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Griechenland-Chaos! Canadi: "Sind alle in Pflicht"

Wie Damir Canadi Skandale in Griechenland erlebt und mit Atromitos Erfolg hat.

Griechenland-Chaos! Canadi: Foto: © GEPA

Damir Canadi ist im Sommer ausgezogen, um Neuland zu entdecken.

In Österreich hat er von der Wiener Liga jede Stufe bis hin zur Bundesliga genommen, auch wenn das vorläufige Ende in seiner Heimat nach den Erfolgen mit Altach beim SK Rapid wenig zufriedenstellend war.

Mit Atromitos Athen schaffte er auf Anhieb die Sensation, qualifizierte sich für den Europacup und wurde verlängert. Doch das Chaos bis hin zum Liga-Stopp beeinträchtigt die griechische Liga: "Wir sind alle in der Pflicht!"

LAOLA1 traf Canadi zum Interview: Warum in dieser Saison mit Atromitos sogar mehr drin war, wie der 48-jährige Wiener die Skandale sowie das Image Griechenlands bewertet und warum die Champions League das nächste logische Ziel für ihn ist.

LAOLA1: Es hat Sie im Sommer nach Griechenland zu Atromitos Athen verschlagen. Wie hat sich dein Leben seither verändert?

Damir Canadi: Mein Leben hat sich grundsätzlich nicht verändert. Ich bin Fußballtrainer, habe mich 2008 entschieden, im Profibereich zu arbeiten. Es war ein Ziel, irgendwann im Ausland zu arbeiten. Das macht mir auch Riesenspaß, ich habe dort eine tolle Aufgabe übernommen. Wir sind jetzt alle einmal glücklich darüber, dass wir den großen Traum vom Verein, nächste Saison im Europacup sein zu dürfen, erreicht haben und wir wollen uns qualifizieren. Dabei haben wir uns schon das nächste Ziel gesteckt, dass wir nächstes Jahr vielleicht in der Gruppenphase teilnehmen können. So werden wir uns auch weiterhin verhalten. Es geht im Fußball einfach um Erfolg, so versucht man dann seine Ziele zu erreichen.

LAOLA1: Neues Land, neue Leute, neue Kultur, neue Leute – wie lange haben Sie gebraucht, um sich dort so richtig einzuleben?

Canadi: Im Fußball ist es nicht schwer, sich einzuleben. Es ist überall gleich, die Sprache ist Englisch. Heutzutage kannst du mit den jungen Spielern gut kommunizieren, deshalb war der Übergang überhaupt nicht schwer. Ich denke, dass wir, in Unterstützung mit Eric Orie, einige Sprachen abdecken. Nicht nur Deutsch und Englisch, sondern es sind ja sehr viele Ausländer in den verschiedenen Mannschaften dort und wenig Griechen eigentlich. Von daher war es relativ leicht.

LAOLA1: Wie schaut es mit ihren Griechisch-Kenntnissen aus?

Canadi: Sie beschränken sich auf einfache Dinge, wie Danke, Auf Wiedersehen oder Guten Morgen. Aber sonst bewegt man sich auf Englisch dort.

LAOLA1: Atromitos hat eine sensationelle Saison gespielt, Sie sind teilweise sogar Tabellenführer gewesen. Für ganz oben hat es nicht gereicht, aber Sie wurden starker Vierter – nur einen Punkt hinter Olympiakos. Denkt man sich trotzdem: Da wäre diese Saison noch mehr drin gewesen?

Canadi: Definitiv! Wir haben einen sehr guten, zielstrebigen und erfolgreichen Fußball gespielt. Wir sind dort auch ausgezeichnet worden für unseren Spielstil, der nach vorne hin sehr attraktiv war. Wir haben ein paar Spiele gehabt – vor allem zu Hause -, wo wir dann zu viele Unentschieden gemacht haben und wo definitiv mehr möglich war. Wir sind das zweitbeste Auswärtsteam (nur ein Punkt Rückstand auf AEK) und hätten zu Hause mit ein paar Punkten mehr vielleicht noch die Champions-League-Plätze angreifen können. Aber daraus werden wir lernen, das werden wir mitnehmen und versuchen, das gut zu analysieren und nächste Saison besser zu machen.

