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Salzburg-Sportchef Freund: "Große Talente kosten"

"Ich hoffe, es wird nicht zu ruhig", sagt Salzburgs Sportchef vor dem Frühjahr.

Bei anderen Vereinen würde gut und gerne mal die Welt untergehen. Zumindest aber würden die meisten Verantwortlichen diesen Umstand nützen, um sich im Voraus schon mal zu entschuldigen, wenn es in den kommenden Monaten nicht so gut läuft.

Insgesamt 55 Torbeteiligungen aus dem Herbst sind dem FC Red Bull Salzburg in diesem Winter durch die Abgänge von Erling Haaland und Takumi Minamino abhandengekommen.

Das kann schon mal weh tun. Immerhin hat Haaland durch seine unfassbare Torquote einen um einen Bundesliga-Kicker zuvor noch nie dagewesenen Hype entfacht. Nach sechs Monaten Kampfberichterstattung nationaler und internationaler Medien um den „Wunderstürmer“ wussten Fans weltweit gefühlt von den präferierten Müsli-Zutaten bis zu den Einschlafgewohnheiten alles über den Goalgetter.

Und Minamino war zwar nicht so omnipräsent wie der große Blonde aus Norwegen, durch seine starken Leistungen und sein Arbeitsethos am Feld aber wohl nicht viel weniger wichtig für das Team der „Bullen“.

"So wie die Mannschaft strukturell aufgebaut ist, wie sie funktioniert, steht sie sehr, sehr gut da"

„Ja, wir haben zwei absolute Schlüsselspieler abgeben“, sagt Christoph Freund im Gespräch mit LAOLA1, nimmt es aber sehr locker, „das gehört zum Geschäft dazu. Damit haben wir in letzter Zeit immer wieder ganz gut leben können.“

Alles halb so wild

Munas Dabbur, Xaver Schlager, Stefan Lainer, Hannes Wolf, Diadie Samassekou und Fredrik Gulbrandsen sind bekanntlich im Sommer gegangen – im Vergleich dazu mutet dieser Winter tatsächlich nicht gerade wie ein Aderlass an.

„Das Wichtigste ist, dass wir wieder gut aufgestellt sind. So wie die Mannschaft strukturell aufgebaut ist, wie sie funktioniert, steht sie sehr, sehr gut da“, sagt Freund. Und es wirkt nicht so, als wolle er die Fans besänftigen, er glaubt wirklich daran. Und man ist kaum geneigt, ihm zu widersprechen. Die Entwicklung hoffnungsvoller Talente für Europas Top-Klubs und der Verkauf an ebendiese ist seit geraumer Zeit Salzburgs Geschäftsmodell.

Die Hoffnung der heimischen Konkurrenz, deshalb die Mozartstädter irgendwann mal am falschen Fuß erwischen zu könne, schrumpft zusehends. Sechs Meistertitel in Folge sind sechs gute Argumente, dass in Salzburg vermeintlich schmerzhafte Abgänge ohne weiteres kompensiert werden können.

Anders ausgedrückt: In den ersten 18 Runden der laufenden Meisterschaft hat das noch ungeschlagene RBS 44 Punkte gemacht. Nach den 48 Zählern vor einem Jahr ist das der zweitbeste Wert seit dem Red-Bull-Einstieg 2005. Der drittbeste Wert waren 41 Zähler in der Spielzeit 2017/18. Das ist konstant richtig stark.

Ein Schlager, keine Entscheidung

Der große Unterschied zur Vorsaison ist, dass mit dem LASK ein zweites Team im Herbst performt hat. Mit dem direkten Duell steht gleich zum Start ins Frühjahr ein echter Kracher am Programm.

Der Meister, dessen ist sich Freund sicher, wird nach diesen 90 Minuten in Wals-Siezenheim aber nicht feststehen: „Es ist gleich ein wichtiges Match gegen den schärfsten Verfolger. Der LASK hat eine richtig gute Mannschaft, die sehr stabil ist. Es kommt aber noch die Punkteteilung. Die Meisterschaft wird erst im März, April, Mai entschieden.“

Jedenfalls werden die Augen auf die Sturmreihe der Salzburger gerichtet sein. Patson Daka, Hee-chan Hwang und Rückkehrer Mergim Berisha sind die drei Top-Kandidaten auf die zwei Plätze an vorderster Front.

