Endstand
0:4
0:1, 0:3
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Desolate Lustenauer: „Das kann man so nicht akzeptieren!“

Lustenau schlittert gegen Hartberg in ein 0:4-Debakel. Die Vorarlberger lassen dabei jegliche Fußball-Tugenden vermissen. Auch Markus Mader scheint angezählt.

Desolate Lustenauer: „Das kann man so nicht akzeptieren!“ Foto: © GEPA

Von wegen Aufwärtstrend - Austria Lustenau steckt weiterhin tief in der Krise.

In der Vorwoche gegen Aufsteiger Blau-Weiß Linz noch mit einem Punktgewinn sowie ohne Gegentor, holt die Realität die kriselnden Lustenauer ein. Das 0:4 gegen den TSV Hartberg (zum Spielbericht >>>) stellt einen neuen Tiefpunkt der Lustenauer Bundesliga-Saison dar. Lustenau hat derzeit nach zwölf Runden drei Punkte auf dem Konto, ist zuhause ohne Zähler, Torverhältnis: -23.

"Es is natürlich jetzt gerade sehr schwer, das Spiel zu verdauen, dafür Worte zu finden", meinte Sportvortand Alexander Schneider nach dem Spiel bei "Sky".

Er war sichtlich verstört ob der Leistung des Teams. "Wir werden am Montag die Schlüsse ziehen, was gut gemacht wurde und was nicht", sagte Markus Mader. Insbesondere die Analyse eines der beiden Punkte wird nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen. 

"Ein No-Go"

Von Beginn an machte Hartberg das Spiel, Lustenau hatte nur gut 30 Prozent Ballbesitz. Bereits in der vierten Spielminute landete der Ball am Lustenauer Pfosten. Hartberg belohnte sich schließlich in der 36. Spielminute mit dem 0:1 durch Donis Avdijaj, zuvor spielten die Hartberger den Ball über mehrere Stationen vors Tor.

"Das war überragend gespielt, das war richtig stark, ist schwer zu verteidigen", meinte Stefano Surdanovic im "Sky"-Interview. Kapitän Pius Grabher sah es anders: "Sie können sich drei, vier Pässe im Sechzehner zuschieben  - was absolut ein No-Go ist."

Ebenfalls ein No-Go: Das Einsteigen Grabhers kurz darauf. Per eingesprungener Grätsche auf Schienbeinhöhe räumte er Gegenspieler Sangare ab - eine rüde Attacke, die zurecht mit Rot geahndet wurde. Sowohl Sportkoordinator Alexander Schneider und Cheftrainer Markus Mader zuckten zusammen, als sie die Aktion im Interview erstmals sahen.

"Über die Farbe der Karte muss man da nicht diskutieren. Ich bin froh, dass der Spieler weitermachen konnte. "Eine klare Rote", meinte auch Mader. Absicht wollten beide Grabher nicht unterstellen. Er selbst meinte: "Wer mich kennt, weiß, dass ich keine Person bin, die bewusst so in den Zweikampf geht. Es schaut fürchterlich aus, war so nicht gewollt." 

"Sie haben uns klar die Grenzen aufgezeigt"

In Unterzahl zeigte sich Lustenau dann fortlaufend stehend K.o. "Es ist schwer, gegen so eine starke Mannschaft zu zehnt was auszurichten. Sie haben uns klar die Grenzen aufgezeigt", musste Mader anerkennen.

"Aus einer Umschaltsituation fällt das 0:1, dann die Rote Karte - das sind alles Nackenschläge, die in der derzeitigen Situation schwer zu verdauen sind. Gerade da muss man sich in der 2. Hälfte mit einem Mann weniger deutlich mehr wehren und die Basics an den Tag legen. Das hat die Mannschaft speziell in der 2. Halbzeit nicht gemacht", sagte Schneider.

Und wurde deutlich: "Speziell die 2. Halbzeit kann man so nicht akzeptieren." Die Gegenwehr der Lustenauer in Hälfte zwei? Quasi inexistent. Frieser sowie Entrup per Doppelpack gestalten die siebte Heimniederlage im siebten Heimspiel noch deutlich. Bei besserer Chancenverwertung der Gäste wäre Lustenau ohnehin in ein Debakel geschlittert.

"Wir haben die Schnauze voll"

Nur gut 30 Prozent Ballbesitz, nahezu keine gewonnenen Luftzweikämpfe, weniger als die Hälfte der Pässe in der gegnerischen Hälfte kamen an, im gegnerischen Drittel ohnehin nur knapp 40 Prozent. Dazu nur 35 Prozent gewonnene Tackles und kein einziger Schuss auf das Hartberger Tor - es sind erschütternde Statistiken, die die Lustenauer erspielten.

