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"Ihr werdet nie hören: Wir werden Europameister"

Die EM ist nah und doch so fern. Der ÖFB-Fokus liegt vor Albanien auf anderem:

So nah und doch so fern.

Die EURO. Im Prinzip dreht sich beim ÖFB dieser Tage alles um die Endrunde. Oder auch nicht.

Das Kräftemessen mit Albanien ist am Karsamstag der Startschuss in die Testspiel-Serie vor dem Großevent in Frankreich.

Die erste von vier Gelegenheiten, die Stammelf für die Gruppen-Begegnungen einzuspielen, das eine oder andere Experiment zu wagen und auch Akteuren aus der zweiten Reihe Nationalteam-Spielpraxis zu verschaffen.

Vorbereitung auf die EURO? Ja. Dennoch war Teamchef Marcel Koller in dieser Trainingswoche im burgenländischen Stegersbach bemüht, das Thema EM so gut es geht auszublenden.

Fokus auf das eigene Team

Sein Erfolgsrezept war schon in der Qualifikation stets das Denken von Spiel zu Spiel. Also warum damit aufhören? Der nächste Gegner heißt nun einmal Albanien.


Wiederholt betonte der Schweizer, dass er die Analyse der EM-Kontrahenten zwar vorbereitet habe, er sich Ungarn, Portugal und Island jedoch noch nicht genau angeschaut habe. Auch in seinem Fokus stand und steht zunächst der einstige Fußball-Zwerg, der sich erstmals für eine Endrunde qualifiziert hat.

Wobei der wahre Fokus in dieser Woche weniger am Gegner, sondern auf der eigenen Mannschaft lag.

„Da wir uns vier Monate nicht gesehen haben, wollten wir speziell auf uns achten. Wir haben dem Team natürlich im theoretischen Bereich mitgegeben, wie sich die Albaner verhalten und wie wir gegen sie spielen sollten, aber an unserer Idee grundsätzlich nichts verändert. Es ging darum, unsere Automatismen wieder abzurufen.“

Nach viereinhalb gemeinsamen Jahren würde dies inzwischen schneller gehen. Seine Schützlinge wüssten, worauf es ankommt.

"Ihr könnt nicht von uns erwarten, dass wir uns hersetzen und sagen – und das wollt ihr ja hören: ‚Wir werden Europameister!‘ Das werdet ihr nie hören!"

Marko Arnautovic

Belehrung von Arnautovic

Generell ist laut Koller für das ÖFB-Team auf Leistungsebene Kontinuität das Gebot der Stunde: „Je höher du kommst, desto dünner wird die Luft. Es wird schwieriger, noch große Fortschritte zu machen. Ich glaube schon, dass sich jeder Spieler und das gesamte Team noch steigern können. Aber zum jetzigen Zeitpunkt sollten sie sich stabilisieren, sodass wir die Leistung, die wir in der EM-Quali gezeigt haben, immer wieder abrufen.“

Gelingt dies, muss Fußball-Österreich vor der EM nicht bange sein. Was das Nationalteam in Frankreich tatsächlich erreichen kann, ist an diversen Fußball-Stammtischen eine viel diskutierte Frage, innerhalb des ÖFB-Teams jedoch eine Art Tabu-Thema.

Am eindrücklichsten verdeutlichte dies Marko Arnautovic. „Ihr könnt nicht von uns erwarten, dass wir uns hersetzen und sagen – und das wollt ihr ja hören: ‚Wir werden Europameister!‘ Das werdet ihr nie hören! Das wird nicht passieren!“, belehrte er die Medienvertreter.

Zum besseren Verständnis: Dasselbe gilt beispielsweise auch für das Viertelfinale. „Es wird auch keiner sagen: ‚Jungs, schreibt’s: Viertelfinale, wir sind dabei!‘ Aber wenn wir dann nicht das Viertelfinale erreichen, gibt’s Länge mal Breite.“

„Die anderen Nationen sind auch keine Nasenbohrer“

Die offizielle Sprachregelung wird also auch in den kommenden Monaten lauten, dass man, wie es Koller gebetsmühlartig wiederholt, nicht nur nach Frankreich reist, um dabei zu sein, sondern um etwas zu erreichen, dabei aber von Spiel zu Spiel schaut.

