Es ist das kuriose Ende einer kuriosen Geschichte.
Drei Jahre lang bereicherte der SV Grödig die österreichische Bundesliga. Nun hat Christian Haas nach dem sportlichen Abstieg den Rückzug aus dem Profi-Fußball verkündet.
Der Manager begründet den Schritt damit, dass man rund zwei Millionen Euro für die Erste Liga benötige. Eine Summe, die für den Verein nicht stemmbar sei.
Mit dieser Entscheidung sorgte der Dorfklub aus Salzburg ein weiteres Mal für Aufregung. Denn in ihrer kurzen Bundesliga-Geschichte haben die Grödiger richtig viele Spuren hinterlassen.
Vom Stadion in der Maisfeld-Idylle über den Wettskandal rund um Dominique Taboga bis zur Platz-Sperre. Der Verein war immer für einen Aufreger gut.
LAOLA1 fasst die denkwürdigsten Episoden zusammen:
Die LAOLA1-Dreierkette bespricht die Entscheidung des SV Grödig:
DER AUFSTIEG
Während in Grödig die Freude riesengroß war, fielen die Beurteilungen im Rest von Österreich kritisch aus. Ein Dorfklub in der Bundesliga? „Einige wollen uns nicht, das ist uns bewusst. Aber das motiviert uns noch mehr“, erklärte Manager Christian Haas 2013, kurz bevor der Aufstieg fixiert wurde. Zehn Jahre davor war der Verein noch in der 1. Klasse (sechsthöchste Liga) beheimatet. Verantwortlich für den steilen Weg nach oben war das Vater-Sohn-Duo Toni und Christian Haas. Gemeinsam mit Hautsponsor und Metallverwerter Scholz, der das Unternehmen der Familie Haas vor ein paar Jahren übernommen hatte, führten sie den Klub aus der 7.000-Einwohner-Gemeinde nach oben. Sportlich hatten sich die anfangs als „Village People“ belächelten Grödiger den Aufstieg in die Bundesliga absolut verdient, vom infrastrukturellen Umfeld konnte man das jedoch nicht behaupten.
DIE STADIONZUFAHRT
Symptomatisch für das provinzielle Image des Klubs waren die Diskussionen rund um die Erneuerung der Stadionzufahrt. Um die damals noch „Untersberg-Arena“ genannte Heimstätte des Klubs bundesligatauglich zu machen, mussten nicht nur Zusatztribünen und ein zweistöckiges VIP-Zelt errichtet werden. Auch eine neue Straße musste her. Der einzige Weg, der bis zum Zeitpunkt des Aufstiegs zum Stadion führte, verlief mitten durch den Ort und danach einspurig entlang zahlreicher Korn- und Maisfelder. Die neue Zufahrt wurde jedoch erst im Laufe der Saison asphaltiert. Ein provisorisch eingerichteter Kreisverkehr sowie eine als Parkplatz fungierende Wiese rundeten die kuriose Anfahrt zur Grödig-Heimstätte ab.
DIE CAUSA TABOGA
Sportlich sorgten die Grödiger in der Bundesliga von Beginn weg für Furore. Mit ihrem turbulenten Angriffspressing spielte die Mannschaft von Adi Hütter im oberen Tabellendrittel mit. Im November erschütterte jedoch ein Manipulationsskandal den gesamten Verein. Im Zuge des Wettskandals wurde Kapitän Dominique Taboga, der auch 5.000 Euro aus der Mannschaftskassa entwendet hatte, verhaftet. Mit Thomas Zündel trennten sich die Salzburger aufgrund der Affäre von einem weiteren Stammspieler. Eine Notelf, ohne die entlassenen Zündel und Taboga sowie zahlreichen Verletzten, gewann Ende November gegen Meister Austria 1:0. Nach dem Spiel flossen Tränen. „Ich bin stolz, wie meine Spieler kämpfen, wie sie spielen, dass sie es schaffen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren“, zeigte sich der Trainer angetan.
DIE TRIBÜNEN
Nur 1.065 überdachte Sitzplätze fasste die Untersberg-Arena zu Beginn der Saison 2013/14. Eigentlich zu wenig für die Bundesliga, doch Übergangsbestimmungen gaben den Grödigern bis zum 15. März 2014 Zeit, um für die vorgesehenen 3.000 überdachten Sitzplätze zu sorgen. Mittlerweile erfüllt das „DAS.GOLDBERG-Stadion“ alle A-Kriterien der Bundesliga. Im Februar 2014 wäre es aufgrund einer fahrlässig errichteten temporären Tribüne fast zu einer Tragödie gekommen. Beim Spiel gegen Wolfsberg (3:0) knickten Teile des Gästesektors ein. Mit einem Leichtverletzten endete der Zwischenfall glimpflich. Man will sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, hätte der Gegner Rapid geheißen und wären statt 50 Anhängern mehr als 1.000 auf der unsicheren Stahlkonstruktion gestanden.
