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FC Wacker Innsbruck: Eine sportliche Ruine

LAOLA1 mit großer Analyse, was zum Abstieg von Wacker Innsbruck geführt hat.

FC Wacker Innsbruck: Eine sportliche Ruine Foto: © GEPA

Als zynischer Beobachter des FC Wacker Innsbruck könnte man nach dem vierten Abstieg in diesem Jahrtausend von „Business as usual“ sprechen.

Und doch herrscht diesmal eine völlig andere Stimmung rund um das Tivoli Stadion. Denn diesmal könnte es sich um mehr als einen „normalen“ Abstieg handeln – es könnte das Ende für lange Zeit für den Profi-Fußball in Tirols Landeshauptstadt sein.

LAOLA1 analysiert die Gründe für den direkten Wiederabstieg der „Schwarz-Grünen“ und wagt eine Prognose für die triste Zukunft.

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Die Gründe:

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  • Der Trainer-Wechsel

Anfang März vollzog der FC Wacker rund um Sport-Vorstand Ali Hörtnagl den Wechsel auf der Trainerbank. Aufstiegs-Coach Karl Daxbacher musste gehen, Thomas Grumser, der bis dahin erfolgreich die Wacker-Fohlen in der HPYBET 2. Liga leitete, war sein Nachfolger. Ein Wechsel, der letztlich allerdings zu spät erfolgte.

Bereits zur Winterpause war aus dem Umfeld der Mannschaft zu vernehmen, dass die Beziehung zwischen Spieler und Daxbacher gespalten ist. Doch anstatt Grumser die Chance zu geben, während der langen Winterpause dem Team seinen Spielstil anzutrainieren, kam die Daxbacher-Entlassung nach nur zwei (!) Spielen im Frühjahr.

Auch die Bilanz gibt Grumser Recht, in den zehn Spielen der Qualifikations-Gruppe waren die Innsbrucker unter seiner Ägide das viertbeste Team. Zwölf Punkte wurden unter ihm in insgesamt zwölf Spielen eingefahren, bei Daxbacher waren es 17 in 20 Partien.

Nachdem der FC Wacker einem jungen Trainer in einer schwierigen Situation einen Vertrag bis 2021 gab und dieser auch noch ein ziemlich offensives Angriffspressing praktizierte, war in Tirol harte Kritik zu vernehmen. Zugegeben, es war ein großes Risiko, dass Ali Hörtnagl eingegangen ist. Doch ein Blick nach Deutschland zeigt, dass dieses Risiko auch funktionieren kann, als im Jahr 2016 die TSG Hoffenheim einem Julian Nagelsmann in höchsten Abstiegsnöten die Chance gab und dieser sich mit einem mutigen Fußball zum Wunderkind unter den Trainern mauserte.

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  • Der Kader

Auch in dieser Hinsicht war es eine schwierige Situation für Ali Hörtnagl. Denn das Budget beim Tiroler Traditionsverein ist traditionell ausgesprochen klamm. Mit den vorhandenen Mitteln einen Kader, der der Bundesliga würdig ist, zusammenzustellen, wäre für jeden Sportdirektor dieser Welt eine Mammutaufgabe.

Nach Ende der Saison muss man das Fazit ziehen, dass Hörtnagl an dieser Aufgabe auch gescheitert ist. Positiv zu Gute halten muss man Hörtnagl, dass er trotz des sportlichen Misserfolgs mit Transfers für wichtige Einkommen sorgen konnte.

Dies war für den Verein auch bitter notwendig, wie Hörtnagl bei "Sky" skizziert: "Es war ein Fight. Wir mussten in den letzten Jahren alle sechs Monate zwei, drei Spieler verkaufen, sonst wäre der Klub zahlungsunfähig gewesen. Und das kann auf Dauer nicht funktionieren."

Im Sommer zahlte der LASK Ablöse für Florian Jamnig, im Winter wurden Albert Vallci (RB Salzburg) und Dominik Baumgartner (VfL Bochum) gewinnbringend verkauft. In den nächsten Wochen folgt zudem noch der Transfer von Manuel Maranda zum FC Barnsley, wieder gibt es eine sechsstellige Ablösesumme für die Tiroler.

