Neue Saison, neues Glück! Österreichs Schiedsrichter suchen weiter den internationalen Anschluss.
Auf der ÖFB-Homepage war vergangene Woche zu erfahren, dass gleich zehn Elite-Referees in der ersten Qualifikationsrunde der Europacup-Saison 2025/26 einen Einsatz bekamen.
Laut der Schiri-Pressestelle war auch die Saison 2024/25 ein voller Erfolg. Das ÖFB-Schiedsrichterwesen feierte sich Ende Juni für die Teilnahmen an diversen Top-Veranstaltungen.
Assistentin bei Frauen-EM, Referee beim Regionscup-Finale
Eine Assistentin bei der Frauen-Europameisterschaft, ein Assistent bei der U19-Endrunde, ein Beobachter bei der U17-Endrunde und dann noch ein Schiedsrichter und Assistent beim Regionscup-Finale in San Marino (Anm. der Red.: ein UEFA-Bewerb für Amateurmannschaften).
Sind das die Ziele, die sich der ÖFB, Technical Direktor Viktor Kassai (im Bild Mitte) und der administrative Leiter des Schiriwesens Ali Hofmann (im Bild links) gesteckt haben?
Wenn ja, dann "Gute Nacht Österreich!". Währenddessen zeigten zuletzt bei der U21-EM-Endrunde im Nachbarland Slowakei Schiedsrichterteams aus den eigentlich hinter Österreich vermuteten Fußball-Ländern wie Litauen, Georgien und Aserbaidschan ihr Können.
Ist das Glas bei den heimischen Referees nun halb voll oder halb leer? Die Funktionäre des ÖFB sehen die Schiedsrichtersituation durchaus optimistisch, viele Fans, Ex-Schiris, Experten und auch LAOLA1 betrachten die Lage hingegen eher pessimistisch.
Zugegeben, das tiefste Tal ist wahrscheinlich durchschritten. Der Aufstieg gestaltet sich schwierig und benötigt sicher auch eine gewisse Portion Lobbyismus, um Österreichs Referees bei UEFA und FIFA wieder zu bedeutenden Einsätzen zu bringen.
Hoffnungen ruhen auf Ebner und Ciochirca
So sollen unter anderem der Oberösterreicher Stefan Ebner sowie die Steirer Christian-Petru Ciochirca und Jakob Semler, dessen Start bei einem U17-Turnier aber holprig verlief, auf die internationale Bühne gehoben werden.
Sie sollen früher oder später in der Gruppenphase bzw. in den Playoff-Runden der Champions- und Europa League zum Einsatz kommen.
Um das zu realisieren, muss auch in der ÖFB-Zentrale alles unternommen werden, um den steinigen Weg rasch und konsequent weiterzugehen.
Der Fußball-Bund besitzt als Mitglied der UEFA-Schiedsrichter-Konvention als integrierenden Bestandteil seiner Administration eine eigene Abteilung Schiedsrichterwesen die wiederum mindestens einen Manager umfassen muss, der Schiedsrichterexperte ist.
Der Schiedsrichter-Manager muss Vollzeit arbeiten, um alle Angelegenheiten der Schiris im Verband zu koordinieren. Mit ein wenig Augen zudrücken bekommt der ÖFB das hin.
Ex-Top-Schiri Kassai nur am Wochenende in Österreich
Auch wenn der administrative Leiter der Unparteiischen mangels eigener Erfahrungen im Schiedsrichterwesen vielleicht nicht der geforderte Experte ist und der ungarische Technische Direktor – als Welt-Schiedsrichter des Jahres 2011 unbestritten der geforderte Experte – offensichtlich nicht Vollzeit beschäftigt wird. Kassai reist in der Regel nur am Wochenende (zumeist Freitag bis Sonntag) von Ungarn aus nach Österreich.
Ali Hofmann ist als "Administrativer Leiter der Schiedsrichterabteilung" beschäftigt. Nach außen hin hat der Wiener aber einen Führungsanspruch entwickelt und tritt gerne als selbsternannter "Schiedsrichter-Chef" in der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber den Schiedsrichtern auf.
