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Sturm Graz: Zwischen Euphorie und "Fußball-Nörglern"

Die Erwartungshaltung im Sturm-Umfeld ist bekanntlich nicht gerade gering. Sportchef Schicker erläutert, mit welcher Kritik man auch leben können muss.

Sturm Graz: Zwischen Euphorie und Foto: © GEPA

Auch vor einem Jahr stand für den SK Sturm Graz zum Frühjahrs-Start ein Kracher auf dem Programm - sogar der größtmögliche.

Im ÖFB-Cup wartete das Gastspiel beim FC Red Bull Salzburg, bei dem die Steirer letztlich einen vorentscheidenden Schritt in Richtung Gewinn dieses Titels tätigten.

Selbiger war vor einem Jahr das deutlich formulierte Ziel. Diesmal könnte man vor dem Viertelfinale gegen Austria Wien (20:30 Uhr im LIVE-Ticker) den Eindruck bekommen, dass dieser Wettbewerb als einer von deren drei, in denen Sturm noch Ambitionen hat, ein wenig nebenher mitläuft.

Ganz so ist es allerdings auch wieder nicht. Denn natürlich schielen die "Blackies" nach dem Finalsieg 2023 gegen Rapid auf einen erneuten Auftritt in Klagenfurt.

"Da wollen wir wieder hin!"

Für Geschäftsführer Sport Andreas Schicker ist die Titelverteidigung ein Ziel, wie er im Gespräch mit LAOLA1 betont:

"Wir hatten voriges Jahr in Klagenfurt ein Erlebnis, das aus meiner Sicht von der Stimmung her das beste Fußball-Spiel war, das es in Österreich je gegeben hat. Da wollen wir wieder hin! Und wenn wir schon in Klagenfurt sind, wollen wir natürlich nicht ohne Pokal heimfahren, sondern wenn möglich mit. Wir wissen aber natürlich, dass wir davor noch drei große Spiele vor uns hätten."

Im Grazer Umfeld wird derzeit - durchaus verständlich - viel über den anstehenden Europacup-Auftritt gegen Slovan Bratislava sowie die Meister-Chance debattiert. In Sachen Cup ändert diese Situation für Schicker jedoch nicht wirklich etwas.

Im Hinblick auf den Cupsieg 2023 meint er: "Dieses Erlebnis hat etwas gemacht mit den Spielern. Man spürt auch, wie heute teilweise noch davon geredet wird. Dabei muss man jedoch immer aufpassen, denn was gestern war, interessiert keinen mehr."

Schicker: Die Mehrheit unterstützt den Weg

Sich zu lange am Erfolgsgefühl von gestern zu berauschen, bringt in einem sehr auf die Gegenwart fokussierten Geschäft in der Tat wenig. Noch dazu, wenn Erfolge eine gewisse Gewohnheit erzeugen.

Dass die Erwartungshaltung Hand in Hand mit der starken sportlichen Entwicklung der vergangenen Jahre gestiegen ist, ist ebenso nichts Branchenunübliches.

"Es geht auch um Unterhaltung - geht man ins Stadion, will man Spektakel sehen. Das ist aber nicht immer möglich, weil die Kicker keine Maschinen sind."

Andreas Schicker

Der Spagat bei Sturm zwischen Euphorie und dem im Herbst unüberhörbaren Rumoren und Motschgern über so manche Leistung ist ein spannender.

"Wenn du über einen längeren Zeitraum erfolgreich spielst, gibt es immer den Fußball-Nörgler. Ich habe das Gefühl, dass der eine oder andere auch deswegen ins Stadion geht", schmunzelt Schicker, stellt in Bezug auf Sturm jedoch auch klar:

"Auf der anderen Seite habe ich auch das Gefühl, dass das nur ganz vereinzelt ist. Natürlich werden negative Sachen vielleicht vermehrt gehört, aber ich denke, dass die Mehrheit absolut unseren Weg unterstützt und mitgeht."

