloren gegangen. Prödl hat recht, wenn er sagt: "Bis dato war jedes Spiel sehr eng. Wir haben noch keinen Gegner vorgefunden, der stärker war als wir." Auch Koller hat recht, wenn er bezüglich der laufenden Kampagne findet: "Wir hätten jedes Spiel gewinnen können." Das hat die ÖFB-Elf aber nicht. Auch am Weg nach Frankreich gewann nicht jedes Spiel einen Schönheitspreis, der Zweck heiligte bisweilen die Mittel. In der aktuellen Quali steht Rot-Weiß-Rot bereits mit dem Rücken zur Wand - wie die "Ergebniskrise" beendet wird, ist egal, Hauptsache sie wird beendet. Auch Prödl weiß: "Wir sind in der Bringschuld, die verlorenen Punkte aufzuholen."

DIE (INDIVIDUELLEN) FEHLER ABSTELLEN:

Dieser rote Faden, der sich durch die ÖFB-Matches zieht, ist inzwischen schon recht lange. Freilich passierten nicht in jedem Match dumme Gegentore, aber in zu vielen. In Irland kostete eine Unachtsamkeit von Aleksandar Dragovic den Sieg, zu Hause ließ man sich gegen die Iren denkbar einfach auskontern, davor die Abwehrpannen in Serbien. "Zu Hause gegen Wales haben wir ein Gegentor aus einem Outeinwurf bekommen", erinnert sich David Alaba und fordert: "Wir müssen cleverer agieren." Und natürlich konzentrierter. "Ich habe noch keinen Spieler gesehen, der keinen Fehler gemacht hat – wir sind Menschen und keine Roboter. Aber wenn ein Fehler unterläuft, müssen wir als Mannschaft versuchen, ihn auszubessern", sagt Dragovic. Zur Ergebnisorientiertheit gehört auch, sich nicht selbst das Leben schwer zu machen.


DAS EIGENE SPIEL DURCHZIEHEN:

Dieses Vorhaben konnte man in dieser Vorbereitungswoche oft vernehmen: Wie in Irland den Kampf und die Insel-Härte annehmen - nur diesmal über 90 Minuten, gleichzeitig aber auch das eigene Spiel durchziehen. "Ich denke, spielerisch sind wir besser, also einfach den Ball flachhalten und nicht zu viele hohe Bälle spielen", gibt Martin Hinteregger die Marschroute vor, "dazu voll dagegenhalten, die Härte des Gegners annehmen." Koller erwähnt immer wieder die Spielweise der Hausherren, streicht aber gleichzeitig die eigenen Tugenden hervor: "Wir haben versucht, unsere spielerischen Qualitäten in den Vordergrund zu stellen."

DIE RICHTIGE BALANCE FINDEN:

Bei aller Konzentration darauf, das eigene Spiel durchzuziehen, wird die Rückwärtsbewegung sehr wohl ein wichtiger Faktor. "Wir müssen gegen ihre starke Offensive mit einer kompakten Defensive stehen und schnell hinter den Ball kommen", fordert Koller. Geduld und Cleverness sind hier weitere wichtige Schlagworte. Ein Sieg sollte her, aber den muss man nicht zwingend in den ersten Minuten sicherstellen. "Wir dürfen uns nicht locken lassen und das Risiko vielleicht zu hoch schrauben, weil es doch ein Auswärtsspiel ist. Da kann man auch mal dem Gegner den einen oder anderen Moment geben, um Risiko zu nehmen. Ein gutes Wechselspiel wird der Schlüssel sein", weiß Baumgartlinger. Mal ganz abgesehen davon, dass man nicht stets das Spiel machen muss, um zu Möglichkeiten zu kommen - auch das ergab die Analyse im Vorfeld. Baumgartlinger: "Wir haben gesehen, was im Umschaltspiel möglich ist, welche Chancen Georgien hier teilweise vorgefunden hat. Das stimmt uns zuversichtlich, dass wir genauso zu solchen Chancen kommen können."


BALE UND RAMSEY AUSSCHALTEN:

Gareth Bale und Aaron Ramsey sind vermutlich vor jedem Länderspiel von Wales die meistdiskutierten Namen im Lager des Gegners. Dass man dieses Duo besonders im Auge haben muss, versteht sich von selbst. Speziell Real-Star Bale gehört zu den größeren Namen im Weltfußball. "Es ist immer extrem schwierig, solche Spieler wie Bale in den Griff zu bekommen. Alleine wird das keiner schaffen, das müssen wir im Kollektiv angehen, wir müssen ihn immer doppeln", betont Hinteregger, "jeder weiß, was für einen Schuss er hat. Wenn er den Ball am linken Fuß hat, heißt es zu blocken, was geht, und zu schauen, dass er vielleicht öfter auf den rechten zieht." Hier setzt auch Dragovic an: "Bale ist brutal schnell und schießt auch gerne mal aus 20, 30 Metern drauf los. Wir müssen einfach seinen linken Fuß aus dem Spiel nehmen."

DAS CLEVERE KOLLEKTIV VON WALES KORREKT EINORDNEN:

"Eine sehr clevere Mannschaft, die genau weiß, wann es Risiko zu nehmen gilt und wann nicht. Diese Zeitpunkte sind sehr gut gewählt. Defensiv arbeiten alle mit und offensiv wissen sie ganz genau, welche Situationen sie abwarten müssen, um ihre Schlüsselspieler in die gefährliche Zone zu bringen."