Dabei beinhaltet sein ÖFB-Jobprofil, dass er gemeinsam mit seinen insgesamt fünf Mitarbeitern zu denen auch der Technische Direktor Kassai und VAR-Manager György Ring zählen, eine Reihe von Aufgaben, aber keinerlei "Führungsrolle" inne hat.
Die Schiri-Abteilung muss Entscheidungen der Schiedsrichterkommission umsetzen und die Kommission bei der Entwicklung des Schiedsrichterwesens innerhalb des ÖFB unterstützen. Weiters zählen die Vorbereitung und Führung eines detaillierten Budgets und der Kostenabrechnung gemäß der Schiedsrichter-Konvention zur Genehmigung durch die Schirikommission zu den Aufgaben.
Ali Hofmann wehrt sich gegen kritische Berichterstattung
LAOLA1 hat in der Vergangenheit immer wieder Vorgänge im Elite-Schiedsrichterwesen hinterfragt und sich auch kritisch gegenüber Kassai und Hofmann geäußert.
Anstelle sich in diverse Verschwörungstheorien zu vertiefen - ausgesprochen während eines Anfang Juni eigens einberufenen Video-Meetings mit allen Match-Offiziellen, in dem er behauptete, dass ein Bruder eines Tiroler Referees der "Whistleblower" wäre -, sollte sich Hofmann vermehrt um seine administrativen Aufgaben kümmern, denn da wartet einiges an Verbesserungsbedarf.
"VAR Österreich" löst eigentlich nach jeder Runde in der Regel drei meist strittige Szenen auf – lediglich die Aufarbeitung der 32. Runde fehlt. Es wäre aber interessant gewesen, wie eine Handspielszene beim Spiel LASK gegen SCR Altach bewertet wurde. Referee Ciochirca entschied auf Weiterspielen und blieb trotz OFR (On-field Review, Betrachtung der TV-Bilder am Spielfeldrand) bei seiner Entscheidung.
Wer lag richtig? Der steirische Unparteiische oder sein VAR Spurny? Aufgelöst ist die Szene bis heute nicht, sondern sie wurde offensichtlich unter den Tisch gekehrt. Nach Expertenmeinung übrigens ein klares Handspiel.
Wollten die Verantwortlichen hier jemanden bewusst schützen oder einfach nicht an der Statistik kratzen? Unglaublicherweise wird ja von Kassai ein VAR-Fehler in jeder zweiten Runde als durchaus in Ordnung angesehen.
Projekt Profi-Schiedsrichter aktuell kein Thema
Auch beim Projekt Profi-Schiedsrichter ist Sand ins Getriebe geraten. Vollmundig von Hofmann vor geraumer Zeit angekündigt, ist das Thema zurück in die Schublade gewandert.
Dass ab Sommer 2026 Profi-Schiris kommen könnten, ist wohl unrealistisch. Auch aufgrund diverser rechtlicher Hürden dürfte das Projekt innerhalb des ÖFB aktuell kein Thema mehr sein.
Details können sich die Unparteiischen möglicherweise am kommenden Wochenende in Salzburg beim traditionellen Sommerlehrgang erwarten. Dort wird vielleicht auch erklärt, warum die personellen Änderungen (Vertragsverlängerungen Kassai und VAR-Manager Ring sowie der Nachfolger vom bisherigen Assistenten-Verantwortlichen Gutschi) nicht im Video-Meeting Anfang Juni, sondern erst am 30. Juni in einer Aussendung nahezu zeitgleich mit der Medien-Info bekanntgegeben wurden.
Kein Thema mehr sind auch Österreichs Elite-Referees bei den Rückspielen und somit der Entscheidung in den diversen Spielen der 1. Europacup-Runde.
Während Ciochirca im Hinspiel der Champions League noch in Bulgarien im Einsatz war und Semler ein Hinspiel in der Conference Leage in Montenegro leitete, beobachten Österreichs Top-Referees die Entscheidung über den Aufstieg in die 2. Quali-Runde der diversen Europacupbegegnungen nur noch daheim vor den Livestreams.