Gleichzeitig wird der Respekt vor den Kontrahenten großgeschrieben. „Die anderen Nationen sind auch keine Nasenbohrer, die nur dorthin fahren, um dabei zu sein. Die wollen auch weiterkommen“, betont Robert Almer.


Für Arnautovic ist zudem wichtig hervorzustreichen, dass die Entwicklung der ÖFB-Elf mit der EM-Teilnahme nicht ihren Höhepunkt erreicht.

„Leute, wir haben gerade begonnen!“, erklärt der Stoke-Legionär, „wir haben uns für etwas qualifiziert, das unser Ziel war. Wir können nicht sagen, wir hören auf mit unserem Weg und haben unseren Zenit erreicht. Das sicher nicht! Wir wollen noch einiges erreichen mit diesem Coach.“

„Damit wollen wir das Team nicht belästigen“

Dieser Coach wiederum stimmte seine Truppe in dieser Woche weniger sportlich, dafür jedoch organisatorisch auf die gemeinsamen Wochen vor und bei der EURO ein.

Zumindest habe man die eine oder andere Information über den Ablauf in Frankreich an die Spieler weitergegeben, allerdings eher dosiert. „Bei uns im Trainerteam oder im ÖFB läuft im Hintergrund sehr viel Planung, aber damit wollen wir das Team nicht belästigen. Das sind Dinge, die wir organisieren müssen. Wir versuchen, in Frankreich optimale Bedingungen zu schaffen, damit man sich wohl fühlen kann und rundherum alles passt“, erklärt Koller.

Für die Mannschaft würde es erst mit dem Start der unmittelbaren Vorbereitung richtig los gehen: „Dem Trainer-Team und mir ist wichtig, dass wir nicht zu früh zu viel bringen, weil das dann auch wieder vergessen wird.“

Inzwischen würde man nicht mehr Wochen brauchen, um die relevanten Informationen in die Köpfe der Spieler zu bekommen.

Höchste Konzentration gegen einen „unangenehmen Gegner“

Dies gilt es auch gegen Albanien zu beweisen. Koller bezeichnet die Nummer 35 der FIFA-Weltrangliste als Mannschaft, die in der Defensive sehr kompakt steht.

"Albanien zeichnet ihre Mentalität, dieses sehr aggressive und zähe Verteidigen, ihre wirklich körperliche Spielweise aus."

Julian Baumgartlinger

„Sie haben einen italienischen Trainer, da weiß man, dass sie taktisch sehr gut ausgebildet sind, dementsprechend schwierig wird es für uns werden. Ich habe mir alle Spieler ihrer EM-Qualifikation angeschaut, sie haben nicht viele Tore bekommen, aber auch nach vorne ihre Qualitäten, um einem Gegner weh zu tun. Sie können Fußball spielen, sind kräftig, robust und können sich wehren. Dementsprechend müssen wir bereit sein, dagegenzuhalten.“

Für Julian Baumgartlinger sind die Albaner eine „unangenehme Mannschaft“, gegen die man hochkonzentriert zu Werke gehen müsse: „Sie zeichnet ihre Mentalität, dieses sehr aggressive und zähe Verteidigen, ihre wirklich körperliche Spielweise aus. Zudem sind sie schnell und konterstark.“

Für Almer geht es zudem darum, weiter an der eigenen Leistung zu feilen: „Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann, die vielleicht noch nicht zu 100 Prozent funktionieren. Dafür sind Testspiele da, damit man sich den so genannten Feinschliff holt.“

Für die EURO natürlich. Die so nah und doch so fern ist.


Peter Altmann

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