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Koller? ÖFB spielt in Teamchef-Frage auf Zeit

Präsident Windtner erklärt, wie der ÖFB in der Teamchef-Frage vorgeht:

Koller? ÖFB spielt in Teamchef-Frage auf Zeit Foto: © GEPA

Wie geht es nach der 0:1-Pleite in Wales mit Teamchef Marcel Koller weiter?

Dem ÖFB bleibt derzeit gar nichts anderes übrig, als ein paar Tage auf Zeit zu spielen, da am Dienstag noch das WM-Qualifikations-Spiel gegen Georgien ansteht. Danach soll eine zeitnahe Entscheidung getroffen werden.

"Das Dienstag-Match ist abzuwarten, bis dahin gibt es überhaupt kein Thema in diese Richtung. Danach wird man sich natürlich mit Marcel Koller zusammensetzen müssen, weil wir ja auch nicht wissen, was seine Absichten sind", erklärt ÖFB-Präsident Leo Windtner nach der Rückkehr nach Wien.

Die Video-Highlights von Wales-Österreich:

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Entscheidung noch im September

Diese Gespräche sollen dann laut Aussage des Oberösterreichers "nicht zögerlich, aber auch ohne Schnellschuss" abgewickelt werden.

Der Zeitplan des ÖFB-Bosses: "Man wird wahrscheinlich schon vor den Oktober-Länderspielen wissen müssen, wie es weitergeht. Ich glaube, das wäre vernünftig, aber das hängt von den Gesprächen mit Marcel Koller ab."

Der Fußballbund spielt vorerst also den Ball zum Schweizer, ob dieser überhaupt Chefcoach des Nationalteams bleiben will. Ob im Gegenzug der ÖFB mit Koller weiter zusammenarbeiten will, lässt Windtner unbeantwortet: "Da würde ich zuerst einmal den Dienstag abwarten. Es bringt überhaupt nichts, wenn ich mich jetzt schon exponiere."

Keine "Lame-Duck-Situation"

Der Vertrag mit dem 56-Jährigen läuft bis zum Ende dieser - so gut wie sicher - verpassten WM-Qualifikation. Es ist alles andere als auszuschließen, dass die Ära von Koller bereits mit dem Georgien-Match am Dienstag endet.

Denn sollten die Gespräche ergeben, dass der gegenseitige Wille zu einer Vertragsverlängerung fehlt, würde eine "Lame-Duck-Situation" bei den beiden abschließenden Qualifikations-Partien im Oktober gegen Serbien und in Moldawien für beide Seiten nur wenig Sinn ergeben.

Schon im November steht ein mehrtägiges Trainingslager in Südeuropa auf dem Programm - inklusive Testspiel am 14. November. Spätestens dann sollte für den Fall, dass sich Koller verabschiedet, der neue Mann in Amt und Würden sein.

Am Boden zerstörte Mannschaft

Wie Windtner pocht jedoch auch Sportdirektor Willi Ruttensteiner darauf, diesen Entscheidungsprozess erst mit kommenden Mittwoch in Gang zu setzen:

"Wir haben eine Mannschaft, die gestern wirklich am Boden zerstört war. So etwas wie beim Abendessen habe ich noch selten oder überhaupt nie erlebt. Jetzt ist es unsere Aufgabe, die Spieler aufzubauen, sonst ist am Dienstag kein Spiel von diesen Spielern möglich."

Willi Ruttensteiner

"Es ist jetzt nicht die Zeit, zu diskutieren, was man macht. Wir haben eine Mannschaft, die gestern wirklich am Boden zerstört war. So etwas wie beim Abendessen habe ich noch selten oder überhaupt nie erlebt. Jetzt ist es unsere Aufgabe, die Spieler aufzubauen, sonst ist am Dienstag kein Spiel von diesen Spielern möglich, denn wenn ich nicht mit Spaß und Freude beim Spiel bin, wenn ich nicht topmotiviert bin, kann ich keine Topleistung bringen. Wir sollten den Fokus jetzt darauf legen, sie wieder zu motivieren, aufzubauen und auf dieses Spiel am Dienstag vorzubereiten."