LAOLA1: Welchen Stellenwert hat es für den Verein und für Sie, mit einem kleineren Verein wie Atromitos in den Europacup und ins Cup-Viertelfinale zu kommen?

Canadi: Für unseren Verein hat es natürlich einen großen Stellenwert. Ich denke, dass die griechische Liga eine gute ist, mit sehr vielen individuell guten Spielern – eine sehr harte, laufintensive Liga. Für uns alle war es eine Bereicherung – egal, ob für die Spieler, uns Trainer oder den Verein -, dass wir dieses große Ziel, diesen Traum geschafft haben. Die Fluktuation ist im Trainerbereich sehr groß in Griechenland, es sind heuer an die 20 Trainer in der 16er Liga gewechselt worden. Daran sieht man auch, wie eng dort alles ist. Griechenland ist auch ein sehr spannendes Land in Bezug auf die Fans und wie sie Fußball leben. Auch da hat man natürlich sehr viel mitnehmen können und ich denke, daran reife auch ich als Persönlichkeit, als Mensch und nimmt aus einem anderen Land sehr viele Dinge mit.

LAOLA1: Wo reihen Sie diesen Erfolg in ihrer Karriere ein?

Canadi: Genauso, wie jeden anderen! Es war jeder Erfolg ein schöner Erfolg. Es war schön, wenn man Wiener-Liga-Meister geworden ist, es war ein schöner Erfolg, in der Regionalliga ganz vorne mitzuspielen, der Aufstieg in die Erste Liga, von dort in die Bundesliga. Ich habe alle Ligen durchgemacht, habe eine sehr gute Lehrzeit gehabt. Jetzt nehme ich in den letzten vier Jahren zum dritten Mal mit meinen Mannschaften am Europacup teil. Das ist natürlich schön und man sieht, dass Luft nach oben ist. Die Champions League wäre noch ein großer Traum und dort soll es hingehen.

LAOLA1: Ihr Vertrag wurde trotz der hohen Fluktuation um ein Jahr bis 2019 verlängert. Ist es eine besondere Ehre in Griechenland, dass der Verein so zufrieden ist und verlängert?

Canadi: Ob es eine Ehre ist oder nicht – es hat für beide Seiten gepasst. Beide Seiten profitieren davon und das ist entscheidend. Ich fühle mich dort sehr wohl, habe dort eine gute Mannschaft, ein tolles Kollektiv, eine tolle Unterstützung vom Sportdirektor, der mich auch riesig unterstützt hat, vor allem in Bezug auf griechische Spieler, die ich nicht so gut gekannt habe, wie ich hingekommen bin. Dazu gibt es den Präsidenten, der uns auch sehr unterstützt, sehr korrekt ist, den Fußball liebt und auch so lebt. Ich denke, das war für beide Seiten eine tolle Geschichte.

LAOLA1: Hätten Sie auch andere Angebote gehabt oder war für Sie klar, dass Sie bleiben, wenn es der Verein will?

Canadi: Du beginnst einen Weg und willst diesen auch zu Ende bringen. Jeder, der meine Karriere verfolgt, weiß: Ich war beim FAC lange Zeit, vier Jahre Trainer, ich war bei Altach vier Jahre Trainer. Irgendwann geht der Weg auseinander als Trainer und Verein, das ist auch immer ganz klar. Es gibt ganz wenige Arsene Wengers und Alex Fergusons, die so lange im Trainergeschäft bleiben können und dürfen. Gespräche gibt es im Fußball natürlich immer wieder, die werden auch nicht aufhören. Das macht es auch spannend unter dem Strich. Für mich war es jetzt mal wichtig, dass wir nächstes Jahr im Europacup und wieder international sind. Dort haben wir wieder eine tolle Plattform, um uns alle zu beweisen.

LAOLA1: Es ist ja nie ruhig in Griechenland! Es hat sogar einen Liga-Stopp gegeben. Wie haben Sie diese Zeit wahrgenommen und hätten Sie gedacht, dass es überhaupt weitergeht?

