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Violets-Coach Suchard: "Liegt am Spieler selbst"

Wie er die Jungveilchen besser gemacht hat. Wie nahe er am FAK-Chefcoach-Job dran war.

Was für eine Saison!

In seinem ersten Jahr als Cheftrainer der Young Violets Austria Wien hat Harald Suchard seine ersten sechs Partien verloren, erst in der neunten Runde den ersten Sieg eingefahren, im Jahr 2020 aber nur eine Niederlage hinnehmen müssen, die Spielzeit auf Platz vier beendet und die Auszeichnung als "Trainer der Saison" entgegengenommen.

"Was in diesem Jahr alles passiert ist, reicht im Positiven wie im Negativen für mehrere Jahre. Wir haben das in einem Jahr komprimiert", sagt der 43-Jährige. Im Sommer war der Burgenländer dann plötzlich ein Thema, als es darum ging, wer bei den violetten Profis die Nachfolge des abgewanderten Cheftrainers Christian Ilzer antreten solle. Doch die FAK-Verantwortlichen haben sich entschlossen, weiterhin auf Suchard an jener Stelle zu setzen, an der er die jungen Akademie-Talente auf ihren ersten Schritten im Erwachsenen-Fußball anleitet.

Wer mit dem Ex-Profi spricht, merkt schnell, dass dieser als Coach einer jungen Mannschaft perfekt passt. Suchard macht sich viele Gedanken über die Entwicklung von jungen Spielern, den richtigen Umgang mit ihnen - auf sportlicher und vor allem zwischenmenschlicher Ebene.

Im LAOLA1-Interview spricht der Violets-Coach darüber, wie er im vorigen Herbst die Kurve gekriegt hat, wie seine neue Rolle bei den Profis aussieht und warum er in der Vorbereitung kaum Spieler zur Verfügung hatte.

LAOLA1: Platzierungen sind für ein Amateure-Team nicht wichtig. Ist der Druck durch den vierten Platz in der Vorsaison dennoch gestiegen?

Harald Suchard: Nein. Das war eine schöne Momentaufnahme, hat aber null Einfluss auf uns und die Jungs. Wir haben nicht den Druck, daran anschließen zu müssen. Wenn es um das Was, also Rang vier, geht, vergisst du schnell auf das Wie. Aber das Wie ist für uns entscheidend. Wir brauchen die Entwicklung – daran werden wir gemessen.

"Es war ein Knochenjob, täglich aus ihnen herauszukitzeln, dass sie weiter an ihre Stärken glauben"

LAOLA1: Die Vorsaison war aus Sicht der Young Violets kurios. Wie ist es dem Team gelungen, nach acht sieglosen Spielen zum Start so die Kurve zu kriegen?

Suchard: Was in diesem Jahr alles passiert ist, reicht im Positiven wie im Negativen für mehrere Jahre. Wir haben das in einem Jahr komprimiert. Der Schlüssel waren die ständige Kommunikation und das ständige Auflebenlassen des Glaubens, dass die Jungs gute Spieler sind und die Ergebnisse nicht unbedingt damit zu tun haben, dass sie es nicht schaffen können. Es war ein Knochenjob, täglich aus ihnen herauszukitzeln, dass sie weiter an ihre Stärken glauben. Wir haben ja während dieser Niederlagenserie gesehen, dass es nicht am Können liegt. Der zweite wichtige Punkt war, dass die Spieler über einen sehr kurzen Zeitraum sehr schnelle, persönliche Erfolgserlebnisse hatten. Mit den ersten Siegen sind die Entwicklungsphasen sehr rasant nach oben gegangen.

LAOLA1: Absurderweise fällt der Aufschwung just in jene Zeit, in der Ihnen mit Manprit Sarkaria und Benedikt Pichler die qualitativ besten Spieler in Richtung Profis abhandengekommen sind.

Suchard: Das ist nicht ins Gewicht gefallen, weil wir auf der anderen Seite mit Dominik Prokop und Caner Cavlan Spieler zur Verfügung hatten, mit denen wir nicht planen konnten. Das sind Qualitätsspieler, die das eine oder andere Spiel entschieden haben.

(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)

LAOLA1: Was haben Sie dann in der Corona-Pause richtig gemacht?

Suchard: Das war für alle im Verein eine sehr spezielle Zeit, eine Probe. Wir haben Spieler, die Felder bearbeiten müssen, die sie in ihrer Karriere bis dahin vielleicht noch nicht bearbeitet haben, weil einfach die Zeit nicht zur Verfügung gestanden ist. Während dieser Pause ist der körperliche Aspekt im Vordergrund gestanden. Wir wussten: Wenn wir diese Zeit so nützen, dass wir daraus Kapital schlagen können, sind wir im physischen Bereich auf einem Top-Level, falls wieder gespielt wird. Die Tests haben gezeigt: Wir haben alle im Ausdauer- und im Schnelligkeitsbereich auf ein besseres Niveau gebracht.

