news

Dragovic-Ziel: Darum ist Roter Stern Kultklub

Rassige Derbys, Serie-A-Legende, FAK-Connection - das ist Dragovic-Klub Roter Stern:

Dragovic-Ziel: Darum ist Roter Stern Kultklub Foto: © GEPA

Roter Stern Belgrad heißt also das neue Ziel von Aleksandar Dragovic.

Der ÖFB-Teamspieler mit aktuell den meisten Einsätzen aller rot-weiß-roten EURO-Teilnehmer (89) hat nach dem Vertragsende beim deutschen Bundesligisten Bayer Leverkusen eine neue Herausforderung in Serbien angenommen.

Aufgrund seiner serbischen Wurzeln sympathisierte der Ex-Austrianer schon immer mit dem Kultklub, der weit über die Grenzen bekannt ist und die Zuschauermassen anlockt. "Mit dem Transfer ist ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen", freut sich der Defensiv-Allrounder auf das Engagement beim Double-Sieger.

Dragovic erwarten bei Roter Stern in Zukunft nicht nur rassige Derbys gegen den ewigen Rivalen Partizan, sondern auch ein interessant zusammengewürfeltes Team, eine Serie-A-Legende als Trainer samt Austria-Connections und vor allem die Aussicht auf viele Titel, die gute Spieler von Legenden unterscheidet - wie Dragovic erst unlängst im LAOLA1-Interview den Vergleich mit Michael Jordan, Kobe Bryant oder Tom Brady zog.

LAOLA1 stellt den neuen Dragovic-Klub vor und zeigt auf, worauf sich der ÖFB-Verteidiger eingelassen hat:

GESCHICHTE:

Roter Stern Belgrad ist ein Traditionsverein, wurde im März 1945 gegründet und spielt seither durchgehend in der höchsten Spielklasse. Aus dem Belgrader Stadtteil Dedinje stammend, avancierte man mit 29 Meisterschafts- und 24 Pokalsiegen zum serbischen und jugoslawischen Rekordmeister sowie Rekord-Cupsieger.

Im ehemaligen Jugoslawien war Crvena Zvezda das Maß aller Dinge, der Krieg führte zum Ausverkauf der Mannschaft und zur Neuorientierung. Als Heimstätte dient der Hexenkessel "Stadion Rajko Mitic". Bis 2014 war die Betonschüssel unter dem Namen "Stadion Roter Stern" oder aber unter dem Beinamen "Marakana (von Belgrad)" bekannt, wurde 1963 eröffnet, 2008 und 2011 renoviert.

Früher zählte es zu den größten Stadien der Welt und fasste über 110.000 Zuschauer, mittlerweile ist eine Gesamtkapazität von 60.000 Zuschauern vorhanden. 2014 wurde es nach dem 2008 verstorbenen Rajko Mitic benannt, der 572 Spiele (262 Tore) für Roter Stern bestritt und als einer der größten Spieler und Trainer gilt.

ERFOLGE:

Über allem steht der größte Triumph der Vereinsgeschichte 1990/91: Der Gewinn des Europapokals der Landesmeister! Es war der vorletzte Titel, der im Vorgängerbewerb der UEFA Champions League vergeben wurde. Im Finale wies man Olympique Marseille nach einem 0:0 nach 120 Minuten mit 5:3 im Elfmeterschießen in die Schranken.

Stars wie Dejan Savicevic, Robert Prosinecki, Sinisa Mihajlovic oder Vladimir Jugovic wurden damals geboren, auch wenn Peter Pacult (FC Tirol) zusammen mit Jean-Pierre Papin (Marseille) Torschützenkönig in diesem Bewerb wurde. Dafür holte man anschließend noch den Weltpokal, da können zwei Mitropacup-Siege 1957/58 und 1967/68 nicht ganz mithalten. National ist Crvena Zvezda ohnehin das Maß aller Dinge - 11 Mal serbischer Meister, zuletzt vier Mal in Folge, dazu fünf Mal serbischer Pokalsieger.

