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Hofmann: "Drehbuch eines kitschigen Films"

Ein spezieller Tag! Hofmann wie ferngesteuert, in Ekstase, mit Tränen und Tor.

Nach 540 Spielen für Rapid ist es endgültig vorbei.

Steffen Hofmann stand gegen Altach zum letzten Mal vor eigenem Publikum auf dem Platz und kann sich nicht vorstellen, kommende Woche noch in den Bus zum WAC zu steigen.

In der 66. Minute eingewechselt, sorgte er für Begeisterungsstürme und Gänsehaut-Momente, denn sein Treffer zum 4:1 (Spielbericht) war der Schlusspunkt unter eine eindrucksvolle Karriere.

„Das Drehbuch für so einen kitschigen Film hätte man nicht besser schreiben können“, konnte es Hofmann selbst nicht fassen.

„Dann hat irgendwer die Fernbedienung übernommen“

Mit einer eigenen Choreo und fast 90 Minuten Hofmann-Sprechchören sorgten die Rapid-Fans für eine ganz eigene, besondere Stimmung im Allianz-Stadion.

16 Jahre gingen nicht spurlos vorüber, die Kultfigur sagte plötzlich wirklich servus. Hofmann weinte, freute sich, wurde eingewechselt, spielte eine starke Partie und krönte alles noch mit einem Treffer. Aber wie hat der 37-Jährige selbst seinen ganz speziellen Tag erlebt?

„Die Nacht war sehr kurz bei mir. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt geschlafen habe. Ich bin schon sehr früh im Stadion gewesen, weil ich es daheim nicht mehr ausgehalten habe. Dann hat irgendwer die Fernbedienung übernommen und ich bin wie ferngesteuert herumgelaufen“, gibt Hofmann zu, dass er die ganzen Geschehnisse gar nicht alle wahrnehmen konnte.

„Ich habe mich über die Einwechslung gefreut. Dass ich dann noch ein Tor schieße, ist in Wahrheit ein Wahnsinn. Es war ein sehr schwieriger Tag, der irgendwann kommen musste. Heute war er da. Es war nicht leicht, aber was alles im Stadion passiert ist und wie mich die Rapid-Familie gefeiert hat, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Das ist etwas Einzigartiges, das weiß ich zu schätzen und will allen danken.“

„Dann auch noch das Tor zu machen – das war kitschig“

Laut Trainer Goran Djuricin war der Zeitpunkt der Einwechslung mit der Nummer 11 abgesprochen. Die Fans hätten Hofmann aber schon gerne früher gesehen.

Plötzlich wurde angestimmt: „Gogo, was ist mit dir?“ Doch der Trainer bekam dies erst im Nachhinein mit und scherzte: „Hätte ich das gehört, hätte ich ihn natürlich früher gebracht.“

„So wie gestern Frankfurt gegen Bayern war auch das heute eine Wahnsinnsgeschichte, die das Leben spielt. So wie Steffen dann noch das Tor gemacht hat, mit so einer Klasse, das hat seine 16 Jahre widergespiegelt“, schwärmte auch Djuricin und fügte hinzu: „Steff war voller Energie, so habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Dia Fans waren ein Wahnsinn und haben uns gehoben. Es war kitschig und schön.“

Sein Lupfer im zweiten Versuch spiegelte tatsächlich Hofmanns Qualität, auch noch im hohen Alter, wider.

„Ich habe gehofft, dass Louis nicht mehr hingeht, auch wenn ich ihm auch noch ein Tor vergönnt hätte. Aber er hat gesehen, dass ich es war und hat es lieber nicht gemacht. Es war unbeschreiblich, ich habe mich unheimlich gefreut, spielen zu dürfen. Dann auch noch das Tor zu machen - das ist kitschig. Für mich ist es ein Wahnsinnsgefühl gewesen.“

„Ich habe sehr viel genossen, war aber auch sehr oft traurig“

Dass er den Abschied dann auch noch mit seiner Frau und seinen drei Kindern am Rasen feiern durfte, machte den Tag aus seiner Sicht perfekt.

„Die Kinder waren eh oft im Stadion und wissen, was los war. Beim Kleinen weiß ich nicht, ob er das begreift, was heute passiert ist. Für mich war es schön, dass sie mit mir unten waren. Meine Kinder haben mir unheimlich viel Kraft gegeben, auch in schwierigen Phasen. Die hat es in letzter Zeit auch gegeben.“

Schwierig wird auch die Zeit danach. Denn das abrupte Ende einer eindrucksvollen Karriere gilt es erst einmal zu verkraften. Denn nichts hat Hofmann mehr geliebt, als tagtäglich in die Kabine zu kommen und dem Beruf nachzugehen, den er immer gerne gemacht hat.

„Dass man mit sowas nicht gerne aufhört, ist ganz klar. Das habe ich mein ganzes Leben gemacht, ich habe jeden Tag geliebt. Es gibt nichts Schöneres, als dies zum Beruf zu machen. Es wird nicht einfach, aber dieser Tag ist für mich heute verflogen, das meiste habe ich gar nicht so richtig wahrnehmen können. Ich habe sehr viel genossen, war sehr oft auch traurig. Aber als ich von Platz runtergegangen bin, war es für mich einfach schön, wie das Ganze heute gelaufen ist. Das war wunderbar!“

„Ich bin nicht aus der Welt“

So wie seine Karriere mit zwei Meistertiteln, vielen internationalen Ausrufezeichen und dem Aufstieg zur Kultfigur und Vereinsikone.

Wie lange er wohl brauchen wird, um das Karriereende wegzustecken? „Ich habe keine Ahnung, es ist mein erstes Karriereende“, scherzt der Deutsche. „Es wird sicher eine Zeit dauern.“

Doch Hofmann ist nicht weg und bleibt Rapid erhalten. Statt in die Kabine, geht es zur Talenteförderung. Mit diesen will Hofmann sogar auch in Zukunft auf dem Platz stehen und auch Djuricins Schützlingen Nachhilfe geben, wenn sie Freistoß-Tricks brauchen.

„Mein großer Vorteil ist, dass ich nicht aus der Welt bin, sondern beim Verein bleibe und hier arbeiten darf. Darauf freue ich mich. Ich weiß aber natürlich, was mir in nächster Zeit am meisten abgehen wird.“

Sprach er und schritt durch die Türe. Zum letzten Mal im Allianz-Stadion als Fußballprofi. Seinen kitschigen Abschied hat er sich nach 16 Jahren wahrlich verdient.

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