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Austria Lustenau: Der Trainer ist weg, die Probleme bleiben

Die Grün-Weißen und Trainer Markus Mader gehen getrennte Wege. Er ist Leidtragender einer Krise, die er nicht alleine zu verantworten hat. Eine Analyse:

Austria Lustenau: Der Trainer ist weg, die Probleme bleiben Foto: © GEPA

In Lustenau ist es Zeit, Abschied zu nehmen.

Die Fans tun es vom geliebten Dauerprovisorium Reichshofstadion, der Vorstand von Aufstiegstrainer Markus Mader (alle Infos zur Mader-Beurlaubung >>>). Wochenlange Spekulationen um die Zukunft des Trainers sind damit beendet.

14 Bundesliga-Spiele, elf Niederlagen, drei Remis, kein einziger Sieg und daheim noch ohne Punktgewinn. Die wenigsten Tore erzielt (7), die meisten gekriegt (32).

Die Statistiken zeigen, was auch in Lustenau am Montag beschlossen wurde: Für eine weitere Zusammenarbeit mit Trainer Markus Mader sprach nicht mehr viel.

Vom Hype ist wenig geblieben

Mader war es, der die Lustenauer nach 21 Jahren zurück in die höchste Spielklasse führte. Mader war es, der die Lustenauer fast in den Europacup führte. Und Mader war es, der das Ruder nicht mehr herumreißen konnte. Die Gründe für die Horror-Saison (nur) bei ihm zu suchen, wäre verkehrt. 

Schon in der Sommer-Vorbereitung zeigte Lustenau höchst durchwachsene Leistungen, das ist bei der Austria aber höchst normal. Mit dem Pflichtspielauftakt bei Regionalligist Silz/Mötz im Cup schien die Mannschaft aber am Punkt zu performen, mit 8:0 feierte man einen Kantersieg. Man dürfe das Spiel nicht überbewerten, meinte Mader damals. Seine Worte sollten sich bewahrheiten.

Zwar startete man in weiterer Folge auch noch ganz ordentlich in die Bundesliga-Saison: Remis gegen Hartberg, eine erwartbare Niederlage gegen Austria Wien, Unentschieden gegen den WAC. Mit sieben Pleiten in Folge geriet man aber in den Abstiegsstrudel. Verlor nicht nur die Spiele, sondern auch den Glauben an sich selbst.

Und irgendwann spielte auch die Konkurrenz nicht mehr mit, Aufsteiger Blau-Weiß Linz fing sich, der WSG gelang zuletzt ein Befreiungsschlag.

Kein Saisonsieg, daheim ohne Punkte: Für Mader bedeutet das das Ende in Lustenau
Foto: © GEPA

Bei Lustenau war indes keine Entwicklung nach oben hin mehr erkennbar – jedem noch so kleinen Lichtblick folgte die nächste Watsche. Nach dem Weiterkommen im Cup (3:2 gegen die Vienna) gab es Klatschen gegen Salzburg (0:4) und Rapid (0:5).

Dem ersten Spiel ohne Gegentor (0:0 gegen Blau-Weiß Linz) folgte ein desaströses 0:4 gegen Hartberg. Eine gute Leistung gegen Austria Wien wurde nicht belohnt, ein nicht gegebener Elfmeter und ein Gegentor in Minute 90 bedeuteten die nächste Niederlage.

Die 2:3-Pleite am vergangenen Wochenende war dann eine zu viel. Die Länderspielpause ist die letzte Möglichkeit, vor dem Winter einen neuen Impuls zu setzen. Der Impuls ist vorerst beschränkt auf eine Interimslösung, einen neuen Trainer gibt es noch nicht.

Defensiv löchrig, offensiv sparsam

Spätestens, als man im Cup gegen Zweitligist St. Pölten bereits 0:3 zurücklag, schien Mader öffentlich angezählt. Sein Job in den letzten Wochen bestand aus viel mentaler Arbeit: Gut zureden, Spieler aufbauen. Viele Einzelgespräche, der Ertrag war gering. Die "kleinen Strohhalme", an die man sich zu klammern versuchte, sie wurden kleiner.

Anfangsphasen wurden konsequent verschlafen, nach Gegentoren fiel man regelrecht auseinander. „Wie wir unser Tor verteidigen, ist ein Wahnsinn“, meinte Mader nach dem Cup-Aus. Torjäger hat man derzeit ohnehin keinen.

Mader wechselte im Laufe der Saison mehrmals die Systeme, auch verletzungsbedingt, wich vom Spiel mit dem Ball ab, etablierte den langen Ball. Aus Pragmatismus, denn ist der Ball weit weg, wird’s wenigstens nicht gefährlich. Die Spieler waren dem Tempo meist nicht gewachsen, individuelle Fehler erschweren das Unterfangen Klassenerhalt.

Zur Verunsicherung kommen Einstellungsprobleme. Manche Spieler scheinen nicht für den Klub zu spielen, nicht für den Trainer, bei den aktuellen Leistungen auch wenig für sich selbst. Nicht zu Unrecht verweigerte die Fanszene zwischenzeitlich den Support. "Wir haben die Schnauze voll", wurde skandiert.

