Es war ein Lebenszeichen!
Inmitten der tiefen Krise konnte der SK Rapid trotz 0:1-Niederlage ausgerechnet gegen den Tabellenführer RB Salzburg zeigen, dass es Grund für Optimismus gibt.
Gäste-Trainer Oscar Garcia sprach nicht umsonst von der vielleicht besten Saisonleistung der Grün-Weißen. Und auch Damir Canadi war zufrieden: "Mir ist ja die Statistik grundsätzlich wurscht, aber wenn Red Bull keinen Torschuss in der ersten Halbzeit hatte, dann weiß man um die Leistung des SK Rapid Wien."
Gegentor aus dem Nichts: "Wie ein roter Faden"
Am Ende mussten die Hütteldorfer aber erneut die bittere Pille schlucken, wieder nichts Zählbares mitgenommen zu haben.
Nicht, weil man den Sieg nicht verdient gehabt hätte, sondern weil eine Aktion Rapid wieder mitten im Herz traf. Es war sinnbildlich für die aktuelle Situation, dass Valon Berisha mit einem Traum-Freistoß den 1:0-Sieg besiegelte.
"Es ist wie ein roter Faden. Es war in Wolfsberg ähnlich. Wir haben dort auch nichts zugelassen und es kommen zwei Standards rein. Auch gegen die Austria, irgendein langer Ball. Es ist derzeit und war auch schon letzte Saison so. Wir werden bestraft für Kleinigkeiten und belohnen uns nicht. Aber es wird sich irgendwann einmal in die andere Richtung drehen", ärgerte sich Mario Sonnleitner, der mit Max Hofmann und Christopher Dibon die Dreierkette bildete.
LAOLA1-Analyse - Drei Dinge, die bei Rapid bzw. Salzburg auffielen:
Letzterer rückte wieder zurück, während dafür Stephan Auer ins defensive Mittelfeld rückte. Ein Schachzug, der Wirkung zeigte. Die einzige personelle Rochade betraf Joelinton, der statt Giorgi Kvilitaia stürmte.
Statistik nicht gleichbedeutend mit Ergebnis
RB Salzburg erwischte mit Sicherheit nicht den besten Tag, trotzdem muss Rapid zugute gehalten werden, die Mozartstädter wirklich in allen Belangen gefordert zu haben. Das beweisen auch die Zahlen.
19:7 Torschüsse, 58:42 Prozent Ballbesitz, 56 Prozent gewonnene Zweikämpfe, 71:58 Prozent Passquote - Rapid war statistisch in allen Belangen überlegen.
Und trotzdem blieben die Wiener im Frühjahr sieglos, bereits im vierten Anlauf. "Es sind Kleinigkeiten, die uns fehlen. Aber man hat auch in so einem Spitzenspiel gesehen, dass wir das Tempo gegen so einen Top-Gegner gehen können. Die Herausforderung ist, dort anzuschließen, wo wir heute aufgehört haben", wagte Canadi schon einen Ausblick auf das Gastspiel bei Sturm Graz.
Auch Sonnleitner versuchte, das Positive herauszupicken: "Jetzt ist einmal die Enttäuschung sehr, sehr groß. Aber wenn man drüber schläft, muss man trotzdem das Spiel nüchtern analysieren. Wir waren dominant gegen den Meister, der bisher alle Spiele gewonnen hat. Das war nicht schlecht, auch wenn wir bestraft wurden."
Wieder mehr Tore? "Ich weiß nicht wie"
Weil es weiterhin an einem ganz bestimmten Fakt scheitert, der Rapid derzeit jedes Spiel zur Qual macht: die Chancenverwertung.
Kapitän Stefan Schwab analysiert nüchtern: "Wir müssen auf der heutigen Leistung aufbauen, aber das Tor schießt sich nicht von alleine. Daran müssen wir ansetzen. Wir haben in vier Frühjahrsrunden zwei Tore geschossen. Wenn wir ein Spiel gewinnen wollen, können wir das nicht immer mit einem oder null Toren." Mit dem Nachsatz: "Es ist im Moment wie verflixt vor dem Tor."
Aus seinen Worten klingt ein bisschen Hilflosigkeit durch. "Wir müssen jetzt aufstehen, die Leistung positiv sehen und – ich weiß nicht wie – aber wir müssen die nächsten Wochen wieder mal in einem Spiel zwei, drei Tore machen. Dann können wir als Sieger vom Platz gehen."
Wenn es so einfach wäre. Mittlerweile hat der Tabellen-Fünfte die Defensive stabilisiert, Canadi lobte zudem die Balance zwischen Abwehr und Offensive. Zudem kreiert Rapid auch zahlreiche Chancen.
Abstiegskampf? "Das kann ich schwer beantworten"
Aber wenn von 19 Torschüssen keiner den Weg ins Tor findet, ist die Verzweiflung zurecht groß. Sonnleitner fragt sich deshalb: "Ich weiß nicht, was wir verbrochen haben."
"Wir haben die statistischen Werte alle gewonnen, aber es fehlt uns einfach dieser letzte Pass, diese letzte Ruhe vor dem Tor, die Konsequenz. Wir werden auch für ein, zwei Aktionen gleich bestraft. Wir haben unzählige Situationen geschaffen, um Tore zu erzielen, das Selbstverständnis fehlt leider ein bisschen."
So wagt Rapid kommende Woche in Graz wieder einen neuen Anlauf. Trotz Lebenszeichen, trotz aufopferungsvollem Einsatz, trotz mannschaftlicher Geschlossenheit.
"Die Niederlage hilft uns vom Kopf gar nicht weiter. Wir müssen in der nächsten Runde mit derselben Leidenschaft und dem Biss reingehen. Dann ist es nur eine Frage der Zeit bis zum nächsten Sieg, wenn wir so auftreten", ist sich Schwab sicher.
Ohne Erfolgserlebnis ist es halt schwer, einen Schritt in die richtige Richtung auch so zu verkaufen. Weshalb die Frage nach dem Abrutschen in den Abstiegskampf mit neun Punkten Vorsprung auf Rang zehn nicht von ungefähr kommt.
"Das kann ich schwer beantworten", wich Canadi aus. Damit will man sich in Hütteldorf (noch) nicht auseinandersetzen. Vor allem nicht nach so einem Lebenszeichen.