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Como 1907: Fußball zwischen Hollywood, Disney und Dolce Vita

Como 1907 verbindet Fußball mit Geld, Glamour und großen Ambitionen – ein Projekt zwischen indonesischen Investoren, Hollywood und der Fußball-Belle-Etage.

Como 1907: Fußball zwischen Hollywood, Disney und Dolce Vita Foto: © getty

Der Comer See im Norden Italiens gilt seit Jahrhunderten als Treffpunkt für Adel und Prominenz.

Der glitzernde See, umgeben von schneebedeckten Gipfeln und pittoresken Villen, übt eine Faszination aus, die schon zahlreiche italienische Schriftsteller in ihren Büchern festhielten. Stars wie George Clooney oder Lady Gaga sind hier regelmäßig anzutreffen, die Landschaft wurde mehrfach zum Filmset. Vergleiche mit der Amalfiküste oder den Cinque Terre muss Como nicht scheuen.

Doch inzwischen sorgt die Gegend nicht nur landschaftlich für Schlagzeilen. Seit einem Jahr mischt die Region wieder in der Belle Etage des italienischen Fußballs mit. 2024 schaffte der ortsansässige Como 1907 den Aufstieg in die Serie A und feierte damit nach mehr als 20 Jahren die Rückkehr ins Oberhaus.

Eine Geschichte über große Ambitionen, Dolce Vita und Finanzspritzen aus Indonesien.

Fàbregas führt Como zurück

Im Mai 2024 war es offiziell: Como 1907 kehrt in die Serie A zurück. Dem Klub aus dem Norden des Landes genügte am letzten Spieltag ein Remis gegen Cosenza, weil der Tabellendritte Venezia FC bei Spezia Calcio mit 1:2 verlor.

Nach mehr als 20 Jahren kehrte der Traditionsverein damit ins italienische Oberhaus zurück – hinter Meister Parma und vor starken Serie-B-Klubs wie Venezia, Sampdoria oder Palermo.

Mittendrin mit Ex-Austria-Kicker und U21-Teamspieler Matthias Braunöder auch ein Österreicher. Zur Rückrunde aus Wien nach Italien gewechselt, trug er trotz Startschwierigkeiten maßgeblich zum Aufstieg bei. In der Serie-B-Saison 2023/24 stand er in 13 Partien auf dem Platz und ging nur einmal als Verlierer das Feld.

Einen noch größeren Anteil am Aufstieg hat der Spanier Cesc Fàbregas, ehemaliger Weltmeister und zweifacher Europameister. 2022 wechselte er zum Klub, ein Jahr später beendete er dort seine Spielerkarriere und übernahm zunächst einen Posten als Jugendtrainer. Innerhalb weniger Monate wurde Fàbregas zum Cheftrainer befördert.

Fàbregas brachte nicht nur erstmals überregionale Aufmerksamkeit nach Como, sondern professionalisierte den Verein und führte einen neuen spielerischen Ansatz ein. Zudem zog sein Name Spieler an, die sonst vermutlich eine andere sportliche Zukunft gewählt hätten.

Dank Fàbregas und zahlreicher namhafter Neuzugänge konnte Como sein Image als graue Maus ablegen. Lange Zeit galt der Klub in Italien als klassischer Fahrstuhlverein zwischen den unteren Ligen des Landes.

Mehrfach schaffte man in der Klubgeschichte zwar den Aufstieg in die Serie A, langfristig etablieren konnte man sich jedoch nie. In den vergangenen zehn Jahren meldete der Verein dreimal Insolvenz an, zuletzt 2017.

Weltmeister Cesc Fabregas ist bei den Lombarden als Cheftrainer tätig.
Foto: © getty

Millionengelder aus Indonesien

Dass der Klub nun groß träumen kann, verdankt er einem indonesischen Brüderpaar: Budi und Bambang Hartono, die den Verein 2019 für wenige Hunderttausend Euro kauften.

Innerhalb von fünf Jahren führten sie den kriselnden Klub aus der viertklassigen Serie D in die höchste Spielklasse. Die Hartonos, die in den 1960er-Jahren mit Nelkenzigaretten reich wurden, gehören heute zu den wohlhabendsten Unternehmern Indonesiens.

Forbes schätzt ihr Vermögen auf rund 45 Milliarden Dollar – kein anderer Klubbesitzer in Italien ist reicher. Gleichzeitig zeigt kaum ein Eigentümer weniger Interesse am Fußball, weshalb die Brüder Mirwan Suwarso als Klubpräsidenten einsetzten und ihm die Verantwortung für das Projekt Como übertrugen.

Der Fokus unter seiner Führung lag klar auf einem Mittel: Geld.

In der Aufstiegssaison 2023/24 investierte Como rund zehn Millionen Euro in neue Spieler. In der folgenden Serie-A-Saison stiegen die Ausgaben auf fast 100 Millionen Euro – damit hatte der Aufsteiger die sechsthöchsten Transferkosten der Liga. Zum Vergleich: Mitaufsteiger Parma und Venezia gaben 55 beziehungsweise 22 Millionen Euro aus. Auch Topklubs wie Inter Mailand oder Lazio Rom blieben darunter.

Namhafte Neuzugänge

Unter den Neuzugängen am Comer See waren Weltmeister Raphael Varane, Ex-Barca-Kapitän Sergi Roberto sowie Nico Paz aus der Jugendabteilung von Real Madrid. Für Maxence Caqueret von Olympique Lyon zahlte Como 15 Millionen Euro – die höchste Ablöse der Transferperiode.

