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Nationalstadion: Warum es tatsächlich eine "Trendumkehr" ist

Bundeskanzler Nehammer ist auf einmal für ein Nationalstadion. Dies kann ein billiger Wahlkampf-Gag sein. Vielleicht ist es aber auch eine echte Chance.

Nationalstadion: Warum es tatsächlich eine Foto: © GEPA

Billiger Wahlkampf-Gag oder die große Zeitenwende in Sachen Nationalstadion?

Wer glaubt, dass im Prater bald die Bagger anrollen, um mit dem Bau einer längst überfälligen Multifunktions-Arena zu beginnen, täuscht sich vermutlich.

Trotzdem ist es in Sachen Sport-Politik natürlich ein bemerkenswertes Signal, das Bundeskanzler Karl Nehammer mit seiner Ansage, dass ein neues Nationalstadion bis 2030 das Ziel sei, gesendet hat.

Eine andere Qualität

Ich weiß, ich weiß, es ist eine vermutlich eher schwierige Übung, aber starten wir den Versuch, dies parteipolitisch möglichst unvoreingenommen zu debattieren. Was bei dieser Übung helfen kann: Die Gewissheit, dass in dieser Causa bislang eh alle Parteien nix weitergebracht haben. Ausnahmslos.

Rot und Pink bilden die Wiener Stadtregierung, Schwarz erst mit Blau und zuletzt mit Grün die Bundesregierung – außer mal mehr, mal weniger netten Worten ist da wenig gewesen, was dem Projekt geholfen hätte.

Da hat es natürlich alleine schon des Amtes wegen eine andere Qualität, wenn sich der Bundeskanzler hinstellt und eine "Sport-Infrastruktur-Offensive" ankündigt.

Ja, 2024 ist ein Super-Wahl-Jahr. Die Chance, dass Nehammer bald nicht mehr Kanzler ist, ist durchaus gegeben.

Und außerdem und sowieso: Erst kommen in der Politik immer die Worte, auf die Taten heißt es oft lange – manchmal auch für immer – zu warten.

Warum Nehammers Ansage trotzdem eine "Trendumkehr" ist, um gleich mal das Wording von Wiens Sportstadtrat Peter Hacker zu verwenden – also demjenigen, den es politisch am meisten angeht?

Die vielleicht einmalige Chance auf einen Meinungsumschwung

Es ist die vielleicht einmalige Chance auf einen nachhaltigen Meinungsumschwung in dieser Causa.

Und selbiger ist notwendig, denn hinter den Verdacht einer populistischen Ansage Nehammers lässt sich hier ehrlicherweise ein großes Fragezeichen setzen, da der Wunsch nach einem neuen Nationalstadion im Volk nicht unbedingt mehrheitsfähig zu sein scheint.

Das ändert nichts daran, dass es - richtig aufgesetzt und nicht rein für den Fußball konzipiert - ein sehr sinnvolles Projekt für eine Weltstadt wie Wien sein kann.

Dies gehört dem Volk gegenüber gut und überzeugend begründet. Von wem? Hier hat sich die Besetzung mit 26. Jänner 2024 mit einem Schlag geändert:

  • Nun beispielsweise auch von der ÖVP. Wenn’s der Kanzler (und seine Spindoktoren) super findet, wird’s parteiintern plötzlich viele geben, die es eh schon immer super gefunden haben. Der Switch zurück zu einem Blockierer wird selbst bei einer Abwahl Nehammers zumindest schwierig, wenn man jetzt monatelang für ein Nationalstadion argumentieren will/darf/muss/soll.

  • Nun beispielsweise auch von der SPÖ, in der Hacker die Ansage Nehammers geradezu auffällig wohlwollend aufgenommen hat und von besagter „Trendumkehr“ gesprochen hat. Nun ist Hacker bislang nicht gerade als treibende Kraft in Sachen Neubau aufgefallen, aber diese Steilvorlage muss er im Sinne seiner Stadt ja fast nutzen. Wer will denn in der Stadt Wien noch ein Blockierer sein, wenn der Bund die Party mitbezahlen würde?

  • Wie schaut’s bei der FPÖ aus? Konkreter als einst Heinz-Christian Strache hat in den vergangenen Jahren keiner mit einem Nationalstadion geliebäugelt. Wie dies seine Nachfolge sieht, wird sich weisen.

Jetzt startet die Arbeit, Worte in Taten zu verwandeln. Dies kann mühsam sein. Vielleicht kann man die Hoffnung auch kommende Woche schon wieder zu Grabe tragen, wenn die Erkenntnis obsiegt, dass es sich eher um einen Wahlkampf-Gag gehandelt hat.

Trotzdem: Natürlich ist jetzt auch der Fußball-Bund am Ball.

Im ÖFB gibt es Personen, die sich an dieser Thematik nun schon einige Jahre lang vergeblich die Zähne ausgebissen haben. Das heißt nicht, dass jetzt ihre große Stunde gekommen ist.

Es heißt jedoch, dass man dieses Zeitfenster nutzen muss, um die Politik erstens beim Wort zu nehmen und zweitens die Erzählung, warum dieses Projekt alternativlos ist, so aufzusetzen, dass es die Bürger auch verstehen.


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