Womit man leben und umgehen können muss

Der Erfolg gibt dem Weg von Schicker und Trainer Christian Ilzer auch recht. Platz zwei mit zwei Punkten Rückstand auf Serienmeister Salzburg und das erstmalige internationale Überwintern seit 23 Jahren, sprechen für sich - wohlwissend, dass nicht konstant Fußball fürs Auge geboten wurde.

Das ist auch Schicker bewusst: "In einer erfolgreichen Phase wird vieles normal. Wenn dann nicht immer ein Feuerwerk dabei ist, wird eben ein bisschen gemotschgert. Damit müssen wir leben und umgehen können, dafür haben wir auch bis zu einem gewissen Grad Verständnis. Es geht auch um Unterhaltung - geht man ins Stadion, will man Spektakel sehen. Das ist aber nicht immer möglich, weil die Kicker keine Maschinen sind, die auf Knopfdruck abrufen. Der Herbst war in vielen Phasen schon sehr herausfordernd."


"Sehr herausfordernd" sei es folglich auch für die schwarz-weiße Führungscrew gewesen, das Thema Erwartungshaltung zu moderieren.

"Im Herbst haben wir nicht immer am Limit gespielt. Das hatte zu einem großen Teil auch mit der Personalsituation zu tun. Fürs Frühjahr sehe ich in gewissen Abschnitten absolut das Potenzial, dass wir besser werden können. Das weiß auch die Mannschaft. Ich habe in der Türkei viele Einzelgespräche mit Spielern geführt. Sie wissen, dass wir super dastehen, aber nicht absolut am Anschlag waren", so Schicker.

Ein schmaler Grat in Sachen Erwartungshaltung

Luft nach oben als ideale Ausgangsposition, könnte man meinen. "Das ist immer auch ein schmaler Grat", warnt Schicker schmunzelnd, "wenn man das zu oft nach außen trägt, geht die Erwartungshaltung gleich noch mal nach oben. Da muss man immer ein bisschen aufpassen."

Womit wir wieder beim Moderieren sind. Interne und externe Kommunikation müssen sich bekanntlich nicht immer decken. Nach innen hin weiß man bei Sturm laut Schicker sowieso, wie man die Lage zu bewerten hat:

"Der Vorstand, Thomas Tebbich, Chris Ilzer und ich - wir können das alles gut einschätzen. Wir wissen, wie weit wir sind. Was haben wir geliefert? Was war überhaupt möglich? Dann bin ich auch wieder sehr zufrieden und sage: Am Ende ist im Herbst nicht mehr gegangen. Wir waren nicht immer am Toplevel, aber punktemäßig haben wir alles rausgeholt."

Dies ist die Basis, welche so manchen Fan von einem historischen Frühjahr träumen lässt. Angesichts des Cup-Auftakts gegen die Austria, Liga-Duellen mit Salzburg und Rapid sowie dem Conference-League-Duell mit Slovan Bratislava kann man getrost von einem richtungsweisenden Februar sprechen.

Auch wenn es keiner hören will...

Man müsse "jeden Bewerb individuell" sehen, betont Schicker. Im Cup möchte man erneut in Klagenfurt reüssieren, im Europacup "aus zwei Spielen mehr machen. Es wäre ein Riesenerfolg, wenn wir gegen Slovan weiterkommen."

Und in der Liga?

Kampfansagen in Richtung Meistertitel vermeidet Schicker. Vor der Punkteteilung sei es sowieso noch zu früh: "Jetzt heißt es, Punkte zu hamstern und dann warten die entscheidenden Spiele."

Selbige hat man in der Vorsaison gegen Salzburg verloren. An der Favoritenrolle hat sich für den Grazer Sportchef auch nichts geändert:

"Fakt ist, auch wenn es keiner hören will: Salzburg ist für mich auch heuer wieder ganz klar der Favorit. Wir werden sehen, ob unsere Mannschaft dahingehend einen Schritt gemacht hat, dass wir in den entscheidenden Spielen näherkommen."

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