Tabellarisch hat sich für den FC Red Bull Salzburg nach der 29. Runde der ADMIRAL Bundesliga nichts geändert.
Die "Bullen" sind drei Spieltage vor Schluss noch immer nur Vierter, der Abstand auf die Spitze beträgt nach wie vor vier Punkte; der einstige Dauermeister nimmt im brutal spannenden Titelrennen also weiterhin nur eine Außenseiterrolle ein.
Das Selbstverständnis, mit welchem die Salzburger in die finalen drei Saisonspiele nun gehen werden, ist nach dem hart erkämpften 2:0-Sieg gegen die als Tabellenführer in den Sonntag gegangene Wiener Austria (Spielbericht>>>) freilich aber ein gänzlich anderes als noch vor dem Spiel.
"Heute hat man gesehen, was für eine Dynamik entstehen kann, wenn jeder voll dabei ist, und was für einen Spaß es auch macht. Du kommst in einen Flow rein und hast das Gefühl, dass dir über 90 Minuten nichts passieren kann", schildert Goalie Alexander Schlager.
"Haben keinen Grund, euphorisch zu sein"
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Für die deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zur Vorwoche gibt es Lob von den Salzburger Verantwortlichen. "Wir haben in einer Drucksituation bestanden, von dem her: Kompliment", so Sportchef Rouven Schröder.
Über den Sieg gegen defensivorientierte Gäste aus Wien-Favoriten, die es in der Schlussphase vor allem darauf anlegten, einen seltenen Punktgewinn in der Red Bull Arena nachhause zu verteidigen, sagt der Deutsche: "Über 90 Minuten war es ein verdienter Sieg, aber auch nicht mehr. Am Ende des Tages können wir an die Tafel schreiben, dass wir immer noch Vierter sind."
In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Coach Thomas Letsch: "Wir freuen uns über den Sieg, haben aber keinen Grund, euphorisch zu sein. Wir haben heute ein Spiel gewonnen, drei sind noch ausständig. Die Position, in der wir sind, ist nicht die, in der wir drei Spieltage vor Schluss gerne wären."
Letsch hadert jetzt noch mehr mit der Unleistung in Wolfsberg
Aufgrund der beiden enttäuschenden Ergebnisse gegen den WAC, einem 1:1 zuhause und einer aufgrund der schwachen Salzburger Leistung noch zu niedrig ausgefallenen 1:2-Niederlage im Lavanttal, sowie den Resultaten der frühen Sonntags-Spiele sei das Spiel gegen den FAK laut Schröder schon vor Anpfiff "ein absoluter Pflichtsieg", gewesen:
"Wir haben in der Vorwoche alles dafür getan, dass wir in diese Situation gekommen sind. Es wurde klar angesprochen, dass es nicht nochmal so ein Spiel geben darf."
Das 1:2 beim WAC, bei dem die Salzburger "das maximal schlechteste Spiel, was wir zeigen können" (O-Ton Schröder) ablieferten, beschäftigt auch Letsch eine Woche später noch: "Die Niederlage beim WAC ärgert mich vielleicht jetzt sogar noch mehr, nachdem wir das heutige Spiel gewonnen haben."
Umso wichtiger sei es gewesen, sich gegen die Wiener Austria wieder von einer anderen Seite zu präsentieren. "Ich glaube, das ist uns gelungen. Jeder hat gesehen, dass wir ein anderes Gesicht zeigen wollten", so der Mozartstädter Trainer, der für diese wichtigen drei Punkte in der Schlussphase quasi all-in ging und alle ihm zur Verfügung stehenden Offensivkräfte gleichzeitig spielen ließ - mit Erfolg.
Drittjüngste Elf in dieser Saison: "Hut ab vor der Truppe"
Besonders stolz macht Letsch der Sieg, da er mit "fünf Jungs am Platz, die in dieser Saison auch schon Youth League gespielt haben", eingefahren wurde: "Deshalb muss ich sagen: Hut ab vor der Truppe!"