Der souveräne Klassenerhalt – Como schloss die abgelaufene Saison als Zehnter ab – erscheint vor diesem Hintergrund in einem anderen Licht. Nichtsdestotrotz machten sich die Lariani in der Liga auch durch ihre attraktive Spielweise einen Namen. Wenig verwunderlich, dass Fabregas als Cheftrainer mit Neo-Real-Coach Xabi Alonso verglichen wurde und im Sommer auf dem Radar von Klubs wie RB Leipzig oder Leverkusen stand. 

Auch in dieser Saison investierte Como erneut viel Geld. 104 Millionen Euro an Ablöse flossen bisher in neue Spieler, darunter Ex-Rapidler Nicolas Kühn, Jesus Rodriguez von Real Betis, Alvaro Morata und Ignace Van der Brempt von RB Salzburg. Auffällig ist dabei die Vorliebe von Coach Fabregas für spanische Spieler: Zehn Profis im aktuellen Kader besitzen einen spanischen Pass.

Aus dem Aufstiegskader stehen derzeit noch zwölf Spieler im Kader der Lombarden, die meisten davon Leihrückkehrer. In der kommenden Saison dürfte jedoch keiner von ihnen eine zentrale Rolle spielen – der Klub und seine Ambitionen sind ihnen entwachsen.

Auch Matthias Braunöder bekam das zu spüren: In der vergangenen Spielzeit kam der Österreicher nur auf acht Einsätze in der Serie A, in diesem Sommer folgte die Leihe zum Zweitligisten SSC Bari. Eine Zukunft am Comer See hat er wohl nicht.

Hollywood-Star und Golden-Globe-Gewinner Hugh Grant (Mitte) neben Como-Verteidiger Raphael Varane (Links).
Foto: © getty

Zwischen Disney und Seidenbier

Die Eigentümer hegen mit dem Klub zwar große sportliche Ambitionen - die Rede ist von der Champions League und einer Wachablöse im italienischen Fußball - sie sehen Como allerdings nicht nur als Fußballklub, sondern auch als Wirtschafts- und Prestigeprojekt.

Um ihn herum soll sich eine gesamte Industrie entwickeln. Der Verein pflegt teure Partnerschaften, die bis ins Londoner Harrods reichen. Als Trikotsponsor wirbt das Unternehmen "Uber", das lokale Bier La Comasca, ein Projekt von Klubpräsident Suwarso, wird mit Seide gefiltert.

Auf den Tribünen sind bei Heimspielen nicht selten Hollywoodstars anzutreffen. Unter anderem verfolgten bereits Keira Knightley, Hugh Grant oder Andrew Garfeld Patrick Cutrone und Co. auf der Ehrentribüne beim Kicken.

Um neben der großteils internationalen Anhängerschaft auch in der lokalen Bevölkerung Anerkennung zu gewinnen, möchte der Verein die Bindung zur Region künftig stärken. So spendete Como der Gemeinde 2022 einen sechsstelligen Betrag für die Renovierung alter Sportanlagen und Schulturnhallen. Zudem verpflichtete sich der Klub, bis 2025 ausschließlich mit lokalen Lieferanten zusammenzuarbeiten.

"Wir nehmen uns Disney zum Vorbild. Gemeinsames Marketing und Merchandising mit der Stadt und der Region. Ein Park am See mit einem modernen Stadion und Unterhaltungsmöglichkeiten während der ganzen Woche", erklärte Klubpräsident Suwarso 2024 in einem Interview mit der "Gazzetta dello Sport" die Ambitionen der Vereinsführung. "Wir haben das Potenzial, den Wert des Klubs auf eine Milliarde Dollar zu steigern", ergänzte der Präsident im selben Interview.

Altes Stadion, große Pläne

Das Stadio Giuseppe Sinigaglia wurde 1927 eröffnet und soll in den nächsten Jahren modernisiert werden.
Foto: © getty

Die Heimat des Klubs befindet sich am südlichen Ende des Sees und ist für die Zukunft des Projekts mitentscheidend. Dort, unweit des Bahnhofes, der den Comer See mit der Millionenstadt Mailand verbindet, steht mit dem Stadio Giuseppe Sinigaglia wohl eine der schönsten Fußballarenen der Welt. Das Stadion liegt direkt am See, umringt von einem Schwimmbad und einem Yacht- sowie einem Ruderklub. Von der Tribüne aus bietet sich ein Blick auf die Alpen und den See.

Aktuell stellt das Sinigalia aber noch ein Gegenbild zu den großen Ambitionen des Klubs dar. Die Anlage ist alles andere als modern und entspricht dem typischen Charme eines alten italienischen Stadions. Nur die Haupttribüne ist überdacht, mit rund 13.600 Plätzen gehört das Stadion zu den kleinsten der Liga. Lediglich in die Heimstätte von Aufsteiger Pisa passen weniger Fans.

Das soll sich allerdings ändern. Der Klub plant eine umfangreiche Neugestaltung der traditionsreichen Spielstätte, die bis 2028 modernisiert werden soll. Zukünftig soll auch die Stadionkapazität den großen Ambitionen des Vereins entsprechen. 

Das modernisierte Stadion ist ein weiterer Schritt auf dem langfristigen Weg des Vereins, Como sowohl sportlich als auch infrastrukturell an die Spitze zu führen. Damit der Comer See international nicht mehr nur mit seiner Hollywood-Prominenz und der malerischen Landschaft, sondern auch mit Fußball auf höchstem Niveau in Verbindung gebracht wird.

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