news

Bruckner: Rapid muss im 3. Jahrtausend ankommen

Was sich ändern muss, und warum Rapid sonst der Abschied aus dem Konzert der Großen droht.

Bruckner: Rapid muss im 3. Jahrtausend ankommen Foto: © GEPA

Das neue Jahrtausend ist inzwischen auch schon wieder 22 Jahre alt. Rapid ist allerdings noch nicht darin angekommen.

Diese Meinung vertritt zumindest Noch-Präsident Martin Bruckner, der die Ankündigung seines Abschieds mit einem emotionalen Appell begleitet, dass sich der grün-weiße Traditionsverein inhaltlich weiterentwickeln müsse.

Damit würde er nicht eine gewisse Religions-artige Verehrung des Klubs meinen, die blockieren könnte: "Als Hohepriester oder Ähnliches würde ich mich nicht bezeichnen, sonst hätte ich da drüben schon irgendwelche Regentänze aufgeführt."

Aber: "Wir müssen in diesem Verein etwas ändern. Dieser Mitgliederverein muss im dritten Jahrtausend ankommen! Es tut mir Leid, aber der Mitgliederverein, so wie er im Moment aufgestellt ist, ist nicht führbar."

Wobei Bruckner betont, dass er sehr wohl an den Mitgliederverein an sich glauben würde: "Aber nicht in dieser Form, in der man sich gegenseitig lähmt und so viel Kraft nach innen geht. Dabei wäre in diesem Verein unendlich viel Kraft da, wenn man sie in die richtige Richtung bringt."

100.000 Gremien

Bruckner betont, dass es Teil seines Programms für die kommende "Legislaturperiode" gewesen sei, entsprechend an den Strukturen zu schrauben und Satzung plus Entscheidungswege so anzupassen, dass man im modernen Wettbewerb mithalten könne.

Doch im Zuge der Ereignisse nach dem Europacup-Aus gegen den FC Vaduz zog er seine Kandidatur für weitere drei Jahre an der Vereinsspitze zurück.

"Sonst wird es für den SK Rapid ganz schwer werden, weiterhin im Konzert der Großen in diesem Land mitzuspielen."

Martin Bruckner

"Ich kann nicht in 100.000 Gremien irgendwas machen. Wir sind im Wettbewerb mit Red Bull Salzburg, dem LASK, der auch eine breite Mitgliederbasis hat, oder auch anderen Mannschaften. Aber dort sind die Entscheidungswege viel kürzer", erläutert der 57-Jährige.

Das Präsidium habe in den vergangenen drei Jahren "wahnsinnig viel Zeit damit verbracht, in die Community reinzuarbeiten und mit ihr etwas zu besprechen. Diese Zeit fehlt dir, wenn du die wirklich wichtigen Dinge, nämlich den sportlichen Erfolg, anpacken willst."

Rapid muss schneller werden

Entsprechend fordert das Noch-Vereinsoberhaupt, dass sich diese Abläufe ändern müssten: "Sonst wird es für den SK Rapid ganz schwer werden, weiterhin im Konzert der Großen in diesem Land mitzuspielen."

Gerade auch national dürfe Rapid hier die Zeichen der Zeit nicht übersehen.

"Die Wettbewerbssituation verändert sich auch im Fußball. Je schneller du entscheiden kannst, umso besser. Umso schneller bist du in der Umsetzung. Wir müssen definitiv schneller werden", so Bruckner.

Bruckner unterstreicht, dass das Präsidium mit dem Entschluss, sich nicht erneut der Wahl zu stellen, die Gesamtverantwortung für die aktuelle Situation übernehmen würde, um noch größeren Schaden abzuwenden. Dies könnte auch als stimmungstechnischer Befreiungsschlag interpretiert werden.

Negative Energie: Eine Gegen-alles-und-für-nix-Situation

"Ich trete in der Hoffnung zurück, dass eine gewisse Entspannung eintritt. Wir haben beim SK Rapid eine sehr emotionale Situation und im Moment sehr viel negative Energie."