Bei den Neuzugängen sieht die Bilanz jedoch deutlich schwächer aus. Abgesehen von Maranda kann man wohl nur noch Bryan Henning (kam von Hansa Rostock) und mit Abstrichen Cheikhou Dieng nennen. Allgemein kann man wohl nur zwei Spielern über die gesamte Saison keinen Vorwurf machen: Tormann Christopher Knett und Stürmer Zlatko Dedic.

Während Knett einige starke Paraden gezeigt hat und den einen oder anderen Punkt festgehalten hat, hat der 34-jährige Dedic eine One-Man-Show im Angriff abgeliefert, viel Unterstützung aus dem Mittelfeld erhielt er über weite Strecken der Saison nicht. Ohne seine neun Saisontoren wäre der Abstieg wohl auch deutlich früher besiegelt worden.

Dass man im Winter auch noch (den zugegeben glücklosen) Patrik Eler mit Muhammed Kiprit ersetzte, hat den Druck keineswegs von Dedic genommen. Der 19-jährige Leihspieler von Hertha Berlin war trotz aller Vorschusslorbeeren Hörtnagls dem Profi-Fußball noch nicht gewachsen und spielte in der Rückrunde gar keine Rolle.

Beim restlichen Kader gibt es einige Spieler, die zwischenzeitlich ihr Potenzial gezeigt haben, doch über 32 Spiele hinweg konnte keiner davon eine Leistung zeigen, die der Bundesliga angemessen gewesen wäre.

Zum Ende der Spielzeit konnte sich zumindest noch Matthäus Taferner ins Rampenlicht spielen. Der 18-Jährige überzeugte mit seiner eleganten Spielweise und seinem Zug zum Tor, er hat sich für viele Vereine in der Bundesliga interessant gemacht.

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  • Das Umfeld

Trotz souveränen Aufstiegs im Vorjahr inklusive Meistertitel in der 2. Liga, wollte in Innsbruck keine richtige Euphorie, wie es bei Aufsteigern in Österreich üblich ist, aufkommen. Sorgen, keine Tickets für ein Spiel im Tivoli zu bekommen, war auch in den vermeintlichen Top-Spielen gegen Rapid Wien oder Red Bull Salzburg unbegründet.

Neben den Fans wollte auch bei Politik und Wirtschaft im „heiligen Land“ keine Euphorie aufkommen. „Dieser Abstieg wird Ihnen präsentiert von: Olympiaworld Innsbruck, TFV (Tiroler Fußballverband, Anm.), Tiroler Wirtschaft, (Sport-)Stadt Innsbruck. Kommen Sie gut nach Hause“, kritisieren die Wacker-Anhänger im letzten Saisonspiel die Verteilung von Sponsoren-Geldern im Tiroler Sport.

Denn trotz großen Bemühens der Verantwortlichen, die einen detaillierten Zukunftsplan ausgearbeitet haben, wie der Profi-Fußball in Tirol aufgestellt werden sollte, war die Unterstützung enden wollend. Dass aktuell absolut Personen am Werk sind, denen der FC Wacker am Herzen liegt, hat man wohl spätestens beim tränenreichen Abstieg gesehen.

Fakt ist, mit den infrastrukturellen Voraussetzungen ist es nahezu unmöglich, Bundesliga-Fußball spielen zu lassen. Die Trainingsbedingungen entsprechen einem Amateur-Verein, das gewünschte und geplante Trainingszentrum könnte nach dem Abstieg wohl nicht mehr umsetzbar sein. Die Problematik mit der Olympiaworld ist ohnehin seit Jahren bekannt: teure Miete für das Stadion, wenig Beteiligung am Catering und wenig Mitspracherecht sind wahrlich keine idealen Voraussetzungen.


Die Prognose:

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  • Das Budget

Unter Tränen erklärte Präsident Gerhard Stocker nach dem Abstieg bei „Sky“: „Wir müssen uns vielleicht radikal umpositionieren, dass Wacker nicht mehr sozusagen verantwortlich ist für den Profi-Fußball in Tirol.“

Es droht also das Ende des Profi-Vereins FC Wacker Innsbruck. Die nächsten Wochen werden entscheidend für die „Schwarz-Grünen“ sein, die Politik wird das letzte Wort haben, welche landesnahen Unternehmen weiterhin als Sponsoren auftreten „dürfen“.

