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"Ancelotti spricht sehr viel mit mir"

Friedl ist eher kein Linksverteidiger mehr und will beim FCB durchstarten.

Im April hat es Marco Friedl auf die Titelseite des Kirchbichler Gemeinde-Blattes geschafft. Der 19-Jährige ist der berühmteste Sohn der Ortschaft nahe Kufstein, die gerade einmal 5.737 Einwohner zählt.

Wobei Friedl genaugenommen schon seit einigen Jahren nicht mehr in dem Tiroler Ort lebt. Seine Heimat ist das wesentlich mondänere München, sein Verein der FC Bayern, unbestritten einer der größten der Welt.

Und der junge Österreicher ist drauf und dran, von einer eher lokalen Berühmtheit, die gewiss Fußball-Interessierten in ganz Österreich schon ein Begriff ist, zu einem Namen zu werden, von dem Fußball-Fans weltweit gehört haben.

"Das war eines meiner schönsten Erlebnisse"

Das erste halbe Jahr 2017 ist für den Defensivspieler nämlich ausgezeichnet gelaufen. Anfang Jänner durfte er – wie schon ein Jahr davor – mit ins Trainingslager der Profis, Ende Jänner saß er gegen Werder Bremen erstmals in der Bundesliga auf der Bank und Mitte März unterzeichnete er einen Profi-Vertrag bis Sommer 2021.

„Es war aufregend. Es war schön, da bei den Profis mal reinzuschnuppern, bei den Spielen dabei zu sein und all das zu erleben. Bei der Meisterfeier hautnah dabei zu sein, war für mich als jungen Spieler eines meiner schönsten Erlebnisse“, berichtet der Youngster.

In der neuen Saison ist Friedl fixer Bestandteil der Profis. Am 1. Juli beginnt das Training, am 15. Juli geht es im Telekom-Cup gegen Gladbach, Werder und Hoffenheim und danach geht es zum Trainingslager nach China mit Spielen gegen Arsenal, Milan, Chelsea und Inter. Friedl ist endgültig mittendrin, statt nur dabei.

VIDEO: Das Bayern-Quiz!

(Artikel wir dunter dem Video fortgesetzt)


Wobei er sich an das Training mit einigen der besten Fußballer dieses Planeten schon gewöhnt hat. Einfach ist es aber noch lange nicht: „Die sind alle auf einem Top-Niveau, da ist es gegen gar keinen einfach. Arjen Robben ist ein Musterbeispiel dafür, wie man trainiert, wie man Gas gibt und wie man sich vorbereitet.“

Gespräche mit Ancelotti

"Es stimmt zwar nicht, dass Robben nur einen Haken hat, aber dieser eine Haken ist der beste auf der Welt"

Und wie ist es nun, gegen Robben zu verteidigen, wenn der Niederländer zu seinem berühmten Haken ansetzt? Friedl lacht: „Es stimmt zwar nicht, dass er nur einen Haken hat, aber dieser eine Haken ist der beste auf der Welt.“

Nicht minder begeistert ist der ÖFB-U21-Teamspieler von seinem Trainer Carlo Ancelotti: „Der Trainer spricht sehr viel mit mir und gibt mir fast nach jedem Training Tipps. Das hilft mir persönlich sehr viel weiter. Er ist ein sehr korrekter Mensch. Wenn es mal ein Problem gibt, kann man jederzeit zu ihm gehen. Er passt optimal zum FC Bayern. Es sind alle Trainingseinheiten mit viel Spaß verbunden. Aber wenn er ernst wird, wissen wir Spieler auch, dass wir uns mehr fokussieren müssen. Es ist eine gute Mischung.“

Ancelotti und der Rest der sportlich Verantwortlichen sind jedenfalls überzeugt von Friedls Qualitäten. „Wir trauen ihm zu, sich beim FC Bayern durchzusetzen“, sagte Co-Trainer Hermann Gerland bei der Vertragsverlängerung. „Da musste ich nicht lange drüber schlafen oder groß überlegen, als mir der Profi-Vertrag angeboten wurde“, grinst der Tiroler und erklärt, „ich bin sehr glücklich, dass der Klub mir diese Chance und diese Rückendeckung gibt.“

Ungewöhnlicher Aufstieg

Und das kurioserweise, obwohl er noch kein einziges Mal für die Amateure des deutschen Rekordmeisters gespielt hat. Friedl ist direkt von der U19 zu den Profis aufgestiegen.

