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Austria Wien: Erleichterung und dunkle Wolken

Die violetten Fans reagieren differenziert auf die aktuelle Situation. Eine Schmid/Sekerlioglu-Choreo, Support für das Team, aber Kritik an der Führungsriege.

Austria Wien: Erleichterung und dunkle Wolken Foto: © GEPA

Fast zehn Wochen ist es her, dass der FK Austria Wien die Trennung von seinem Trainer Manfred Schmid verkündet hat.

Wie hoch die Wogen am 5. Dezember 2022 und den darauffolgenden Tagen gingen, ist bestens dokumentiert. Über 1.000 Kommentare unter dem Facebook-Post, über 800 bei Instagram – um auch nur einen wohlwollenden zu finden, muss man sehr, sehr lange scrollen.

Die Zeit mag gewiss nicht alle Wunden heilen, und doch hat unter den violetten Fans Pragmatismus Einzug gehalten.

Eine Choreo für die Ex-Trainer

Wenngleich das Thema Trainerwechsel beim 3:1 gegen Austria Klagenfurt, dem Frühjahrs-Auftakt und gleichzeitig der Pflichtspiel-Premiere von Michael Wimmer als FAK-Chefcoach noch allgegenwärtig war.

Foto: © GEPA

Schon beim Betreten des Stadion wurde jeder eindrucksvoll daran erinnert, was da vor etwas mehr als zwei Monaten passiert ist. "Mani Schmid & Cem: Dank und Anerkennung, erst recht nach dieser harten Trennung!", prangte auf einem Transparent auf der Osttribüne. Dazu riesengroß die Konterfeis von Schmid und seinem ehemaligen Assistent Cem Sekerlioglu.

Neo-Sportvorstand Jürgen Werner sagt bei "Sky" dazu: "Das hat mir gezeigt, dass wir ein demokratischer Klub sind. Andere lassen das vielleicht abhängen."

In der zweiten Hälfte wurden die Fans dann wesentlich deutlicher. "Rudas, Krisch, Werner und Ortlechner: Macht es dem Krätschmer (sic!) gleich und schleichts euch vom Vertreilerkreis!", stand auf einem Transparent.

Die Lizenz und das Wunder

Darin spiegelt sich die komplizierte Gemengelage des Fan-Unmuts bestens wider. Einerseits ist da das fast schon ewige Feindbild Andreas Rudas. Diesen Kampf dürften die violetten Fans letztendlich für sich entschieden haben, Rudas wird dem neuen Verwaltungsrat nach langem Hin und Her aller Voraussicht nach nicht mehr angehören.

Andererseits die aktuelle Führungsriege – die beiden Vorstände Gerhard Krisch und Jürgen Werner sowie Sportdirektor Manuel Ortlechner. Ihnen wird die Trennung von Schmid angelastet.

Und sie müssen in rund einem Monat erklären, warum die Austria die Lizenz in erster Instanz nicht erhalten hat – so nicht ein Wunder geschieht, wirtschaftliche Stunts vollzogen werden oder die Bank Austria (Robert Zadrazil ist Austrias Verwaltungsratsvorsitzender und Vorstandsvorsitzender der Bank Austria) noch einmal kräftig unter die violetten Arme greift.

Denn wenngleich in Sachen Lizenz die Beschwichtigungen nach außen hin gebetsmühlenartig wiederholt werden, blinken intern längst alle Alarmlampen, regiert nur noch das Prinzip Hoffnung.

Die Stimmung in Wien-Favoriten bleibt also ein Pulverfass und wird tendenziell in den kommenden Wochen noch viel schlechter werden.

Aber die Fans gehen dabei durchaus differenziert zu Werke. Die Mannschaft kann für all diese Dinge nichts. Und Neo-Coach Wimmer auch nicht. Dass das der Anhängerschaft bewusst ist, war deutlich zu merken. Entsprechend wurde die "Abteilung Sport" auch freundlich begrüßt und ordentlich angefeuert.

Wimmer sagt: "Die Stimmung war sehr positiv. Ich habe der Mannschaft und mir gegenüber nichts Negatives wahrgenommen. Man hat gesehen, dass die Mannschaft die Fans braucht. Die Unterstützung war großartig, hat uns in den letzten Minuten getragen."

Zur Schmid/Sekerlioglu-Choreo meint er: "Das ist eine Wertschätzung und bestätigt die gute Arbeit meines Vorgängers. Mich freut es, wenn ein Trainer von den Fans so supportet wird, das ist nicht alltäglich."

Wimmer ist erleichtert

Auch die Kicker nahmen die ihnen gegenüber weiterhin sehr positive Stimmung wohlwollend zur Kenntnis. Sie taten auch alles, um diese zu rechtfertigen, starteten wie die Feuerwehr ins Heimspiel gegen Austria Klagenfurt.

Neo-Abwehrchef Marvin Martins erklärt: "Wir wissen, dass die Fans nicht zufrieden waren. Wir mussten ihnen zeigen, dass der Trainer nichts dafür kann. Auch wenn Manfred Schmid super Arbeit gemacht hat, ist jetzt eine neue Ära, wir müssen nach vorne schauen."

Wimmer schickte sein Team mit einem klaren Auftrag ins Spiel: "Wir wollten dem Gegner sofort zeigen, dass wir zuhause spielen, sie sollten sofort spüren, dass wir gewinnen wollen. Pressing, Gegenpressing – die sollen spüren, dass wir da sind und aggressiv sind."

Nach 90 Minuten war die Austria für ihre Fans dann zumindest auf dem Rasen wieder "der beste Klub der Welt".

Und Wimmer konnte aufatmen: "Ich würde lügen, würde ich sagen, ich bin nicht richtig erleichtert. Ich habe das ja alles mitbekommen. Jeder Sieg ist ein Stück weit Erleichterung und Durchatmen."

Ruhe kehrt bei der Austria deshalb aber noch lange nicht ein.

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