Maßgeblichen Anteil an dieser Entscheidung wird auch die WSG Wattens haben. Sollte der „Werkself“ der Aufstieg in die Bundesliga gelingen, und damit Nummer eins in Tirol werden, könnte es passieren, dass der Großteil der Förderungen nach Wattens fließt.

So oder so, das Budget für die kommende Saison wird noch einmal ordentlich geringer sein als es bereits dieses Jahr war. Ein sofortiger Wiederaufstieg wird dadurch definitiv nicht erleichtert.

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  • Der Kader

Ein kleiner Lichtblick in der tristen Situation des FC Wacker: Sie haben bereits eine Mannschaft im Verein, die in der 2. Liga für Furore gesorgt hat. Die Rede ist natürlich von Wacker II, die aktuell einen starken achten Platz belegen.

Angesichts der finanziellen Einbußen ist davon auszugehen, dass viele Spieler aus dieser Mannschaft in der kommenden Saison eine Rolle im Profi-Team spielen werden. Vom Bundesliga-Team laufen die meisten Verträge aus, die wenigen Lichtblicke wie Knett, Dedic und allen voran Top-Talent Taferner werden wohl kaum zu halten sein. Beim Rest stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit bei einer Vertragsverlängerung.

Es wäre wohl sinnvoller, Talenten wie Felix Bacher, Karim Conte, Markus Wallner, Robert Martic oder Elvin Ibrisimovic weiterhin in der 2. Liga zu vertrauen. Gemischt mit ein paar Routiniers wäre das wohl eine äußerst solide Zweitliga-Mannschaft.

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  • Die Funktionäre

„Jetzt geht es um Wacker Innsbruck, nicht um mich“, meinte Trainer Thomas Grumser nach dem besiegelten Abstieg. Angesichts des noch bis 2021 laufenden Vertrags, seiner langjährigen Erfahrung mit den jungen Spielern und einer letztlich passablen Bilanz würde eine Trennung aber dennoch überraschend kommen.

Die weit größeren Fragezeichen stehen hinter Präsident Stocker und Sport-Vorstand Hörtnagl. Für Stocker stehen im November Neuwahlen bei der Generalversammlung an, eine Fortsetzung seiner Tätigkeit macht der 67-Jährige auch von den gegebenen Rahmenbedingungen abhängig. Seine Funktion als Aufsichtsrats-Vorsitzender der Bundesliga hat Stocker bereits niedergelegt.

Sollte Stocker nicht weitermachen wollen, wäre die Nachfolger-Suche spanned. Zuletzt wollte das Amt, ehrenamtlich und äußerst zeit- und nervenraubend, keiner ausüben, Stocker „opferte“ sich sozusagen.

Bleibt noch Hörtnagl: Der 52-jährige Tiroler war bei der Suche nach einem Rapid-Sportdirektor ein heißer Kandidat in Hütteldorf. Trotz des sportlichen Misserfolgs bringt ihm seine positive Transfer-Bilanz weiterhin einen guten Ruf im Fußball.

Er selbst lässt seine Zukunft offen. Vieles wird auch von der Ausrichtung des Klubs abhängig sein. Hörtnagl plädiert: "Es braucht eine Ausbildungsstätte auf hohem Niveau. Das haben wir in Tirol verschlafen. Wir haben 17 Klubs, die auf zwei Fußballplätzen trainieren." Als Standort ist nach wie vor Mieming im Gespräch. Wichtig ist: "Wie positioniert sich Wacker? Es werden Gespräche mit Entscheidungsträgern in Tirol und Sponsoren stattfinden."

Eine sofortige Trennung wird es aber nicht gegeben. "Es war der Wunsch von Gerhard Stocker, dass ich die nächsten ein, zwei Monate noch gewisse Dinge erledige. Es gibt viele Spieler, die Vertrag haben, aber nicht in der 2. Liga spielen wollen. Dieses Themen müssen behandelt werden. Es ist meine Aufgabe, das abzuwickeln und vielleicht noch Transfererlöse zu erzielen. Und eine junge Mannschaft zu stellen, die konkurrenzfähig ist. Es ist wichtig, eine sauber Übergabe zu schaffen, egal was danach passiert."

Wie auch immer die sportliche Führung in der kommenden Saison aussieht – es wartet viel Arbeit und vor allem noch viele Unsicherheiten auf sie.

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