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Ortlechner: "Umweg über Sturm oder LASK unnötig"

Austrias Sportdirektor will Spieler direkt in die Top-5-Ligen bringen.

Ortlechner: Foto: © GEPA

„Wir haben intern wieder sehr, sehr viel Spaß, nach außen ist das aber überhaupt nicht durchgedrungen. Einer der Aufträge an mich ist es, herauszuposaunen: Hey, es macht richtig Spaß, hier zu arbeiten!“, sagt Manuel Ortlechner.

Wenige Tage nach dem Gespräch sitzt er breit grinsend für ein Foto zwischen den beiden Maskottchen der Wiener Austria, das Duo wird als „Neuzugänge“ präsentiert.

Das Bild vermittelt tatsächlich das Gefühl, dass am Verteilerkreis wieder öfter gelacht wird, als man es in den vergangenen Monaten vermutete. Wer an die jüngere Vergangenheit denkt, dem kommen Krisen-Meldungen im Wochen-Rhythmus in den Sinn.

"Ich war machtlos, wie sehr mit diesem Insignia-Thema herumgespielt wurde"

Das hat dem Sportdirektor gar nicht geschmeckt. „Ich war machtlos, wie sehr mit diesem Insignia-Thema herumgespielt wurde. Auf dem Thema kann man richtig gut herumsurfen. Da mache ich auch niemandem einen Vorwurf. Gefühlt haben sich alle Fragen nur um Insignia und die Geldprobleme gedreht, aber nicht um fußballrelevante Inhalte. Ich würde gerne wieder mehr über Fußball reden“, sagt er.

Sein Wunsch scheint sich zu erfüllen. Vorerst zumindest. Der Investoren-Vertrag ist unterschrieben und von den Gremien und Mitgliedern durchgewunken, die finanzielle Krise längst nicht überwunden, aber das Ärgste scheint vorbei.

Plötzlich kamen die Scouts

Der Transfer-Hattrick am Deadline-Day – Lucas Galvao von Atromitos, Martin Pecar von Eintracht Frankfurt und Lorenzo Coco von Ried – hat den Fokus wieder auf den Fußball gelegt. Das kann sich wieder ändern, umso näher die Lizenzierung kommt, aber aktuell geht es mehr um Sportdirektor Ortlechner und Trainer Manfred Schmid, als um Vorstand Gerhard Krisch und das liebe Geld.

Und es geht darum, den Weg der jungen Eigenbauspieler nicht nur zu propagieren, sondern auch weiterzuleben. Wie so viele finanziell in Schieflage geratene Vereine vor ihr hat auch die Austria aus der Not eine Tugend gemacht und festgestellt, dass der eigene Nachwuchs in der Bundesliga sehr gut mithalten kann.

Ortlechner berichtet: „In den ersten Runden war in Sachen Scouting-Anfragen wenig los. Als im Herbst die Jungen dann reingefunden haben und wir ein unfassbares Durchschnittsalter generiert haben, hatten wir plötzlich Scouting-Anfragen von den Bayern, Celtic, Atletico, und so weiter.“

Den Jungen eine Chance zu geben, ist einfach. Sie dann aber im Verein zu halten, ehe sie gewinnbringend verkauft werden können, ist schon schwieriger. Und genau das ist der Punkt, an dem sich der 41-Jährige derzeit befindet.

Foto: © FK Austria Wien

„Kann ich die Spieler, die wir gerne halten wollen, weiter für unseren Weg begeistern?“, fragt er sich. Monetäre Argumente greifen da eher nicht. „Wir wissen, dass wir mit dem, was andere Vereine zahlen, nicht mithalten können. Wir haben ein gewisses Gehaltsschema, das wir nicht sprengen wollen und werden, sonst fahren wir die Austria so richtig gegen die Wand“, so der Oberösterreicher.

Der Austria spielen aktuell zwei Namen in die Hände: Patrick Wimmer und Benedikt Pichler.

Wimmer kam einst aus Gaflenz zum FAK, wurde im Sommer an Arminia Bielefeld verkauft, hat seit dem Sommer elf Scorerpunkte für den deutschen Bundesligisten verbucht und steht wohl im nächsten ÖFB-Kader von Franco Foda.

Pichler wechselte vom damaligen Zweitliga-Nachzügler Austria Klagenfurt nach Wien, heuerte im Sommer bei Holstein Kiel an und hat in der zweiten deutschen Liga schon sechs Tore geschossen.