22,2 Jahre jung war die Salzburger Startelf am Sonntag im Durchschnitt und damit die drittjüngste in der laufenden Bundesliga-Saison - einen niedrigeren Altersdurchschnitt hatten die "Bullen" nur im Februar beim 1:0-Sieg in Favoriten (22,1) sowie im Herbst letzten Jahres unter Pep Lijnders, als man bei der WSG zu Gast war und 0:0 spielte (22,0).
Für Letsch ist der junge Kader auch eine Erklärung für die unsteten Leistungen in dieser Spielzeit: "Wir hatten heute eine sehr unerfahrene Truppe auf dem Platz, da gehören vielleicht Schwankungen dazu. Aber das wollen wir nicht, das darf nicht sein!"
"Dark horse" WAC bringt Salzburger und Austrianer ins Schwärmen
"Der WAC ist für mich der große Favorit"
Dabei schien es so, als würden sich die "Bullen" in der Meistergruppe stabilisieren, ehe der plötzliche Leistungsabfall gegen den WAC eintrat. "Das ist echt schwer zu erklären, aber im Endeffekt ist das das Schöne an diesem Spiel, dass nicht alles erklärbar ist. Wenn du dich auf einen 100-Meter-Lauf vorbereitest, kannst du relativ viel planen, bei einem Fußballspiel ist das anders. Das macht den Reiz aus", so Letsch.
Auch Schröder hat die Frage nach dem Grund für den Aussetzer im Lavanttal länger beschäftigt, er dürfte mittlerweile aber eine mögliche Erklärung gefunden haben: die Stärke der "Wölfe".
"Wir wissen mittlerweile nur allzu gut, dass Wolfsberg immer on point ist. Sie holen den Cup, dann weiß ich nicht, was sie in den darauffolgenden zwei Tagen gemacht haben, und gewinnen heute 1:0 gegen Rapid. Das ist allerhöchste Qualitätsstufe, was die Basics und das Herzblut angeht", so Schröder über den WAC, der von Aleksandar Dragovic am Sonntag gar "zum großen Favoriten" auf die Meisterschaft auserkoren wurde.
"Wie die spielen... überragend. Sie kriegen keine Gegentore, stehen kompakt", schwärmt der FAK-Abwehrchef von den Kärntnern.
Man könnte aus Salzburger Sicht also von Glück sprechen, dass man es in dieser Saison nicht mehr mit den Wolfsbergern zu tun bekommen wird. Stattdessen steht am kommenden Freitag-Abend das womöglich vorentscheidenden Kracherspiel gegen den SK Sturm auf dem Programm.
Nächster Showdown gegen Sturm: "Voll geil!"
Ein Sieg in der Merkur Arena, in der man beim letzten Besuch noch 0:5 unterging, ist zwingend notwendig, um im Meisterrennen zu bleiben.
"Wir haben es nicht mehr selber in der Hand, das muss uns bewusst sein. Deshalb heißt es bodenständig bleiben, Dinge zu verbessern und nächste Woche in Graz noch eine Schippe draufzulegen", weiß Goalie Schlager, dass am Freitag eine noch bessere Leistung als gegen den FAK vonnöten sein wird.
Mut kann den "Bullen" machen, dass einerseits Samson Baidoo von einer Gelbsperre zurückkehrt und Takumu Kawamura ebenfalls wieder eine Option sein wird. Und auch für Karim Onisiwo könnte sich in Graz ein Comeback ausgehen.
In Salzburg brennt man jedenfalls bereits auf diese Partie. "Jetzt kommt das nächste Spiel gegen Sturm Graz. Volle Hütte - voll geil, das sind genau die Spiele, die wir wollen", ist die Vorfreude bei Schröder groß.
Gut möglich, dass die "Bullen" nach dieser Partie wieder ein heißer Kandidat auf den Titel sind. Genauso gut könnte der Salzburger Titeltraum dann aber auch schon geplatzt sein - Konstanz zählte in dieser Saison nämlich nicht zu den Mozartstädter Stärken.