Normalerweise hält Stadionsprecher Andy Marek bei der Aufstellungs-Verlesung nur bei Steffen Hofmann inne. Im Derby wurde diese Ehre auch Mario Sonnleitner zuteil.
Der Rückkehrer wurde laustark unter tosendem Applaus von den Fans willkommen geheißen. Ein klares Zeichen, dass die Ausbootung des ehemaligen Führungsspieler auf Unverständnis stößt.
Erstmals seit 15. Mai, also nach mehr als 5 Monaten, trug der Verteidiger wieder das Rapid-Trikot. "Ich habe alles gegeben – für Mannschaft und Verein."
Abgesägt und ohne Chance - bis zum Derby
Einsatz konnte man dem 30-jährigen Steirer noch nie absprechen. Durch die Ausfälle von Christopher Dibon und Christoph Schösswendter war im Derby (hier geht's zum VIDEO) plötzlich Not am Mann und Sonnleitner bekam erstmals im Allianz-Stadion seine Chance.
Er hatte 58 Ballkontakte, gewann 62,5 Prozent seiner Zweikämpfe, brachte 74 Prozent der Pässe an den Mann, gab drei Torschüsse ab und legte einen auf. Der nach einem vermeintlichen Foul von ihm an Alexander Grünwald gegebene Elfmeter für die Austria zog heiße Diskussionen nach sich.
"Ich habe eine Stunde vor dem Match erfahren, dass ich spiele", gibt der Routinier zu. Davor war noch gemunkelt worden, ob möglicherweise Maximilian Wöber an der Seite von Maximilian Hofmann auflaufen könnte.
Das wäre durchaus möglich gewesen. Schließlich spielte "Sonni" in Rapids Plänen kaum noch eine Rolle, lediglich einmal durfte er gegen Mattersburg auf der Bank sitzen. Ansonsten war er Tribünengast.
Die Verantwortlichen rechtfertigten diesen Schritt im Sommer als "strategische Entscheidung". Trainer Mike Büskens beteuerte immer wieder, dass dieser Beschluss vor seinem Engagement getroffen wurde - ohne Gründe zu nennen. Nicht weit hergeholt ist, dass es sich aufgrund der langjährigen Vereins-Zugehörigkeit um finanzielle Gründe handeln könnte.
"Egal, ob man 18 oder 35 Jahre alt ist"
Im Transferfenster hätte man ihm keine Steine in den Weg gelegt. Doch mit Sonnleitners Nominierung machte Rapid nun einen Rückzieher. Dem Spieler selbst war die Erleichterung nach Wochen des Leidens anzusehen, auch wenn das Comeback mit dem 0:2 nicht unbedingt glücklich verlief.
"Es ist schon cooler, wenn man ein bisschen spielt, als wenn man nur auf der Tribüne sitzt und Woche für Woche trainiert. Ich habe im Training immer Gas gegeben – man sieht, dass ich in einem sehr harten Match 90 Minuten durchgehalten habe. Aber natürlich ist es besser, wenn man Woche für Woche spielt – egal, ob man 18 oder 35 Jahre alt ist. Ich habe versucht, meinen Teil beizutragen."
Die Situation war für den langjährigen Stammspieler und Ersatzkapitän mit Sicherheit unzufriedenstellend. Trotzdem hielt er sich mit Kritik stets zurück und zeigte sich indes solidarisch, auch wenn es in ihm innerlich wohl brodelte.
In 249 Spielen hat er bei Rapid alles hineingeworfen, vom einen auf den anderen Tag war er weg vom Fenster und plötzlich in der Rangordnung nur mehr fünfter Innenverteidiger.
Indirekte Kritik am Trainerteam?
Nur aufgrund des Verletzungspechs der Hütteldorfer fand Sonnleitner wieder den Weg zurück auf dem Platz. Die vielen Ausfälle sieht er durchaus als entscheidenden Grund für Rapids schlechtes Abschneiden in den letzten Spielen.
Die LAOLA1-Redakteure zerlegen das 319. Wiener Derby in seine Einzelteile:
Der "Oldie" vermisst aber prinzipiell die Rotation und übt indirekt dabei auch Kritik am Trainerteam: "Wir haben eine hohe Intensität, aber es spielen meistens nur elf, zwölf, 13 Spieler."
Aufgrund der Verletzungen in den Kader gerutscht zu sein und davon zu profitieren, ist nicht ganz nach seinem Geschmack. "Es tut mir für jeden Spieler leid, der sich verletzt. Es ist das Schlimmste, das einem Fußballer passieren kann. Das ist für das ganze Team bitter, wir brauchen jeden Mann."
"Ich bin ein Führungsspieler, das war immer so"
Wie es mit dem Defensiv-Akteur weitergeht, steht noch in den Sternen. Unter anderem wird dies davon abhängen, wann Schösswendter, Dibon und Co. wieder zurückkehren.
Zwischen den Zeilen kann man jedoch lesen, dass Sonnleitner bis zum bitteren Ende um seine Chance kämpfen wird.
"Ich bin ein Führungsspieler. Das war immer so. Ich werde immer meine Meinung sagen. Aber wenn man einen Tribünenplatz hat, ist es schwer, zu argumentieren. Ich werde weiterhin alles für den Verein tun. Entscheiden tut aber letztlich der Trainer und sonst niemand."
Alexander Karper/Harald Prantl