"Wir können und wollen Haaland nicht Eins zu Eins ersetzen"

Die Frage, wer denn Haaland ersetzen solle, hat Freund in den vergangenen Tagen sehr, sehr oft gehört. Seine Antwort: „Wir können und wollen Haaland nicht Eins zu Eins ersetzen. Jeder Spielertyp ist anders. Im Sommer wurde ich gefragt, wie wir Munas Dabbur ersetzen wollen, auch das haben wir nicht Eins zu Eins gemacht.“

„Wir werden sehen, wie sich die Mannschaft findet, wie sie im Offensivbereich auftreten wird. Wir haben viele verschiedene Spielertypen, haben sehr viel Speed. Ich bin überzeugt, dass wir als Mannschaft eine große Wucht entwickeln werden. Wir wollen mit der mannschaftlichen Geschlossenheit versuchen, wieder viele Tore zu erzielen“, so Freund weiter.

Es geht auch ohne Haaland

Bange werden muss bei einem Blick auf die Statistik keinem Salzburg-Fan. In den 1.461 Spielminuten mit Haaland hat der Serienmeister im Herbst im Schnitt alle 23 Minuten ein Tor erzielt. In den 999 Spielminuten ohne den Norweger alle 31 Minuten getroffen. Es geht also auch ganz gut ohne den Neo-Dortmunder.

Und außerdem haben die Salzburger im Winter ja einen Rekord-Einkauf getätigt. Für etwas mehr als elf Millionen Euro ist Noah Okafor vom FC Basel gekommen. Noch nie war ein Bundesliga-Kicker so teuer.

Der Sportdirektor meint: „Das Rad dreht sich bei den lukrierten Transfereinnahmen und -ausgaben nach oben. Da können wir als Salzburg nicht außen vor sein. Junge, große Talente kosten ihren Preis.“

Es wird nicht einfacher am Transfermarkt

Es wird jedenfalls nicht einfacher für die Salzburger am Transfermarkt. Einerseits lassen sich potenzielle Neuzugänge aufgrund der sportlichen Erfolgsbilanz und der Spielerverkäufe an absolute Top-Klubs vermutlich leichter von einem Wechsel an die Salzach überzeugen, andererseits rufen andere Vereine immer höhere Preise auf.

Gerüchte machen die Runde, wonach Salzburg mit einem Fünf-Millionen-Angebot für den 19-jährigen Wilfried Singo, der beim FC Torino noch nicht bei den Profis Fuß fassen konnte, gescheitert ist. Und die Admira war zum Transferfinish nicht dazu zu bewegen, den 19-jährigen Emanuel Aiwu zu verkaufen – angeblich für rund 2,5 Millionen Euro.

"Ich glaube, es tut Aiwu auch gut, bei der Admira weiterhin Stammspieler zu sein"

„Wir kennen Aiwu ja schon länger, haben uns mal mit der Admira ausgetauscht. Ich glaube, es tut ihm auch gut, bei der Admira weiterhin Stammspieler zu sein. Wir werden seine Entwicklung weiter verfolgen“, sagt Freund über den Abwehrspieler.

Er berichtet zudem: „Auch um die Talente mit 16, 17 Jahren wird schon gebuhlt, auch da werden schon große Transfersummen aufgerufen. Jeder Verein muss für sich selbst entscheiden, was da das Richtige ist, was ein Spieler wert ist und wo er sich hin entwickelt.“

Teure Neuzugänge sollen jedenfalls auch weiterhin Seltenheitswert haben, betont der Sportchef: „Grundsätzlich wollen wir auch in Zukunft nicht viele große Transfers von außen machen. Wir hatten im Sommer einen großen Umbruch, haben zwei externe Transfers gemacht, jetzt im Winter einen. Einfach, um dieses Level so hoch zu halten. Darum werden wir immer wieder vereinzelt versuchen, gezielt Spieler zu uns zu bringen, da auch Geld in die Hand zu nehmen.“

Der Faktor Zeit

Die nächsten Youngster, die sich zu Leistungsträgern entwickeln sollen, scharen jedenfalls schon in den Startlöchern. Neben Okafor soll Karim Adeyemi den nächsten Schritt machen. Der 18-jährige Deutsche, den der FC Barcelona so gerne haben möchte, wurde endgültig zu den Profis hochgezogen.

Beide werden aber „sicher eine gewisse Zeit brauchen“, meint Freund. Okafor habe in Basel einen ganz anderen Fußball gespielt.

Und was nun? Wird das gar ein langweiliges Salzburger Frühjahr? Daran, dass Jesse Marsch über den Sommer hinaus Trainer der Salzburger bleibt, besteht eigentlich kein Zweifel. Ein Haaland’scher Hype um einen anderen „Bullen“ wird in diesen Ausmaßen im Frühjahr eher auch nicht entstehen.

Damit konfrontiert, lacht Freund: „Ich hoffe, es wird nicht zu ruhig. Denn immer, wenn es turbulent zugegangen ist, waren wir sehr erfolgreich. Hoffentlich kommen einige Themen im Sommer.“

Es ist davon auszugehen, dass er nicht enttäuscht wird.

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