Die Trainer-Ära von Franco Foda bei Sturm Graz ist nach der 0:1-Niederlage bei der Austria offiziell beendet.
Nun blicken die "Blackies" gespannt der im neuen Jahr beginnenden Amtszeit von Heiko Vogel entgegen. Die Ausgangsposition als Winterkönig ist eine hervorragende, ein Selbstläufer ist dies jedoch nicht, wie Austria-Spieler-Felipe Pires erinnert:
"Altach hat letzte Saison unter Damir Canadi auch einen super Herbst gespielt. Dann war Canadi weg und sie waren im Frühjahr nicht mehr so konstant."
Das ist noch recht freundlich formuliert. Die Vorarlberger überwinterten mit 42 Punkten zwei Zähler vor dem FC Red Bull Salzburg an der Tabellenspitze, in den 16 Frühjahrs-Runden unter Neo-Coach Martin Scherb kamen nur elf weitere Punkte dazu.
Schon auf das Salzburg-Debakel folgte kein Einbruch
Sturm spielte als Winterkönig mit 44 Punkten einen noch besseren Herbst als Altach im Vorjahr, der Vorsprung auf die "Bullen" beträgt einen Zähler. Ein noch größeres Polster vergaben die Steirer im Happel-Stadion.
"Wir wollten unbedingt die drei Punkte holen, weil es ein wichtiges Spiel für uns war. Das ist uns leider nicht gelungen. Aber jetzt werden wir uns gut erholen, im Frühjahr greifen wir wieder an", betont Deni Alar, der nicht glaubt, dass Sturm außer Tritt gerät:
"Die Mannschaft hat einen unglaublichen Charakter, das hat sie das ganze Jahr gezeigt. Vor der Saison hätten uns nicht viele zugetraut, dass wir so einen Herbst spielen. Nach dem Salzburg-Spiel hat auch schon jeder gesagt, dass wir jetzt abstürzen. Wir sind jedoch weiter marschiert und haben gezeigt, dass wir verdient ganz oben stehen."
Auf das 0:4-Debakel in Salzburg Mitte November folgten vier Siege in vier Bundesliga-Spielen - eine Serie, die erst bei der Austria zu Ende ging.
Wie groß ist die Titel-Chance?
Der große Meister-Favorit bleibt für viele der Titelverteidiger aus Salzburg, aber nicht nur Foda weist gerne darauf hin, dass eine Chance für die Grazer da ist. Wenn es darum geht, selbige einzuordnen, gibt es durchaus unterschiedliche Herangehensweisen.
Marvin Potzmann hält den Ball verbal eher flach: "Vom Meistertitel braucht man nach 20 Spielen nicht zu reden, wir haben ja noch 16 Runden vor uns. Es heißt nach einer guten Vorbereitung weiter von Spiel zu Spiel zu schauen. Das ist zwar eine Floskel, aber es ist im Endeffekt so. Du kannst nichts erzwingen, wenn du sagst, dass du Meister werden willst. Was hilft es dir, dass du nach 20 Runden oben stehst, wenn du die nächsten 16 Runden verpatzt?"
Alar traut sich dennoch ein wenig in die Offensive: "Wir sind Erster. Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn wir ins Frühjahr gehen und sagen, unser Ziel ist, dass wir Dritter oder Zweiter werden. Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen. Wenn es möglich ist, wollen wir natürlich ganz oben stehen."
Wichtige Transferzeit
"Wir probieren natürlich alles, dass wir zusammenbleiben und reden auch als Spieler untereinander. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass irgendeiner gehen will."
Um überhaupt vom Titel träumen zu können, sollte in der Winter-Transferzeit nichts schief gehen. Vor einem Jahr verließen mit Uros Matic und Bright Edomwonyi zwei Leistungsträger den Verein, deren Abgänge nicht wunschgemäß kompensiert werden konnten.
"Das habe nicht ich zu entscheiden. Das muss der Verein sagen, dass alle da bleiben sollen. Wenn wir etwas erreichen wollen im Frühjahr, wäre das natürlich wichtig", verdeutlicht Alar.
Laut dem Goalgetter müsse jeder Spieler selbst entscheiden, ob er einen Wechsel anstrebe oder nicht. Ein wenig einwirken könne man als Kollege jedoch schon: "Wir probieren natürlich alles, dass wir zusammenbleiben und reden auch als Spieler untereinander. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass irgendeiner gehen will."
Mit Foda geht ein wichtiger Teil
Der einzige, der gehen wollte, ist bis dato der Trainer. "Sicher tut es weh, wenn man sieht, wie wir eine Mannschaft geworden sind und zusammengehalten haben, und jetzt geht ein wichtiger Teil. Aber das ist im Fußball so, das ist das Geschäft. Man muss dem Trainer gratulieren, dass er diese Chance bekommen hat", meint Potzmann im Hinblick auf Fodas Abschied.
Laut Meinung des Allrounders habe man gerade im Herbst die Wertigkeit des zukünftigen Teamchefs gesehen: "Im vergangenen halben Jahr sind wir taktisch viel variabler geworden, waren nicht mehr so ausrechenbar. Durch sein intensives und akribisches Training hält er die Qualität in der Mannschaft sehr hoch."
Es wird an Vogel liegen, besagte Qualität hoch zu halten oder im Idealfall weiter zu verbessern. Foda meint nicht zu Unrecht, dass man seinem Nachfolger zugestehen müsse, in Ruhe arbeiten und seine eigenen Ideen einbringen zu können.
Auch Potzmann findet nicht, dass der neue Coach zwangsläufig Fodas eingeschlagenen Weg weiterführen müsse: "Neuer Trainer, neue Philosophie. Er wird uns seinen Plan sicher erzählen und in der Vorbereitung erarbeiten, was er sehen will. Wenn es ähnlich wie bisher ist, ist es gut. Wenn es anders ist, ist es auch gut."
Auch der "alte" Trainer keine Frühjahrs-Garantie
Das Beispiel Altach hat 2016/17 gezeigt, dass es schief gehen kann, wenn man als Winterkönig gezwungen ist, mit einem neuen Betreuer ins Frühjahr zu gehen.
Gleichzeitig sollte man nicht vergessen, dass Sturm selbst die Erfahrung machen musste, dass auch die Weiterarbeit mit dem "alten" Trainer keine Garantie für ein erfolgreiches Frühjahr ist.
Die Grazer überwinterten vor einem Jahr nur drei Punkte hinter Altach, eine durchwachsene Rückrunde später trennten die Steirer 21 Punkte von Meister Salzburg.