Mader und Co-Trainer Martin Schneider (Mitte) konnte das Ruder nicht mehr herumreißen - Sportkoordinator Alexander Schneider (links) übernimmt interimistisch
Foto: © GEPA

Lücken aus der Vorsaison...

Bei der Austria entwickelte sich ein höchst unglückliches Gemisch. Wurde die geringe Anzahl an Feldspielern auf dem offiziellen Teamfoto (14) bereits zu Saisonbeginn reichlich diskutiert, kristallisierte sich auch die zu geringe Qualität für die Bundesliga heraus. 

Fielen mit Abwehrboss Jean Hugonet und Hakim Guenouche zwar nur zwei wirkliche Stützen der letzten Saison weg, kamen keine nach, die sich bisher wirklich aufdrängten. Insbesondere der überragend spielende Hugonet wurde nicht ersetzt, was sich in der Defensive rächt.

Yadaly Diaby spielt seit seiner Rückkehr von Partnerklub Clermont ins Ländle ähnlich begeistert, wie er bereits auf dem offiziellen Vereinsposting bei seiner Rückkehr dreinblickte. Ein Muhammed Cham ist er ohnehin nicht.

Jonathan Schmid (33) – in der deutschen Bundesliga mit 299 Einsätzen - fehlt es schlichtweg an der Fitness. Hinzu kommt, dass sich Youngster wie Namory Cisse (20) und Ben Bobzien (20) inmitten all der Negativergebnisse nur schwer entwickeln können.

Mit Matthias Maak fehlt der Mannschaft nicht nur der Kapitän, sondern auch der Abwehrchef verletzungsbedingt. In der Abwehrzentrale sind deshalb Leo Mätzler, Darijo Grujcic und Boris Moltenis gefragt, die allesamt noch über wenig Erfahrung verfügen. Mit Kennedy Boateng wurde mittlerweile immerhin nachgebessert, beim Debüt patzte aber auch er direkt.

...und die Sache mit der Performance

Die Übrigen performen durchwegs unter dem Niveau der Vorsaison – teils auch, weil sie sich eigentlich schon mit dem Abschied aus Lustenau angefreundet hätten. Vorjahres-Torjäger Lukas Fridrikas tat seinen Unmut öffentlich kund, fehlt den Großteil der Saison aber ohnehin schon mit Verletzungen.

Mittelfeldstratege Surdanovic spielte meist unter seinen Möglichkeiten, auch er gab sich anfangs nicht wirklich begeistert von einer weiteren Saison in Grün-Weiß. 

Ein Trainerwechsel wäre schon in den Vorwochen die logische Konsequenz des Fußballbusiness gewesen. Dass Lustenau nicht schon vorher reagierte, dürfte auf Maders Verdienste zurückzuführen sein.

Fakt ist: Er verlor im Laufe der letzten Wochen das Vertrauen der Verantwortlichen. Auch die Mannschaft dürfte nicht mehr hinter dem Trainer gestanden sein, der verweigerte Handschlag von Jonathan Schmid nach seiner Auswechslung gegen den WAC als Beispiel.

Früher war alles besser: Schneider und Mader im Sommer 2022
Foto: © GEPA

Vorgänger, Nachfolger, Kaderplaner

Bis zur Winterpause soll nun also Alexander Schneider im Duett mit Amateure-Coach Momo Gerdi übernehmen. Schneider war schon einmal für vier Spiele Interimscoach, überbrückte 2021 die Zeit zwischen Alexander Kiene und nunmehr Ex-Coach Mader. Zuletzt gab er wöchentlich bei „Sky“ Wasserstandsmeldungen zur Trainerdiskussion ab.

Eigentlich ist Schneider in Lustenau Sportkoordinator, vertritt dort Investor Core Sports Capital – das Sportnetzwerk, zu dem auch Partnerklub Clermont aus der Ligue 1 gehört. Zwischen CSC und den „Lustenauern“ soll es Differenzen gegeben haben, was die Zukunft von Mader betrifft. Schneider ist es auch, der den Kader zusammenstellte. Noch im September meinte er, dass der Kader stärker sei als der in der Vorsaison. Er wird es beweisen müssen.

Mit Sturm Graz (A), dem Auswärtsderby gegen Altach und dem ersten Heimspiel im Bregenzer Exil gegen den LASK warten drei schwierige Spiele auf ihn und das Team. Zudem wird Schneider einen neuen Trainer suchen müssen. Und ganz nebenbei auch noch nach Verstärkungen im Winter Ausschau halten.

Denn die wird es brauchen, aktuell reicht es einfach nicht für den Klassenerhalt. Ob allzu viel personelle Hilfe aus Clermont kommen wird, ist fraglich. Nach der Reduktion der Ligue 1 auf 18 Vereine in der Vorsaison steckt auch der Partnerklub tief im Abstiegskampf.

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