Noch länger ist die Erfolgsliste jener Zeit, als Jugoslawien noch vereint war und sich Roter Stern 21 Mal zum jugoslawischen Meister und 19 Mal zum Pokalsieger krönte.

TRAINER:

Der zukünftige Trainer von Aleksandar Dragovic hat einen großen Namen - noch nicht als Coach, umso mehr jedoch als Spieler: Dejan Stankovic. Der nunmehr 42-Jährige wurde in Belgrad geboren, wuchs bei Roter Stern im Nachwuchs auf und sammelte seine ersten Profi-Erfahrungen zwischen 1994 und 1998 bei seinem Heimatklub.

Danach wurde er in Italien zur Ikone - zuerst sechs Jahre bei Lazio Rom von 1998 bis 2004 (137 Spiele/22 Tore), vor allem aber von 2004 bis 2013 in seinen neun Jahren bei Inter Mailand (231/29), wo er sich zum Champions-League-Sieger 2010, FIFA-Klub-Weltmeister 2010/11, fünf Mal zum Meister, vier Mal zum Cupsieger und vier Mal zum italienischen Superpokalsieger krönte.

Als Mittelfeldstratege war er gefürchtet, ebenso als Freistoß-Spezialist und Traumtor-Schütze - unvergessen bleibt sein Volley-Tor aus dem Mittelkreis im CL-Viertelfinale 2011 zwischen Inter und Schalke, gegen niemand geringeren als Manuel Neuer im Tor der Königsblauen. Als langjähriger serbischer Rekordteamspieler (103 Spiele) wurde er von Branislav Ivanovic überholt (105).

Nach seiner aktiven Karriere startete er als Co-Trainer bei Udinese Calcio unter Andrea Stramaccioni und war danach als Teamkoordinator für Inter sowie als Berater für die UEFA tätig, ehe er im Dezember 2019 bei seinem Jugendverein Roter Stern erstmals als Cheftrainer übernahm und prompt zwei Mal in Folge Meister wurde.

Dass Stankovic irgendwann auch als Trainer in Italien landen wird, scheint vorprogrammiert - womöglich nimmt er Dragovic dann mit. Einen interessanten Side-Fact gibt es auch noch: Stankovic ist seit dem Jahr 2000 mit Ana Acimovic, der Schwester des slowenischen Ex-Österreich-Legionärs Milenko Acimovic, verheiratet - mit dem Dragovic noch bei der Austria zusammenspielte.

DAS TEAM:

Trainer Dejan Stankovic setzt auf ein sehr erfahrenes Team mit zusätzlich jungen serbischen Talenten und Legionären. Mit seinen 30 Jahren fügt sich Dragovic in eine serbische Innenverteidiger-Gilde ein, die zwischen 25 und 31 Jahre alt ist, nur Nemanja Milunovic bildet eine Ausnahme (20). Auf einigen Positionen vertraut man Eigenbauspielern wie Andrija Radulovic (18), Zeljko Gavric (20), Veljko Nikolic (21) oder Marko Copic (17). Kapitän und Stammkepper Milan Borjan bringt einige Erfahrung aus den unterschiedlichsten Ligen mit, der gebürtige Serbe Milos Degenek hat 27 Länderspiele für Australien auf dem Buckel, Aleksandar Katai wurde nach vielen Jahren bei Olympiakos Piräus, Deportivo Alaves, Chicago Fire und LA Galaxy aus den USA zurückgeholt. Auch El Fardou Ben spielte lange für Olympiakos, als gebürtiger Franzose, der schon 24 Mal für die Komoren auflief, gilt er als exotischer Legionär. Axel Bakayoko (23) ist von Inter Mailand ausgeliehen, konnte sich dort aber noch nicht durchsetzen. Große Stars sucht man vergeblich, am ehesten sind dies noch die Italiener Filippo Falco (29) und Diego Falcinelli (29), die jahrelange Erfahrung in der Serie A mitbringen. Falco etwa bei Bologna und Lecce, Falcinelli auch bei Fiorentina, Sassuolo oder Bologna. Roter Stern kommt somit vor allem über das Kollektiv, der Name Dragovic würde aufgrund seiner bisherigen Stationen durchaus neuen Glanz bewirken.