Dies sind alles keine erst durch Vaduz entstandenen Probleme. Viele Gräben seien schon länger da, durch den Präsidentschafts-Wahlkampf 2019 seien sie noch mal vertieft worden - damals setzte sich Bruckner mit 53 Prozent der Stimmen knapp gegen Herausforderer Roland Schmid durch.

Seither seien laut Bruckner sehr viele Kommunikationsaktivitäten gesetzt worden, um auf jene Menschen zuzugehen, die sein Team nicht gewählt hätten. Es gebe jedoch wenig Bereitschaft zu einer konstruktiven Diskussion:

"Wir sind mit einer Gegen-alles-und-für-nix-Situation im Verein konfrontiert. Dann wird es schwierig. Zum Tanzen brauchst du einen Zweiten. Wenn du erkennst, dass du mit all deinen Aktivitäten gegen eine Wand läufst, muss man einmal die Konsequenzen ziehen."

Volle Handlungsfähigkeit

Die haben Bruckner und sein Team gezogen, wobei das bestehende Präsidium bis zur Wahl eines neuen "voll handlungsfähig" bleiben würde.

Ob man die Neuwahl früher als am geplanten Termin, dem 26. November, durchführen könne, werde geprüft. Nur nach hinten verlegt könne der Termin statutengemäß nicht werden: "Außerdem wird nur Gulasch besser, wenn man es aufwärmt. Das muss jetzt schon mal zu einem Ende kommen."

"Du bist hin und wieder verdammt einsam in dieser Position."

Martin Bruckner

Dann wird auch das Ende von Bruckners Amtszeit als offizieller Repräsentant Rapids gekommen sein. Vor seiner Kür zum Boss diente er von 2013 bis 2019 als Finanzreferent im Team des damaligen Präsidenten Michael Krammer.

In einer anderen Rolle weiterzumachen, schließt Bruckner aus. Sollte ihn ein Nachfolger um Inputs bitten, stünde er jedoch mit Rat zur Seite.

Kein Balkon-Muppet

"Aber ich bin mit Sicherheit kein Balkon-Muppet, der sich hinstellt und sagt, das hätte ich so und das andere so gemacht. Das gehört sich nicht, das hätte ich auch nicht gewollt."

Nach dem Ableben von Rudi Edlinger ("Ich hätte gerne gewusst, was er zu dieser Situation sagt") würden nicht so viele Menschen wissen, wie es sei, Rapid-Präsident zu sein - außer ihm noch Krammer und Günter Kaltenbrunner.

"Du bist hin und wieder verdammt einsam in dieser Position", gesteht Bruckner.

Auch die Schiedsrichter-Bosse im ÖFB sollen zurücktreten

Eine gewisse Form der Verbitterung verneint der scheidende Chef jedoch: "Ich bin mit mir im Reinen. Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Mit 57 habe ich ein gerüttelt Maß an Lebenserfahrung. Enttäuschung gibt es nur darüber, dass es zu einer Situation gekommen ist, die so meiner Meinung nach nicht notwendig war."

Denn alles in allem sei die Bilanz seiner Amtszeit "nicht so schlecht" - man habe alle wesentlichen Vorhaben positiv abgearbeitet, am Ende des Geschäftsjahres werde man ein positives Eigenkapital von über 20 Millionen Euro haben.

Bruckner kann sich in Bälde wieder als Fan den sportlichen Enttäuschungen des Alltags widmen, sofern sie eintreten. Passend zur aktuellen Lage in Hütteldorf setzte es am Sonntag eine unglückliche Niederlage gegen den SK Sturm Graz.

Vor allem der Elfmeter kurz vor Schluss erhitzt auch Bruckners Gemüt: "Vielleicht sollten manche Herren im ÖFB ebenfalls über ihren Rücktritt nachdenken, um den Weg frei zu machen, damit wir ein professionelles Schiedsrichter-Wesen kriegen. Das als kleine Anmerkung von mir, der ja schon im Rücktritt drinnen ist."


Kommentare