Canadi: Ja, absolut! Griechenland lebt von Emotionen. Es ist dann auch schön, wenn du in Stadien spielst mit 30.000, 40.000 oder 50.000 Leuten, die begeistert sind. Gerade die Großklubs wie PAOK, Olympiakos, AEK Athen oder Panathinaikos haben schon eine tolle Energie in ihren Stadien. Der Liga-Stopp war natürlich für das Image ganz, ganz schlecht. Der Grieche an sich versucht die drei Punkte zu holen. Es ist ihnen egal, wie sie zustandekommen – ob das am Platz, mit einem Punkteabzug oder beim Anwalt passiert. Es ist ihnen ziemlich egal, es geht ihnen um Erfolg. Deswegen gibt es dann solche Aktionen, die natürlich für keinen lässig sind. Aber im Grunde genommen, wird es dort nicht so heiß gegessen, wie es dann vielleicht im Ausland transportiert wird.

Das ist so und nicht angenehm, wenn man von Fans beworfen wird. Ich denke, auch der Revolver gehört nicht dorthin, aber der Präsident selber ist an sich ein guter Präsident, der sehr viel in den Verein investiert hat. Er ist ein Oligarch, der natürlich auch zum Selbstschutz eine Waffe bei sich trägt. Das gehört nicht auf den Fußballplatz, man will ja nichts entschuldigen. Das war auch für mich ein Schock, wie ich das gesehen habe. Aber man muss dann auch ein paar Hintergründe wissen.

Canadi über die Skandale in Griechenland

LAOLA1: Trotzdem wurde Coach Oscar Garcia verletzt, der PAOK-Präsident rennt mit Waffe aufs Spielfeld. Muss man als Trainer Angst haben?

Canadi: Also grundsätzlich waren das zwei verschiedene Spiele. Dass Garcia verletzt wurde, gehört sich natürlich nicht und wünscht sich keiner, dass man von irgendwelchen Geschossen getroffen wird. Ich denke, trotz allem war es nicht ganz so schlimm, wie es transportiert worden ist und auch die Verletzung war nicht ganz so groß. Wir haben das alles dort miterleben können. Das hätte man alles anders abhandeln können. Da wurden auch Entscheidungen getroffen, die dann über den Anwalt gelaufen sind. Das ist so und nicht angenehm, wenn man von Fans beworfen wird. Ich denke, auch der Revolver gehört nicht dorthin, aber der Präsident selber ist an sich ein guter Präsident, der sehr viel in den Verein investiert hat. Er ist ein Oligarch, der natürlich auch zum Selbstschutz eine Waffe bei sich trägt. Das gehört nicht auf den Fußballplatz, man will ja nichts entschuldigen. Das war auch für mich ein Schock, wie ich das gesehen habe. Aber man muss dann auch ein paar Hintergründe wissen. Trotz allem hat er für den griechischen Fußball sehr viel Gutes getan, hat ein Stadion, ein Trainingszentrum gebaut und fast über 200, 300 Millionen in den Verein hineingesteckt und lebt auf einem anderen Niveau mit Leibwächtern. Es wird oft nur mit ein einem Satz transportiert und man sollte dann auch ein paar Hintergründe wissen.

LAOLA1: Es gibt Punkteabzüge, für österreichische Verhältnisse niedrige Geldstrafen. Ist das genug, um dieses Problem irgendwann in den Griff zu kriegen oder sind auch die Vereine in der Pflicht?

Canadi: Wir sind alle in der Pflicht! Spieler, Trainer, Funktionäre, Präsidenten – wir sind alle in der Pflicht, dass wir das Image des griechischen Fußballs wieder auf ein anderes Niveau heben. Auch Journalisten, die darüber berichten. Fakt ist, dass wir uns anders verhalten müssen. Auch Schiedsrichter sind in Griechenland immer wieder ein großes Thema. Da haben alle, die in dieser Liga arbeiten, die Pflicht, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit es besser wird. Das ist nicht von einer Person abhängig, sondern von allen, die in diesem Getriebe mitarbeiten. Ich denke aber, diese Skandale gibt es nicht nur in Griechenland, sondern passieren auch in Österreich - Fehlentscheidungen oder Wurfgeschosse im Wiener Derby zwischen Rapid und Austria. Auch in England und Frankreich habe ich es dieses Jahr gelesen. Es passiert ja überall. Und dafür sind wir alle zuständig, dass es einfach im Fußball ruhig bleibt, dass Familien kommen können, dass es ein Fest wird und eine Unterhaltung ist – so wie es sich einfach für den Fußball gehört.

