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Der tiefe Fall! Rapids falsche Entscheidungen

Vor dem Tor, intern oder im Umfeld: So macht sich SCR das Leben schwer.

Der tiefe Fall! Rapids falsche Entscheidungen Foto: © GEPA

Es ist längst kein Ausrutscher mehr, eine Unachtsamkeit oder ein Versäumnis. Es ist vielmehr eine Serie – im negativen Sinne.

Der SK Rapid Wien taumelt ähnlich wankend durch die Saison wie schon im vergangenen Jahr. 10 Punkte aus 8 Spielen, nur 2 Siege – zu wenig für den Traditionsklub.

Dabei beweisen einzelne Spiele oder Halbzeiten, dass es unter Trainer Goran Djuricin sehr wohl eine Weiterentwicklung gibt – allerdings wird diese zu selten mit ausreichend Punkten belohnt.

Viel Einfluss haben falsche Entscheidungen, die auf und auch abseits des Platzes getroffen werden und den Hütteldorfern somit immer wieder aufs Neue das Leben schwer machen.

  • Die Abschlussschwäche vor dem Tor:

Es ist längst keine Eintagsfliege mehr oder ein Problem, über das man hinwegschauen kann. Rapid macht einfach aus den vorhandenen Chancen zu wenig. Das zog sich bereits über die vergangene Seuchensaison hinaus und auch in der neuen Spielzeit fehlt den Wienern die Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Gehäuse. Oder anders formuliert: Die Spieler treffen aus aussichtsreicher Position die falschen Entscheidungen! Zurückblickend gesehen hat Rapid mit Robert Beric den letzten Knipser verkauft, seitdem hapert es im Abschluss, kristallisiert sich keiner der Schützlinge als Torgarant heraus. Da kann Trainer Goran Djuricin noch so oft betonen, wie viele Chancen sich Rapid erarbeitet - wie etwa zuletzt gegen Altach. Wenn die Grün-Weißen nicht die Qualität besitzen, diese in Tore umzumünzen, ist der ganze Aufwand umsonst.

  • Die Anfälligkeit in der Defensive:

14 Gegentreffer in 8 Spielen, macht einen Schnitt von 1,75 Gegentreffern pro Spiel - ein unfassbar hoher Wert für eine der besten Defensiven in den letzten Jahren. Aktuell weisen in der Bundesliga nur drei Teams noch schlechtere Abwehrreihen auf: Admira, Mattersburg (je 16 Gegentore) und St. Pölten (23). Noch vor der Saison sprachen die Verantwortlichen von einem Luxusproblem mit fünf Innenverteidigern. Der Abgang von Christoph Schösswendter schmerzt im Nachhinein gesehen, ebenso Christopher Dibons Ausfall bis Saisonende. Und mit Lucas Galvao muss sich erst einmal ein gelernter Außenverteidiger in Rapids Innenverteidigung einspielen. Auch auf den Außenpositionen fehlt die Konstanz. Mario Pavelic zeigte sich bisher anfällig und fehlte zuletzt gesperrt. Auch Neuzugang Boli Bolingoli hat neben Lichtblicken in der Offensive vor allem defensiv noch Aufholbedarf. Vorne geht kaum etwas rein und hinten bekommt man die Tore - wahrlich keine gute Mischung.

  • Die mentale Fragilität

Es sind nicht nur sportliche Defizite, die Rapids Rückkehr auf die Erfolgsspur verhindern. Bei allen genannten Punkten spielt vor allem die mentale Komponente eine entscheidende Rolle. 2016/17 war eine Saison zum Vergessen. Doch selbst das einigermaßen versöhnliche Ende mit Platz fünf und dem knapp verlorenen Cup-Finale haben keinen Umschwung bewirkt, auch in der Sommerpause konnten die Bedenken nicht beseitigt werden. Wenn doch, waren sie spätestens mit den ersten Misserfolgen wieder vorhanden. So sind auch die verspielten Führungen gegen Mattersburg, Austria, Salzburg und Altach zu erklären. Mentaltrainer sind im Sport mittlerweile Usus, Rapid überlässt es jedem einzelnen Spieler jedoch selbst, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Großen Zuspruch gibt es allerdings nicht - möglicherweise die falsche Entscheidung. Zuletzt ließ Sportchef Fredy Bickel die Ausreden nicht mehr gelten und wies ganz klar auf ein mentales Problem hin. Es wird interessant zu beobachten sein, wie Rapid diese Hürde überwindet und ob es tatsächlich nur mit Erfolgen und Bestätigung wieder bergauf geht.

