Wenn man als Spieler einen Vertrag beim SK Rapid Wien unterschreibt, rechnet man tendenziell eher weniger damit, dass man sich einmal zum geschafften Klassenerhalt gratulieren lassen muss - noch dazu zu diesem Zeitpunkt der Saison.
Aber diese Spielzeit war bekanntlich keine gewöhnliche. Dafür ist es jetzt hochoffiziell: Nach dem 1:0-Heimsieg gegen Sturm Graz steht zwei Runden vor Schluss endgültig fest, dass die Hütteldorfer auch 2017/18 Mitglied der Bundesliga sein werden.
"Zu feiern gibt es nichts! Es ist eine schlechte Saison, die halbwegs glimpflich ausgegangen ist", ist Mario Sonnleitner jedoch naturgemäß dennoch nicht in Party-Laune.
Keine Nichtabstiegs-Feier
Auch Thomas Murg will das Feiern mit den Fans nach der Partie keinesfalls mit dem Klassenerhalt in Zusammenhang gebracht wissen: "Das war keine Nichtabstiegs-Feier. Wir gehen nach jedem Spiel zu unseren Fans und bedanken uns. Es ist nicht selbstverständlich, dass in jeder Partie über 20.000 Leute kommen."
Spürbar waren die Steine, die allen Beteiligten bei Grün-Weiß von der Seele purzelten, dennoch sehr deutlich. Freimütig gaben die Rapid-Kicker zu Protokoll, wie groß der Druck in der jüngeren Vergangenheit war.
"Die Erleichterung ist riesengroß. Die mentale Belastung in den letzten Wochen war sehr groß, weil wir vor der Saison ganz andere Ziele hatten. Wenn du dich ein paar Runden vor Schluss im Abstiegskampf befindest, ist es ganz schwer für den Kopf. Aber zum Glück haben wir kühlen Kopf bewahrt und weiterhin an uns geglaubt. Jetzt fällt uns einmal ein riesiger Stein runter, dass in der Liga eine Ruhe ist", verdeutlichte etwa Stefan Schwab.
Von außen und von innen belastet
Trainer Goran Djuricin bemühte sich erst gar nicht, seinen "Stolz auf die Mannschaft" zu verbergen: "Denn der mentale Druck in den letzten Monaten war nicht einfach. Ich bin der vierte Trainer in einem Jahr. Die Mannschaft war platt. Wenn man psychisch angeknackst ist und dauernd nur unter Druck steht, von außen und von innen belastet wird, dann ist es eben auch so, dass man nicht so viel laufen kann wie ein anderer, der frisch wirkt und nicht so einen Druck hat. Deswegen Hut ab, ich bin sehr stolz, dass wir gegen Sturm gewonnen haben. Von ihrer Moral her hat sich die Mannschaft das verdient."
Genaue Auskunft, wie belastet sein Team wirklich war, wie sehr der Abstiegskampf in den Köpfen gesteckt ist, wollte der 42-Jährige keine geben. "Da werde ich jetzt sicher nicht die Wahrheit sagen", grinste der Interims-Coach, um dann doch noch ernster hinzuzufügen:
"Es war für jeden einzelnen belastend, aber ich habe wirklich an die Mannschaft geglaubt. Wir haben Qualität in der Mannschaft und haben uns neben dem Cup ein zweites Ziel gesetzt: Platz sechs. Jetzt sind wir Sechster und dort wollen wir auch bleiben. Ich bin dazu da, dass ich der Mannschaft den Druck wegnehme und ihnen die Richtung vorgebe. Zum einen Teil haben wir das jetzt einmal geschafft. Jetzt schauen wir, wie die letzten zwei Spiele ausgehen, dann wird der Fokus schon langsam auf das Cup-Finale gegen Salzburg gelegt."
"Wir haben uns aus der eigenen Scheiße gezogen"
Zumindest kann man sich jetzt in Ruhe auf das letzte Saison-Highlight vorbereiten. Geschichte sind sie, die immergleichen Fragen nach Abstiegskampf und Klassenerhalt.
"Natürlich ist das ein bisschen nervenaufreibend, aber das haben wir uns alle selbst eingebrockt. Wir waren diese Saison einfach nicht gut genug", meinte Sonnleitner, der jedoch aus dem leichten Aufwärtstrend der letzten Wochen Kraft schöpft:
"Wir haben uns wieder rausgekämpft, sind zusammengewachsen und haben uns aus der eigenen Scheiße gezogen. Aber es gibt nichts zu feiern, es ist jetzt einfach erledigt, wir brauchen nicht mehr nach hinten zu schauen. Wir versuchen, die letzten beiden Spiele positiv zu bestreiten und dann mit genug Selbstvertrauen ins Cup-Finale zu gehen."
"...sonst können wir den Schalter für Salzburg nicht umlegen"
Als reine Vorbereitungsspiele auf den Showdown in Klagenfurt will man die beiden verbleibenden Bundesliga-Spiele in Mattersburg und gegen St. Pölten bei Rapid jedenfalls nicht verstanden wissen.
"Wir wollen in der Liga schauen, dass wir Sechster bleiben und aus diesen zwei Spielen noch sechs Punkte holen. Wenn wir jetzt locker lassen, können wir den Schalter vor dem Salzburg-Spiel nicht mehr umlegen", stellt Murg klar.