BELGRADER DERBY:

Das "ewige Derby" ("Veciti Derby") zwischen Roter Stern und Partizan ist weit mehr als nur ein Fußballspiel zwischen den erfolgreichsten Klubs des ehemaligen Jugoslawiens und des jetzigen Serbiens. Die rivalisierenden Klubs wurden beide 1945 gegründet, Brisanz hatten die Duelle vor allem durch die unterschiedlichen politischen Ausrichtungen.

Auf der einen Seite wurde Roter Stern von Jugendlichen des "Vereinigten Bundes der antifaschistischen Jugend Serbiens" gegründet, Partizan hingegen geht auf Offiziere der jugoslawischen Volksarmee zurück, die den Verein nach den jugoslawischen Partisanen benannten.

Dementsprechend spannungsgeladen entwickelte sich dieses Duell über die Jahrzehnte und bot immer wieder Spielraum für gewaltbereite Fans und Ausschreitungen zwischen den beiden unterschiedlich orientierten Lagern. Beim bestbesuchten Belgrader Derby säumten über 108.000 Zuschauer die Ränge, auch sonst ist das Zuschauerinteresse für Südosteuropa immens.

ÖSTERREICH-CONNECTIONS:

Dragovic ist nicht der einzige Österreicher, der bei Roter Stern unter Vertrag steht. Srdjan Spiridonovic, 27-jähriger Wiener, besitzt bei den Belgradern noch einen Vertrag bis 2023, war seit Jänner jedoch in die Türkei zu Genclerbirligi verliehen. Der Offensivspieler durchlief die Rapid- und Austria-Jugend und kennt aus dieser Zeit auch Dragovic, auch wenn er selbst damals noch bei den FAK-Amateuren war. Über Italien, die Admira, Panionios und Pogon Stettin landete Spiridonovic in Serbien.

Einen weiteren Legionär gab es mit Michael Petrovic Ende der Siebziger-Jahre. Er besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und war als Spieler von Sturm Graz zwischen 1985 und 1993, als Trainer der Sturm Amateure und der Profis von 2003 bis 2006 bekannt. Eine weitere Verbindung zu Österreich herrscht zwischen jenen Roter-Stern-Helden, die im Europapokal der Landesmeister triumphierten.

Dejan Savicevic geigte nach dem AC Milan und einer zweiten Ära in Belgrad beim SK Rapid, Vladimir Jugovic streifte nach Stationen in Italien (Sampdoria, Juventus, Lazio, Inter), Spanien (Atletico) und Frankreich (Monaco) das Admira-Trikot über.

DUELLE MIT ÖSTERREICHISCHEN KLUBS:

Neun Mal kreuzte Roter Stern die Klingen mit rot-weiß-roten Vertretern, gegen Ried (2018: 2:0), LASK (2018: 3:1) und Austria (2019: 3:0) handelte es sich jedoch nur um Freundschaftsspiele. Gegen den SK Rapid setzten sich die Belgrader 1962/63 in der 1. Runde des UEFA-Cups durch. Nach einem 1:1 in Wien mussten sich die Grün-Weißen auswärts mit 0:1 geschlagen geben.

Ebenfalls nicht in bester Erinnerung sind spannende Duelle mit RB Salzburg. Im Playoff zur Champions-League 2018/19 holte Salzburg zwar auswärts ein 0:0, im Rückspiel vergab man jedoch mit einem 2:2 die Chancen auf die Königsklasse. Schon Jahre zuvor scheiterte Austria Salzburg 1976/77 in der 2. UEFA-Cup-Runde nach einem 2:1-Heimsieg noch durch ein 0:1 in Belgrad.

Kommentare