Baumgartlinger über Wales

Bale und Ramsey stechen heraus, aber Fußball ist kein Einzelsport. "Das ist oft der Trugschluss, zu denken, dass viele Mannschaften auf ein, zwei Spieler zu reduzieren sind", sagt Baumgartlinger und streicht vor allem eine Qualität des Kollektivs der "Roten Drachen" hervor: "Eine sehr clevere Mannschaft, die genau weiß, wann es Risiko zu nehmen gilt und wann nicht. Diese Zeitpunkte sind sehr gut gewählt. Sie sind als Mannschaft sehr stabil, defensiv arbeiten alle mit und offensiv wissen sie ganz genau, welche Situationen sie abwarten müssen, um gefährlich zu werden und ihre Schlüsselspieler in die gefährliche Zone zu bringen." In der Video-Analyse des ÖFB tauchten auch Szenen von der EURO auf, auch wenn der Waliser Erfolgslauf in Frankreich schon über ein Jahr her ist - aus gutem Grund: Denn der Stamm spielt schon lange zusammen, versteht sich entsprechend blind, auch darauf beruht die clevere Taktung des Spiels. "Diese Automatismen, dieses Eingespieltsein - das sind große Stärken von Wales. Ich glaube, Joe Ledley ist das beste Beispiel dafür. Obwohl er vereinslos ist, spielt er immer und bringt auch gute Leistugen", verdeutlicht der ÖFB-Kapitän.


DIE STIMMUNG FÜR SICH NUTZEN:

In Irland ist es dem ÖFB-Team längere Zeit gut gelungen, dem lautstarken Publikum den Wind aus den Segeln zu nehmen beziehungsweise selbst Energie aus der überragenden Atmosphäre zu ziehen. Auch in Wales wartet diesbezüglich ein intensives Spiel. Das Prunkstück Millennium Stadium ist zwar offenkundig zu groß für diese Partie, weshalb das Spiel im rund 33.000 Zuschauer fassenden Cardiff City Stadium über die Bühne gehen wird - ein typisches, enges, britisches Stadion, in dem schnell mal gute Stimmung aufkommen kann. Die meisten ÖFB-Kicker sind es allerdings gewohnt, in gut besuchten Arenen zu spielen - die frühere Gefahr, sich vom gegnerischen Publikum beeindrucken zu lassen, sollte inzwischen längst gemindert sein. Auch Koller glaubt, dass man als Auswärtsteam an guter Stimmung partizipieren kann und meint ohnehin: "Es ist eh schöner, wenn es laut ist, als wenn es beim Fußball wie in der Kirche oder in der Oper zugeht."

DIE AUSGANGSPOSITION RICHTIG EINSCHÄTZEN:

Ein Sieg wäre die richtige Antwort auf alle Fragen zu den aktuellen Chancen auf eine WM-Teilnahme, das liegt ohnehin auf der Hand. Eine nicht unberechtigte Frage lautet jedoch auch: Soll Österreich wirklich alles riskieren, wenn es beispielsweise nach 75 Minuten noch Unentschieden steht? Der Teamchef spricht vom Vorteil, dass die beiden anderen Gruppen-Spiele schon um 18 Uhr stattfinden, man beim Anpfiff also weiß, wie es Irland in Georgien und Serbien zu Hause gegen Moldawien ergangen ist. Geht man von Favoritensiegen aus, wären drei Punkte umso ratsamer. "Alles andere ist der Situation geschuldet. Ist es notwendig, dass wir alles riskieren müssen, dann werden wir es wahrscheinlich tun. Wenn nicht, werden wir normal weitermachen", kündigt Koller an. Laut Wales handelt es sich bei diesem Showdown um ein klassisches Do-or-Die-Spiel. Baumgartlinger verweist jedoch darauf, dass die Waliser in der bisherigen Qualifikation in erster Linie versucht hätten, nicht zu verlieren: "Wenn wir zu früh versuchen, das Spiel zu gewinnen, spielen wir ihnen vielleicht in die Karten. Ich glaube trotzdem, dass wir wissen müssen, dass auch ein Punkt ein ordentliches Ergebnis sein kann - kein perfektes, aber ein ordentliches. Das allerletzte Risiko zu nehmen, wäre unsererseits sehr riskant."

DEN JOB DES TEAMCHEFS RETTEN:

"Ich bin schon länger dabei, ich bin auch schon mal weggeschickt worden. Daher weiß ich, was abgeht."

Marcel Koller

Koller ist es im Verlauf dieser Woche recht gut gelungen, den Fokus voll auf das Spiel zu richten und alle Nebengeräusche bestmöglich zu eliminieren. Der Hinweis, dass eine Niederlage für seine eigene Jobsicherheit nicht gerade zuträglich wäre, ist jedoch kein Störfeuer, sondern ein Fakt. Denn diese Personaldebatte würde es wohl oder übel geben. Das weiß auch der Schweizer: "Ich bin schon länger dabei, ich bin auch schon mal weggeschickt worden. Daher weiß ich, was abgeht. Aber darüber mache ich mir keine ernsten Gedanken, sondern das muss man annehmen, so ist das Geschäft. Aber ich will alles reinwerfen, was ich habe, um der Mannschaft zu vermitteln, was wir gegen Wales brauchen." Der Teamchef nimmt den Kampf um seinen Job also bereitwillig an, die Mannschaft soll selbigen retten, indem sie seine Vorgaben umsetzt. Ein umrühmliches Ende dieser Ära wäre tendenziell auch genauso schade wie das frühzeitige Platzen des WM-Traums.



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