Diese Karrierewege gelten bei der Austria aktuell als gute Beispiele, wie es für Talente laufen kann, wenn sie sich auf den FAK einlassen.

Sarkaria tut weh

Und dann wäre da noch ein Negativ-Beispiel: Manprit Sarkaria. „Mani ist ein Vollblut-Austrianer. Mir blutet das Herz, wenn er im Sturm-Dress herumläuft“, sagt Ortlechner. Der Wiener wechselte im Sommer ablösefrei von den Violetten nach Graz. So etwas soll nicht mehr passieren.

Ortlechner: „Du musst als Austria-Spieler nicht innerhalb der Liga wechseln, um für den internationalen Markt für den nächsten Schritt spannend zu werden. Da klammere ich Salzburg mal aus. Du kannst von der Austria den Sprung in eine Top-5-Liga schaffen, du musst keinen Umweg über Sturm oder den LASK nehmen. Wenn es einer trotzdem macht, kann ich ihm eh nicht helfen, dann bin ich mit meinem Latein am Ende. Dann ist es auch besser, der Spieler geht. Ich will hier Spieler bündeln, die richtig gerne hier sind!“

Muharem Huskovic konnte der Argumentation Ortlechners offenbar folgen, hat erst unlängst seinen auslaufenden Vertrag bis Sommer 2025 verlängert. „Huskovic wollten mehr als die halbe Liga in Österreich und ganz, ganz viele internationale Vereine. Ich hatte fast Gänsehaut, als er mir die Nachricht geschrieben hat, dass er verlängert“, berichtet der Sportchef.

"Ist es zum Training zu kommen, Wash and Go? Oder ist es viel früher hier zu sein, sich auf das Training vorzubereiten, eine längere Nachbereitung?"

Läuft alles perfekt, bleibt Huskovic aber nicht bis Sommer 2025 in Wien-Favoriten. „Ich habe zu ihm auch gesagt: ‚Wenn wir gemeinsam glauben, du bist so weit, winke ich dir noch in den Flieger rein und setze mich dann vor den Fernseher, um dir die Daumen zu drücken‘“, erzählt Ortlechner.

Dass es nicht nur mit jungen Kickern geht, ist dem Oberösterreicher bewusst. Aktuell sind Spieler wie Markus Suttner und Alexander Grünwald die Kontrapunkte zu den Huskovics und Braunöders.

Ortlechner will auch künftig Routiniers im Kader: „Wir wollen auch Spieler reinholen, die den Jungen zeigen, was ein professioneller Lifestyle ist, was es heißt, Fußballprofi zu sein. Ist es zum Training zu kommen, Wash and Go? Oder ist es viel früher hier zu sein, sich auf das Training vorzubereiten, eine längere Nachbereitung? Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, dass sich die Jungs länger hier am Gelände aufhalten, um den Lebensstil eines wirklichen Fußballprofis zu leben. Dazu braucht es Spieler, die es ihnen vorleben.“

Und die gäbe es: „In den letzten Wochen haben mich Spieler kontaktiert, die wieder Lust auf die Austria haben. Es wollen wieder mehr Spieler zu uns!“

"ROOF" hält sich raus

Auch von der großen Spieleragentur „ROOF“, von der zwei Geschäftsführer zu den neuen Austria-Investoren zählen?

Ortlechner winkt ab: „Die bringen sich gar nicht ein. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit Andreas Sadlo geplaudert habe. Und Björn Bezemer habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen. Aber es wäre auch nicht verwerflich, würden sie ihre Kontakte einbringen. Aber: Ich verstehe mich mit allen Beratern in Österreich sehr, sehr gut und möchte das auch weiter so einbehalten. Es wäre dumm und fahrlässig, würden wir uns nur auf eine Spieleragentur konzentrieren.“

Der Weg, den die Austria in den vergangenen Monaten nicht unerfolgreich eingeschlagen hat, soll fortgesetzt werden. Muss er auch, will der Klub nicht im österreichischen Mittelmaß versinken.

„In den letzten Jahren haben uns andere Vereine überholt, das ist die Realität, die sich viele nicht eingestanden haben. Aber die Attraktivität der Austria ist wieder gestiegen. Dieser junge Weg ist megaattraktiv. Und wir sind erst am Anfang“, kündigt Ortlechner an.

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