„Normal ist das nicht der Fall. Uns wurde aber vor der Saison gesagt, dass wir bei den A-Junioren eine sehr, sehr gute Mannschaft haben und diese Mannschaft zusammenbleiben soll. Das haben wir unter der Saison auch unter Beweis gestellt“, sagt er.

Tatsächlich hat das Nachwuchs-Team der Bayern die süddeutsche Meisterschaft geholt und in der bundesdeutschen Meisterschaft erst im Finale im Elferschießen gegen die Altersgenossen von Borussia Dortmund verloren. „Für jeden einzelnen von uns war es etwas, das wir so noch nie erlebt haben. 34.000 Zuschauer im Signal-Iduna-Park – das war einzigartig. Das werde ich mein Leben lang nie vergessen“, erinnert sich der Verteidiger, der in seiner Freizeit gerne Tennis spielt, trotzdem gerne an das Endspiel.

Bald kein Linksverteidiger mehr?

Friedl 2013 als Nachwuchsspieler

Klingt ganz so, als ob sich da ein Spieler entwickelt, der über kurz oder lang ein Thema im ÖFB-Team wird. U21-Teamchef Werner Gregoritsch sagt jedenfalls: „Mit ihm habe ich eine große Freude. Da wächst schon ein Spieler heran, der im Nationalteam anschlagen kann.“

Und auf der Linksverteidiger-Position herrscht bekanntlich Handlungsbedarf. Doch dafür muss noch einiges Wasser die Isar herunterfließen. Und außerdem sehen die Bayern den jungen Mann offenbar sowieso auf einer anderen Position als auf jener, auf der er in den vergangenen Jahren ausgebildet wurde.

„Bei den Profis trainiere ich hauptsächlich Innenverteidiger. Da plant mich der FC Bayern ein. Ich komme mit der Position sehr gut zurecht, sie gefällt mir. Ich kann mir jeden Tag im Training von Top-Spielern abschauen, wie man es auf dieser Position am besten macht. Da kann man nur dazulernen“, berichtet Friedl.

Lachender Nachsatz: „Als ich Stürmer war, hätte ich mir nie gedacht, dass ich mal als Defensivspieler zur U21-Nationalmannschaft fahre.“ Doch der nunmehrige Leverkusen-Coach Heiko Herrlich hat ihn – zunächst nur wegen Verletzungssorgen – vor einiger Zeit zum Linksverteidiger umfunktioniert. Im ersten Jahr in der U19 hat der Kirchbichler zudem einige Male als Sechser fungiert.

Doch eine Leihe?

Wo auch immer, will Friedl 2017/18 sein Profi-Debüt geben. „Ich hoffe schon, dass ich in diesem Jahr zu meinen Einsätzen komme“, meint er. Neben David Alaba, mit dem ihn seit vielen Jahren eine Freundschaft verbindet, gibt es noch einen zweiten Österreicher, zu dem er aufsieht.

„Mit Alessandro Schöpf schreibe ich ab und zu. Er hat gezeigt, wie man es macht, wie man arbeiten muss, um belohnt zu werden. So einen kann man sich schon als Vorbild nehmen.“

Nicht auszuschließen, dass Friedl auch einen Umweg gehen muss. Er berichtet: „Wir reden ab und zu im Verein über eine mögliche Leihe, aber es gibt noch nichts Konkretes.“

Wenn es im zweiten Halbjahr 2017 so gut läuft wie im ersten, wird Marco Friedl jedenfalls auch außerhalb Kirchbichls vielen Menschen ein Begriff sein.

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