  • Hofmann-Ausbootung durch Legionärs-Überschuss:

Schon im letzten Jahr war es brenzlig, immer ein Legionär fand sich auf der Tribüne wieder. Dieses Fass wollte sich Rapid nicht erneut aufmachen. Nach der zwischenzeitlichen Reduktion holte man sich mit Boli Bolingoli, Lucas Galvao und Veton Berisha noch spät drei Verstärkungen – allesamt Legionäre. Aktuell haben die Wiener somit acht Ausländer im eigenen Kader. Da Ivan Mocinic noch länger ausfällt, muss ein fitter Spieler zuschauen. Zuletzt fiel die Wahl auf Steffen Hofmann. Ausgerechnet der abgesägte Kapitän, der selbst über seine Vertragsverlängerung entscheiden durfte, wird in dieser Phase hängen gelassen. Dabei wäre er jener Typ Spieler – trotz aller Abnützungserscheinungen und möglicherweise nicht mehr der nötigen Power für 90 Minuten -, den Rapid derzeit wie einen Bissen Brot bräuchte. Gerade in jenen Phasen, wenn das Spiel entgleitet, ein Ruhepol gesucht wird und eine Führung wackelt. Es erscheint von außen nämlich nicht nur unwürdig, zuerst den Vertrag zu verlängern und ihn daraufhin auf die Tribüne zu setzen, sondern somit auch sportlich hinterfragenswert. Auch Thomas Schrammel wird sich seinen Teil denken. Der langjährige Stammspieler stand nach seiner Roten Karte im Derby und der damit verbundenen Sperre zwei Mal gar nicht im Kader und saß zuletzt nur auf der Bank.

  • Kein Vertrauen in "einen" Zehner:

Rapid hat ein spielstarkes Mittelfeld. Durch die Rückkehr von Philipp Schobesberger ist auch wieder jene Dynamik zurück, die man in der vergangenen Saison schmerzhaft vermisste. Allerdings fehlt jener Spielertyp, der hinter der Solospitze im 4-2-3-1 Betrieb macht und die Verantwortung als Zehner oder hängende Spitze übernimmt. Der beste Beweis dafür: Gleich in seinem ersten Spiel gegen RB Salzburg wurde Veton Berisha als Zehner ins kalte Wasser geworfen, obwohl er eigentlich die Probleme an vorderster Front lösen sollte. Kein Vertrauensbeweis für die anderen Kandidaten. Denn in dieser Saison spielten bereits Steffen Hofmann, Joelinton, Thomas Murg und Louis Schaub auf dieser Position. Diese werden von Spiel zu Spiel anders positioniert – einmal links, rechts, zentral oder nur auf der Bank. Dahinter tut Stefan Schwab dem Offensivspiel gut, wenn er einen defensiveren Nebenmann wie Dejan Ljubicic hat, ansonsten kommt er nicht in die gefährlichen Räume und kann so seine Stärken nicht ausspielen.

  • Fragwürdige Wechselpolitik:

Besonders auffallend ist die Rolle von Louis Schaub: In acht Meisterschaftsspielen wurde er einmal eingewechselt, fünf (!) Mal vorzeitig ausgewechselt und spielte nur zwei Mal durch. Seine Mimik verrät des Öfteren, dass es sich dabei nicht um fehlende Fitness handelt. Auch schlaflose Nächte als Jung-Papa werden mit Sicherheit nicht dafür entscheidend sein. Den Grund nannte Djuricin bisher nicht. Im Gegensatz lässt er immer wieder Mut vermissen, indem er Eins-zu-Eins-Auswechslungen positionsgetreu vornimmt oder sogar auf eine defensivere Variante umstellt, obwohl es der Spielverlauf nicht erzwingen würde. Zuletzt gegen Altach setzte er dann mit Joelinton und Giorgi Kvilitaia voll auf Offensive, um das Spiel noch zu drehen, doch die beiden Joker enttäuschten. Ein glückliches Händchen sieht anders aus!

  • Überreaktion in der Hitze des Gefechts:

Vier Ausschlüsse in acht Spielen zeugen von Disziplinlosigkeit bei Rapid. Einmal kann es passieren, aber so oft? Mit diesen Vorfällen schadete sich Rapid nur selbst. Während Thomas Schrammel seine Rote Karte im Wiener Derby wegen einer Notbremse sah, waren alle anderen Ausschlüsse zu vermeiden. Etwa Joelintons unkontrolliertes Nachtreten gleich zum Auftakt gegen den SV Mattersburg - aus einer 2:0-Führung wurde ein 2:2. Oder Thomas Murg, der gegen die Admira - wenn auch unabsichtlich - den Schiedsrichter-Assistenten abschoss. Und zuletzt auch noch Mario Pavelic, dessen Ausschluss gegen RB Salzburg zwar als hart eingestuft werden kann, jedoch gar nicht die Notwendigkeit besteht, so in einen Zweikampf in der gegnerischen Hälfte zu gehen. Kühlen Kopf zu bewahren, ist beim SK Rapid derzeit nicht die große Stärke.

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