DAS EUROPACUP-WUNDER
Während im Umfeld einige Dinge nicht zufriedenstellend verliefen, gelang sportlich der große Coup. Mit Platz drei in der ersten Bundesliga-Saison hinter RB Salzburg und Rapid löste man das Ticket für die Europacup-Qualifikation. Was anfangs keiner für möglich hielt, wurde Realität. Doch mit dem Erreichen des internationalen Geschäfts war es noch nicht genug. Cukaricki Belgrad wurde in der zweiten Quali-Runde zur Europa League mit einem Gesamtscore von 5:2 aus dem Bewerb verabschiedet. Die in der Red-Bull-Arena ihre Europacup-Heimspiele austragenden Grödiger hielten auch gegen Zimbru Chisinau aus Moldawien gut mit, schlussendlich war aufgrund der Auswärtstorregel beim Gesamtscore von 2:2 jedoch Endstation. Trotz allem überstieg der Ausflug nach Europa jegliche Vorstellungskraft und wird nicht allzu schnell zu wiederholen sein.
DER KRAMPUSLAUF
862 Gäste bei einem Bundesliga-Spiel. Auch damit hat Grödig Schlagzeilen geschrieben. Geschehen im Dezember 2014 beim 0:5 gegen die Admira. Der Grund ist für einen Dorfklub typisch: Zeitgleich besuchten mehr als 1000 Menschen den Grödiger Krampuslauf im Ortszentrum. Dem Zuschauerschnitt der Bundesliga wird der Abschied des Absteigers also gut tun. In kein anderes Stadion der obersten Spielklasse kamen vergangene Saison weniger Gäste. 1.567 Besucher waren es im Schnitt.
DER RASEN
Im Februar 2015 entzog die Bundesliga dem Verein die Stadion-Zulassung. „Die aktuelle Beschaffenheit des Spielfeldes entspricht nicht den Stadionbestimmungen“, erklärte die Liga in einer Aussendung. Haas verteidigte sich: „Wir können nichts dafür, dass es 40 cm geschneit hat." Die beiden Heimspiele gegen den WAC und Sturm mussten deswegen in den März (11. bzw. 18.) verschoben werden. Aus der Not machten die Grödiger eine Tugend: Die Platz-Sperre wurde dazu genutzt, dem Stadion eine Rasenheizung zu verpassen. "Nun erfüllen wir alle Anforderungen der Bundesliga vollständig", jubelte Haas, der von einem "Meilenstein" sprach. Installiert wurde die Rasenheizung von "Bull-Bau", einer Red-Bull-nahen Firma. Im Gegenzug trug Liefering seine Heimspiele in Grödig aus. Während des Umbaus wurde die Salzburger Red-Bull-Arena als Ausweichstadion genutzt.
DIE SPONSOREN-VERLOSUNG
Ein harter Schlag traf den Verein am Ende der vergangenen Saison. Geldgeber Scholz, ein Schrotthandel-Unternehmen, zog sich aus dem Sponsoring zurück - der Anfang vom Ende für den Profifußball in Grödig. Daraufhin wurde der Brustsponsor per Auslosung gesucht. Ein Gewinnschein kostete die 250 Teilnehmer je 2.000 Euro. So konnte man rund eine halbe Million Euro in die Vereinskasse spülen. Zum glücklichen Sieger avancierte die Bäckerei Klappacher, die wenig später die Sponsoring-Rechte aber an den Wettanbieter "Interwetten" verkaufte.
DER PRÜGEL-SKANDAL
Letztlich kam Rene Swete mit einer Geldstrafe davon, das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt. Dennoch war die Aufregung nach der 1:2-Niederlage gegen die Austria in der zwölften Runde groß. Frustriert von der Pleite und seiner eigenen Leistung genehmigte sich der Goalie in einer Wiener Bar dem Vernehmen nach zu viele Drinks. Nach einem Streit soll er vor dem Lokal seine Freundin verprügelt haben. Die 26-Jährige erlitt Würgemale am Hals und erstatte nach der Behandlung im Krankenhaus Anzeige. Swetes Aktion ging durch alle Medien, von seinem Verein wurde er zwischenzeitlich suspendiert. Nachdem der Skandal jedoch vor Gericht geklärt wurde, kam der Keeper im Frühjahr wieder zum Einsatz.
DER ABSCHIED
Selbst am Ende sorgte Grödig noch einmal für einen Paukenschlag. Mit seiner Entscheidung, nach dem Bundesliga-Abstieg gleich in den Amateur-Fußball zurückzukehren, bewies Christian Haas einmal mehr, dass halbe Sachen nicht sein Ding sind. "Wir haben uns alle sehr bemüht. Leider wurde das Projekt 'Bundesliga in Grödig' seitens der Wirtschaft und der Zuseher nur rar angenommen. Alle Sponsoren und Fans, die dabei waren, waren klasse", bringt es der Manager auf den Punkt. Mach's gut, lieber SV Grödig! Danke für die unterhaltsamen Jahre im österreichischen Profi-Fußball!