LAOLA1: Es ist natürlich schon so, dass die Skandale samt Punkteabzügen den sportlichen Wettbewerb verfälscht, die Außenwirkung ist fatal. Sie haben die Sicht nach innen und relativieren schon ein bisschen. Wird das wirklich zu heiß gekocht?

Canadi: Man muss auch die Gesamtsituation sehen. Dort ist es auch politisch für die Menschen nicht einfach. Die Krise hat etwas ausgelöst – Arbeitslosigkeit, sehr niedrige Gehälter, das hat auch etwas mit der Politik zu tun. Diese Emotion wird dann in das Fußballstadion hineingebracht. Das ist das Rundherum-Wissen, dass ich jetzt auch habe, davor habe ich es auch von außen beurteilt. Deswegen war ich am Anfang gar nicht so erpicht, in die griechische Liga zu wechseln. Es hat ja doch einige Zeit gedauert, bis ich mich entschieden habe, dorthin zu wechseln. Es geht um die Gesamtsituation. Der Fan selber, der dann solche Dinge tut, ist ja mit allem unzufrieden, mit seinem privaten Leben und das bringt er ins Stadion – und das will keiner sehen. Aber am Ende des Tages gehört es nicht zum Anwalt, es sollte alles sportlich auf dem Platz passieren. Das ist diese Aufgabe, die wir alle zu erledigen haben.

LAOLA1: Bei Atromitos Athen ist alles ruhig, die Fans brav. Ist auch das ein wichtiger Baustein für den Erfolg?

Canadi: Ja, wir sind ein Arbeiterverein, die Fans stehen hinter uns. Wir haben heuer auch eine tolle Emotion entfacht und auch große Spiele mit toller Begeisterung gehabt. Unsere Fans sind sehr ruhig, aber bei uns sind es auch nicht 40.000 oder 50.000 sondern 6.000 oder 7.000 Fans. Da passiert dann weniger.

LAOLA1: Was muss passieren, dass die nächste Saison auch erfolgreich wird und Sie ihre Ziele mit der Europacup-Gruppenphase erreichen?

Canadi: Das werden wir jetzt sehen. Wir wissen auch, dass es schwierig wird, gerade die Doppelbelastung wird wieder ein großes Thema sein. Wie können wir den Kader aufstellen? Wie viele Spieler werden wir dann brauchen? In dieser Planung stecken wir gerade. Wir werden dann im Mai, Juni versuchen, die Mannschaft mit dem Sportdirektor so zu adaptieren, dass sie dann auch zweigleisig fahren könnte. Ich weiß noch nicht, was möglich ist. In Griechenland passiert die Planung auch nicht vor sechs Monaten, sondern die beginnt jetzt – also auch sehr kurzfristig. Wir müssen jetzt einfach schauen, was möglich ist für uns und was wir umsetzen können. Trainingslager haben wir in Österreich – darauf freuen wir uns schon. Das werden wir im Montafon in Vorarlberg abhalten. Das ist auch nicht normal für so einen Verein, aber der Präsident hat uns das ermöglicht. Jetzt freuen wir uns einfach über diese Dinge. Aber es wird wieder eine Riesenherausforderung, darüber brauchen wir auch nicht reden.

LAOLA1: Wie reizvoll wäre es, in der Europa League auf Rapid zu treffen?

Canadi: Das ist genauso ein Verein, wie jeder andere auch. Wir wollen in die Gruppenphase, unabhängig davon gegen wen wir dann spielen. Für mich als Österreicher wäre es natürlich gegen jeden österreichischen Verein schön, weil es einfach dieses Heimatgefühl geben würde. Aber an sich ist es mir ziemlich egal, gegen wen wir dann auftreten oder spielen müssen. Wichtig ist, dass wir dann unsere sportlichen Ziele erreichen.

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