Zur Pause des Duells mit der Austria noch um die Teilnahme an der Meister-Gruppe gezittert, beim Schlusspfiff nach einem 1:0-Sieg plötzlich Dritter.
Das Wellental der Gefühle in den letzten Stunden, Tagen, Wochen und Monaten hat beim SK Sturm Graz durchaus Spuren hinterlassen.
"Vom Kopf her ist die Erleichterung extrem groß, emotional muss ich es erst verdauen. Es wird ein bisschen dauern, zumindest eine Nacht, bis die Anspannung abfällt", freut sich Geschäftsführer Sport Günter Kreissl.
"Jetzt haben wir es geschafft. Dewegen werden wir heute alle recht gut schlafen und morgen ein bisschen anders aufwachen."
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Eine monatelange Nervenschlacht
Nicht nur die Spieler des SK Sturm standen in der jüngeren Vergangenheit unter Druck, auch der Sportchef selbst.
Beginnend mit der turbulenten Transferzeit im vergangenen Sommer bis hin zu den Umständen der Trennung von Trainer Heiko Vogel musste sich auch Kreissl für ihn bis dahin ungewohnte Kritik gefallen lassen.
"In Wahrheit kann ich jetzt schon sagen: Der Druck, den auch ich selbst spüre, geht seit vergangenen Mai oder Juni - seit unsere Mannschaft aus dem Vorjahr ein wenig zerbröckelt ist", gesteht der 44-Jährige und meint weiter.
"Du versuchst das aufzufangen, du kämpfst und kämpfst und kämpfst immer, denn natürlich willst du oben dabei bleiben - und es war jetzt eine richtige Nervensache. Die Runden, seit Roman Mählich da ist, waren bis heute eine Nervenschlacht."
Massiver Druck: Sturm soll nun befreiter aufspielen
Kreissls große Hoffnung ist, dass die "Blackies" nun befreiter aufspielen können: "Ich hoffe, dass sich die Mannschaft noch mehr entfalten kann, jetzt wo der Druck ein bisschen weniger ist, da dieser ominöse Strich nicht mehr da ist. Auch gegen die Austria waren viele Ansätze gut. Wir haben uns drei, vier wirklich gefährliche Situationen herausgearbeitet. Aber es schaut schon so aus, dass dieser Druck massiv auf den Spielern und dem ganzen Verein lastet, weil wir uns in eine Situation gebracht haben, in der bis zur letzten Minute nicht klar war, ob wir die Meister-Gruppe schaffen."
Der verringerte Druck soll sich vor allem im Spiel nach vorne bemerkbar machen. "Ich hoffe, dass wir uns jetzt unter anderem mit dem Toreschießen leichter tun", meint Kreissl.
"Denn es ist mir schon bewusst, dass ein Mitgrund, warum wir viel liegen gelassen haben, war, dass wir in engen Situationen die Tore nicht gemacht haben, manchmal auch an guten Torhütern gescheitert sind. Gegen die Austria hat Kollege Pentz in der ersten Hälfte auch ein, zwei wirklich gute Bälle gehalten. Trotzdem: Wenn du Selbstvertrauen hast, geht es leichter. Wir hatten in dieser Saison noch nie einen richtigen Lauf, wo du sagen könntest, dass das Selbstvertrauen in dem Ausmaß da ist, dass du gewisse Situationen leichter löst."
Ein verdienter Dritter?
Sturm startet nun als Dritter in die Meister-Gruppe. Entspricht diese Platzierung den tatsächlich gezeigten Leistungen?
Kreissl meint ehrlich: "Was die gezeigten Leistungen betrifft, würde ich Nein sagen, denn es sind einfach in diesem Jahr sehr viele Mannschaften auf einem ähnlichen Level. Es ist kein Zufall, dass du in einer Runde zwischen Rang 3 und Rang 7 switchen kannst. Ich nehme denn dritten Platz schon mit, er ist kein Fehler, aber wir wissen das schon einzuschätzen. Wir werden uns auch in den nächsten Wochen in jede Partie reintigern müssen."
Das Potenzial, auch am Ende der Meisterschaft den dritten Platz einzunehmen, sieht der Geschäftsführer Sport jedoch sehr wohl:
"Wir haben die Möglichkeit, weil ich nicht so viele Mannschaften sehe, bei denen ich sage, dass sie automatisch über uns zu stellen sind. Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht so, dass wir über diesen Mannschaften stehen. Es ist eine sehr enge Geschichte. Aber die Chancen sind durchaus intakt, dass wir uns gut platzieren."
Liga-Format? "Alleine der heutige Tag war unglaublich"
Die nächsten Ziele sieht Kreissl jedoch ein wenig platzierungsunabhängiger: "Gut schlafen, erleichtert aufwachen und dann das Maximum aus dem Kader rausholen, den Verein weiterentwickeln, zusammenhalten, das Trainertem weiter unterstützen, die Spieler fordern in allem, was sie tun - und immer darauf vertrauen, dass am Schluss das rauskommt, was man sich verdient hat."
Man darf gespannt sein, in welchem mentalen Zustand sich Sturm in den kommenden zehn Runden präsentieren wird. Der subjektive Druck durch die Teilung nach dem Grunddurchgang war riesig, objektiv begrüßt Kreissl die Auswirkkungen des neuen Bundesliga-Formats:
"Für uns alle war es anstrengend, aber das Liga-Format hat sich sehr bewährt, was die Spannung betrifft. Alleine der heutige Tag war unglaublich. Aber für alle Beteiligten gilt: Wenn du deine Hausaufgaben nicht rechtzeitig machst, ist es natürlich stressig - und das haben wir in diesem Jahr ein wenig verpasst."
Kennenlernphase noch nicht abgeschlossen
Welche Auswirkungen der Druck auf die Qualität der Liga hatte, traut sich Kreissl nicht zu beurteilen: "Ob die Qualität gestiegen ist? Ich würde Nein sagen. Ob es weniger geworden ist, traue ich mich aber auch nicht sagen."
Seiner Meinung nach befinden sich alle Vereine noch in der Kennenlernphase des Formats: "Ich bin mir nicht sicher, ob es in den nächten Jahren auch so läuft, denn ich glaube, wenn das erste Mal eine Mannschaft aus dem unteren Playoff am Schluss mit einem geilen Finish in einem europäischen Bewerb steht, dann wird man vielleicht auch ein bisschen den großen Respekt davor, in welcher Gruppe man ist, ablegen. Aber in diesem Jahr war es schon so, dass alle das Ziel hatten - gerade die großen Vereine -, oben mit dabei zu sein. Das hat zumindest nicht gefördert, dass locker von der Leber gespielt wird."