Hängende Köpfe, ratlose Blicke und Verzweiflung machen sich bei Rapid breit.
Schon wieder ist man verleitet zu sagen, nachdem man zuletzt 3 Pflichtspiele in Folge ungeschlagen blieb. Doch das 0:1 gegen den WAC, die zweite Heimpleite im Allianz-Stadion, stieß die Hütteldorfer zurück in die Krise.
Wie es in dieser weitergeht und ob es Veränderungen geben wird? Das weiß selbst Trainer Mike Büskens nicht so genau: "Ich weiß wirklich noch nicht, ob es ein Gespräch mit der Vereinsführung geben wird."
"Die Spieler am Platz sind die Schuldigen"
Nach der Niederlage gegen die Kärntner musste das erneute Negativ-Erlebnis erst verdaut werden.
Der Chefbetreuer brauchte für die TV-Interviews und die Kabinenansprache länger als sonst, selbst der meist positiv eingestellte Deutsche ließ sich die Enttäuschung anmerken. Verständlich in einer Phase, in welcher die Fans längst rollende Köpfe fordern.
Im Mittelpunkt der Unmutsäußerungen stand aber einmal mehr Sportdirektor Andreas Müller, "Müller raus" schallte lautstark und wütend durch das Stadion. Die Spieler wurden trotz einer Vielzahl an Chancen und vollem Einsatz mit Schimpftiraden bedacht und ohne Verabschiedung in die Kabinen geschickt.
Louis Schaub, gegen den WAC sogar Kapitän, bringt es unverschönt auf den Punkt: "Die Spieler am Platz sind die Schuldigen, wenn sie nicht gewinnen." Personelle Konsequenzen oder Veränderungen wären zu Beginn der Länderspielpause nichts Ungewöhnliches.
Im Clinch mit WAC und Ried statt an der Spitze
Denn bei Rapid brennt der Hut. Das 0:1 gegen den WAC war bereits die vierte Saisonniederlage, bei fünf Remis und nur fünf Siegen nach 14 Runden. Ein Armutszeugnis für die hohen Erwartungen bei den Grün-Weißen, die vor dem Saisonstart erstmals lautstark Meisterambitionen anmeldeten.
Das sagen die Trainer und Spieler nach dem 0:1 des WAC bei Rapid:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Die Aufbruchstimmung durch die Stadion-Eröffnung ist längst verflogen, der Kredit der Vereinsführung längst dahin. Und trotzdem wurden die Beteiligten in den vergangenen Wochen nicht müde, zu betonen, keine vorschnellen Schlüsse zu treffen und weiterhin auf die bewährte Kombination zu setzen.
Die Frage ist, wie lange noch? Nur Sturm, Salzburg und Austria ist es zu verdanken, dass nicht gleich alle großen Kontrahenten noch weiter enteilt sind. Altach nützte die Gunst der Stunde und liegt punktegleich mit den Grazern an der Spitze.
Und Rapid? Die Wiener tümpeln auf Platz fünf herum, fünf Punkte hinter dem Vierten Austria und neun Punkte hinter Leader Sturm. Doch auch ein Blick nach hinten sorgt für Erstaunen. Denn der WAC ist bis auf einen, Ried bis auf drei Punkte an Rapid herangekommen.
"Wahnsinn, was diese Saison alles passiert"
"Es ist eine Riesen-Enttäuschung. Nach der Niederlage von Sturm wollten wir unbedingt bis auf sechs Punkte rankommen", meint Büskens. Doch dann kam alles anders. "Wir hatten vor zwei Wochen 30 Torschüsse, diesmal 27 und haben kein einziges Tor gemacht. Das tut weh!"
Die wiederholten Tiefschläge machen die Situation nicht einfacher. Im Gegenteil. Von Ruhe ist schon seit Monaten keine Spur mehr.
"Letztlich sind wir daran gescheitert, dass wir nicht effektiv waren. Das ist ein bitterer Moment für uns, weil wir mit einer sehr jungen Mannschaft sehr viel investiert haben und am Schluss mit leeren Händen dastehen. Dass wir jetzt alle enttäuscht sind, ist normal."
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(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Vom Einsatz her konnte er seinen Spielern keinen Vorwurf machen. Er erkannte den Willen, doch spielerisch ist derzeit viel Luft nach oben, vor allem aber vor dem gegnerischen Tor. Trotzdem ist es schwer für alle Beteiligten, die Gründe für die Misere in Worte zu fassen.
"Wir können es uns nicht erklären. Wahnsinn, was diese Saison alles passiert und auf uns zukommt", kommentiert auch der Rückkehrer in der Abwehr, Mario Sonnleitner, die Situation ungläubig.
"Schwierig, aber wir wissen ja, dass wir mehr können"
Trotzdem flackert in den Aussagen immer wieder auch Hoffnung auf. Frei nach dem Motto: Aufgegeben wird nur ein Brief!
"Ich bin zuversichtlich, weil die Jungs bis zuletzt gegangen sind, sich nicht hängen gelassen haben und unbedingt wollten. Sie sind nicht weggebrochen, haben nicht resigniert. Und das gibt uns Hoffnung", klammert sich Büskens an den letzten Strohhalm.
In der Länderspielpause soll der Schalter umgelegt werden. Warum ausgerechnet jetzt das klappen soll, was die letzten Wochen nicht eintrat?
"Wir haben jetzt knapp zwei Wochen Pause, da müssen wir den Kopf freibekommen, wieder Selbstvertrauen tanken. Das ist schwierig, aber wir wissen ja, dass wir mehr können. Wir müssen es noch mehr zeigen", fordert Schaub.
Und auch Büskens hat einiges vor: "Wir müssen Automatismen weiterhin einschleifen, analysieren - auch visuell - um es den Spielern wieder aufzuzeigen." Wenn man ihn denn noch lässt. Denn auszuschließen ist bei Rapid derzeit nichts - auch Konseuqenzen in der sportlichen Führung nicht.
Alexander Karper