Alle anderen Diskussionen über den Teamchef seien zum jetzigen Zeitpunkt "unfair, weil ihn die Mannschaft jetzt braucht. Sie braucht auch einen Sportdirektor, einen Präsidenten und alle anderen rundherum, um die Mannschaft vorzubereiten."

Ruttensteiner spürt Kollers Feuer

Laut Ruttensteiner sei Koller jedoch immer noch der richtige Mann, um das Ruder wieder herumzureißen: "Er erreicht die Spieler mit hundertprozentiger Sicherheit, das kann ich bestätigen - in allen drei Lehrgängen des Jahres. Die Arbeit ist vielleicht sogar noch akribischer als im Jahr davor. Ich glaube, er hat nach wie vor eine Riesen-Freude, mit diesen Spielern zu arbeiten. In diesem Bereich deute ich überhaupt nichts Negatives."

Der Oberösterreicher geht sogar so weit zu sagen, dass bei Koller noch Feuer zu spüren sei: "Riesiges Feuer in dieser Woche. Er hat wirklich gestrotzt. Er hat an diesen Sieg geglaubt und auch an die Chance, sich zu qualifizieren. Dementsprechend groß war auch bei ihm die Enttäuschung."

Ein Topscorer fehlt

Fakt ist, dass sich in dieser Qualifikation weder das Feuer des Teamchefs noch die Motivation der Spieler in zählbare Erfolge ummünzen ließen. Woran man laut Windtner letztendlich gescheitert sei?

"Es ist daran gescheitert, dass wir nicht in letzter Konsequenz manche Spielstärken in Resultate umwandeln konnten, manche Individualschwächen in vermeidbare Gegentore durchgeschlagen haben und dass wir die knappen Resultate der Jahre 2014/15 eben 2016/17 in der Quali nicht mehr wiederholen konnten. Die Duelle mit Irland und Wales sind gute Beispiele. Es wären zwölf Punkte zu haben gewesen, wir bilanzieren mit zwei Punkten - wiewohl, wenn wir es konsequent gespielt hätten, durchaus neun oder zehn Punkte auch möglich gewesen wären."

Ob es wirklich immer nur an Kleinigkeiten gescheitert sei, werde man sich anschauen müssen. Laut Windtner sei es Fakt, dass das Glück etwas abhanden gekommen sei: "Das erkennt man an manchen Spielsituationen. Aber wir haben eben auch nicht die Entschlossenheit zu scoren. Leider ist Guido Burgstaller ausgefallen. Wir haben aktuell nicht jenen Topscorer, den wir jahrelang mit Marc Janko hatten."

Kein Neuanfang notwendig

Die genauen Gründe wird die Sportdirektion um Ruttensteiner aufzuarbeiten haben. Windtner fordert eine Analyse für das Präsidium ein: "Das ist klar, denn jeder Fan hat mitvollziehen können, dass wir immer knapp dran waren, aber wir sind am Sieg vorbeigefahren. Das kann man nicht als Schicksal hinnehmen, denn dafür haben wir eigentlich zu viel Qualität."

In diesem Jahrzehnt ging es mit dem ÖFB-Team längere Zeit bergauf, seit 2016 geht die Tendenz jedoch klar nach unten. Wie schwerwiegend der Rückschlag der verpassten WM-Qualifikation einzuordnen sei?

"Eine Nicht-Qualifikation ist natürlich ein Rückschlag, das ist klar, aber nicht so massiv, dass wir von vorne anfangen müssen, denn die Substanz der Mannschaft ist gut. Wir müssen uns wieder neu sammeln und aufstellen, und das noch heuer angehen, um im nächsten Jahr für die Nations League gerüstet zu sein."

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