Die Fans sahen es ähnlich. Noch während des Spiels ließen sie wissen: "Wir haben die Schnauze voll!" und forderten: "Wir wollen euch kämpfen sehen!" Erstmals in dieser Saison zeigte die Nordkurve ihren Unmut, zitierte die Mannschaft nach dem Spiel vor die Tribüne.

"Das ist das Schlimmste, was man von einem Fan hören kann", meinte Surdanovic. "Wir verstehen die Fans, es ist momentan sicher nicht einfach, ins Reichshofstadion zu kommen und uns zuzuschauen. Die Euphorie ist zu Spielbeginn immer recht hoch, man denkt sich, heute wird der Bock umgestoßen", zeigte Grabher Verständnis.

Auch Mader und Schneider sahen es ähnlich, letztgenannter meinte: "Das ist vollkommen gerechtfertigt, das haben sie nicht verdient, wie sie jede Woche unsere Mannschaft pushen - da haben sie jedes Recht der Welt, so deutlich zu werden. Wir schaffen es nicht, die Heimspiele zu gestalten. Die Fans haben geschrien 'Wir wollen die Austria sehen' - das trifft es gut. Das, was wir die letzten zwei Jahre auf den Platz gebracht haben, ist nicht das, was wir im Moment auf den Platz kriegen." 

Der Kopf spielt nicht mit

Wieso es aktuell nicht läuft, dafür finden alle Beteiligten ähnliche Gründe. "Es ist nicht allzu lange her, dass wir von internationalem Fußball geredet haben. In drei, vier Monaten kannst du das Fußballspielen nicht verlernen. Wir müssen es hinkriegen, dass die Jungs wieder kicken, wieder Spaß am Platz haben", so Surdanovic. 

"Weil im Sport der Kopf das wichtigste ist. Wir haben Qualität, können Fußball spielen. Wenn man den Auftritt heute sieht, haben wir viel vermissen lassen. Das hat mit dem Kopf zu tun", so Grabher. "Irgendwann wird der Moment kommen, wo es 'klick' macht - er darf nur nicht zu spät kommen."

"Man muss ganz ehrlich sagen: Es fehlt das Selbstvertrauen. Woher soll es auch kommen, wenn du permanent verlierst? Wir treffen immer wieder falsche Entscheidungen. Unsere größte Stärke war das Umschaltspiel, jetzt kommen die Bälle nicht mehr durch, wir bringen die Stürmer nicht ins Laufen, machen es zu kompliziert", erklärte Mader.

Klares Bekenntnis? Ausbleibend

Auch der Trainer selbst scheint nach dem blutleeren Auftritt angezählt.

Schneider vermied jedenfalls ein klares Bekenntnis, wenngleich er meinte: "Wir tun gut daran, wenn wir unseren Weg gehen und uns nicht so viel rechts und links beeinflussen lassen, was geredet wird. Das zieht einen eh nur runter. Wir müssen uns auf uns fokussieren und gemeinsam da rausfinden."

Ob Mader die Spieler noch erreiche? "Wenn die Bälle in der Offensive so unsauber gespielt werden oder das Foul von Pius - das hat nichts damit zu tun. Das sind Dinge, die im Moment passieren, wo wir gemeinsam raus müssen", so Schneider.

"Am Schluss stehen wir Spieler am Platz, der Trainer kann uns nicht vorgeben, wie wir in den Zweikampf gehen sollen. Da muss sich jeder selber an der Nase nehmen. Das 1:0 war sinnbildlich, wir erobern den Ball an der Mittellinie, verlieren ihn - und dann entsteht das Tor", so Grabher. "Sie geben Gas, wir versuchen, das umzusetzen. Heute ist das nicht gelungen", meinte Surdanovic über das Trainerteam.

"Gehe davon aus, am Dienstag in den Bus zu steigen"

Die Fans jedenfalls werden die Austria auch am Mittwoch im Cup in St. Pölten sowie am Samstag in Favoriten unterstützen, so Grabher. Ob Mader dann noch auf der Trainerbank sitzt, scheint nicht ganz klar. "Wir werden weiter arbeiten, weiter kämpfen - versuchen, das Boot in die richtige Richtung zu steuern", so Mader.

Noch erreiche er die Mannschaft, sagte der 55-Jährige: "Ich merke, wie die Jungs unter der Woche mitziehen. Wenn sie die Schnauze voll von mir hätten, würden sie nicht solche Trainingsleistungen abrufen." Er werde die Woche nutzen, um wieder viele Einzelgespräche zu führen.

Ob er dazu noch die Gelegenheit bekommt, "entscheide nicht ich, sondern der Vorstand. Ich habe noch nichts anderes gehört und gehe davon aus, dass ich am Dienstag in den Bus steigen werde."


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