"Ich sag' euch, was ihr schreiben sollt's!"
Wenn Marko Arnautovic Chefredakteur spielt, kann nur Klartext herauskommen. Seine emotionale Botschaft nach der 2:3-Pleite Österreichs in Serbien ist die folgende:
"Es war das dritte Spiel. Ich weiß, dass unsere Freunde, die Zeitungen, jetzt schreiben werden: 'Es ist vorbei!' Und wir sind wieder im alten Schema zurück. So ist es nicht! Ihr könnt das von mir aus schreiben, aber es ist nicht vorbei! Es wird weiter gehen und wir werden alles dafür geben!"
Die Medienschelte von Arnautovic inklusive überstürztem Abgang auf Video:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Arnautovic bricht Interview ab
Als ob ein Duell mit dem Heimatland seines Vaters nicht schon emotional genug für den 27-Jährigen wäre, war der Spielverlauf beim Gastspiel in Belgrad auch keine nervenschonende Angelegenheit.
Arnautovic stellte sich nach Spielschluss immerhin den Journalisten, brach die Gesprächsrunde jedoch nach folgendem Dialog mit einem TV-Kollegen ab:
Reporter: "Wenn man gegen Wales wieder das alte Quali-Gesicht gezeigt hat, welches Gesicht hat das Nationalteam heute gezeigt?
Arnautovic: "Fandest du es schlecht?"
Reporter: "Es war jetzt nicht gut."
Arnautovic: "Gute Antwort."
Daraufhin drehte der Wiener ab und ging in Richtung Kabine. Davor gab er selbst einige gute Antworten und agierte dabei selbstkritischer, als man nach diesem Dialog vermuten könnte.
"Man muss sich ein bisschen hinterfragen!"
Sein Fazit: "Wenn man in Serbien spielt und in drei Konter läuft, muss man sich ein bisschen hinterfragen! Aber wir hatten wieder genug Chancen. Wenn wir alle rein machen, gewinnen wir das Spiel. So sieht's aus!"
Arnautovic ließ nach seinem Doppelpack beim 2:2 gegen Wales diesmal die eine oder andere Möglichkeit aus. "Normalerweise muss ich die machen. Die Aktionen davor waren super und dann wilst du natürlich das Tor auch noch machen. Dann ärgerst du dich, wenn der Ball nicht reinfliegt. Ich glaube, ich hatte drei, vier Chancen, die ich machen kann. Es wollte einfach nicht sein."
Über die vergebenen Chancen in der Offensive wird nach dieser Partie aber naheliegenderweise weniger diskutiert als über die haarsträubenden Abstimmungsprobleme in der Defensive.
Serbien musste nur auf die Fehler des ÖFB-Teams warten. "Und das waren auch unsere Fehler!", stellte Arnautovic klar.
"Wir sind alle schuld!"
Schuldzuweisungen hält der Stoke-Legionär jedoch für völlig fehl am Platz: "Wir können Spekulationen machen, wie wir wollen. Es sind alle beteiligt! Nicht nur der Tormann, die Viererkette oder die zwei Mittelfeldspieler. Wir sind alle dafür verantwortlich! Wenn wir Tore bekommen, sind wir alle daran schuld und nicht nur ein, zwei oder drei Spieler. Wir müssen das gut analysieren und schauen, was wir besser machen können. Und in der Offensive müssen wir schauen, dass wir mehr Tore machen. Dann passt das auch wieder."
Abseits der Gegentore fand der Flügelspieler die rot-weiß-rote Leistung nicht so schlecht, hatte jedoch auch Verbesserungsvorschläge in Sachen Zweikampfverhalten parat:
"Normalerweise denkt man, das Auswärtsteam spielt auf Konter, aber diesmal hat das Heimteam auf Konter gespielt. Wir haben probiert, das Spiel zu kontrollieren und haben es auch kontrolliert. Aber wir brauchen da jetzt nichts schönreden. Ich sage, dass im Offensivbereich gute Ansätze vorhanden waren, in der Defensive müssen wir aber alle ein bisschen kompakter stehen. Wir dürfen keine Konter zulassen! Beim ersten Kontakt des Gegners müssen wir gleich voll drauf sein. Und das waren wir nicht! Aber wenn man das Spiel gesehen hat, kann man schon sagen, dass wir die bessere Mannschaft waren."
Als positive Erkenntnis war festzustellen, dass Arnautovic im Gegensatz zu seiner Befürchtung vom serbischen Publikum nicht ausgepfiffen, sondern respektvoll behandelt wurde. "Das muss ich ihnen hoch anrechnen, das war natürlich auch für mich überraschend. Aber im Spiel höre ich sowieso nichts und probiere mich auf den Fußball zu konzentrieren."
Peter Altmann