"Wenn es gepasst hätte, wäre es sehr schön für mich gewesen, ich hätte auch diese Herausforderung angenommen"

LAOLA1: Während im Rest des Vereins die Stimmungskurve eher nach unten gezeigt hat – finanzielle Probleme, Meisterrunde verpasst, Europacupplatz verpasst –, sind die Young Violets auf der Erfolgswelle geschwommen. Wie ist es euch damit gegangen?

Suchard: Die Stimmung war positiv, es war aber keine überschwängliche Freude, das war uns auch wichtig. Zu Saisonbeginn hat ja auch keiner dramatisiert. Es haben sich auch Spieler, Trainer und Betreuer bei den Profis mit uns mitgefreut.

LAOLA1: Als klar war, dass Christian Ilzer den Verein verlässt, waren Sie in der öffentlichen Diskussion als neuer Cheftrainer der Profis ein Thema. Wie ist es Ihnen damit gegangen?

Suchard: Die Kommunikation innerhalb des Vereins mit den Verantwortlichen war immer sehr offen und konkret. Die Leistungen von meinem Trainerteam und mir haben uns in dieses Rampenlicht gestellt. Das war eine sehr schöne Momentaufnahme. Wir haben über die Situation, ihre Vor- und Nachteile gesprochen und dann einfach eine Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung geht für mich absolut in Ordnung, ich bin weder unzufrieden damit, noch hätte ich mir womöglich mehr erwartet. Ich bin noch ein junger Trainer, der schon noch einiges lernen kann. Wenn es gepasst hätte, wäre es sehr schön für mich gewesen, ich hätte auch diese Herausforderung angenommen.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Sie sind mittlerweile ein, zwei Mal pro Woche beim Training der Kampfmannschaft dabei. Was ist da konkret Ihr Aufgabenbereich?

Suchard: Das gesamte Trainerteam bei den Profis wurde neu aufgestellt, das braucht natürlich etwas Zeit. Meine Position besteht in erster Linie darin, zu beobachten, dem einen oder anderen Spieler, der in der letzten Saison noch bei mir war, Ratschläge zu geben und bei Fragen von den Kollegen sofort eine Antwort parat zu haben. Es ist nicht ideal, wenn sich jeder Trainer aus einem Spieler das Nötige herausziehen muss, weil er vielleicht ja gar nicht weiß, woran in der letzten Saison mit dem Spieler gearbeitet wurde – da komme dann ich ins Spiel. Aber natürlich gibt es auch die klassischen Gruppeneinteilungen, wo ich dann aktiv beteiligt bin.

LAOLA1: Was waren die wichtigsten Lehren, die Sie als Trainerpersönlichkeit aus dieser Saison gezogen haben?

Suchard: Wir haben für den persönlichen Umgang mit den Spielern sehr viel positives Feedback bekommen. Das habe ich mir vergangene Saison zum Start als persönliches Ziel gesetzt: Ich möchte mit den Spielern auf Augenhöhe kommunizieren. Ich möchte dem Spieler das Gefühl geben, dass ich ihn verstehe, dass ich mit ihm mitleide und mich mit ihm freue. Das Zweite, was uns positiv entgegengekommen ist, ist die Art und Weise wie wir gespielt haben. Natürlich haben wir nach den ersten Runden überlegt, das System zu ändern, die Taktik zu ändern, die Spielweise zu ändern. Wir haben uns aber entschlossen, daran festzuhalten, weil wir gewusst haben, dass wir das gut können. Wir wussten, dass wir den Mut und die Geduld brauchen, das durchzuziehen. Ich habe dafür die Bestätigung bekommen. Natürlich rätselt man als Trainer, aber wenn man von etwas überzeugt ist, sollte man das auch durchziehen. Ziel für die nächste Saison ist es, eine gewisse Flexibilität in das Spiel reinzubekommen, in den Phasen, in denen es nicht so läuft. Aber ich mache kein Geheimnis daraus: Der Stil der Young Violets wird sich nicht ändern.

"Das ist eine Challenge, es wird um nichts leichter als in der letzten Saison – wir können uns keine Spielereien erlauben"

LAOLA1: Es gibt mit Anouar El Moukhantir im Kader für die neue Saison nur einen routinierteren Spieler, der auch erst 23 Jahre alt ist. Ist das bewusst so gewählt oder ist das passiert?

Suchard: Es ist die beste schlechteste Variante eingetreten. Insgesamt sind es acht Spieler, die letzte Saison regelmäßig bei den Young Violets gespielt haben, die seit Tag 1 der Vorbereitung bei den Profis mittrainieren. Jetzt sind wir in einer Phase, in der Peter Stöger Entscheidungen trifft – wer ist so weit, Teil der Profis zu bleiben, wer braucht noch etwas Zeit? Bis diese Entscheidung gefallen ist, stehen mir diese Spieler de facto nicht zur Verfügung. Mein Fokus liegt eher auf den Spielern, die aktuell von der U18 nachkommen. Das Thema Routine hatten wir vor einem Jahr zu Saisonbeginn auch. Ja, der eine oder andere würde uns aus meiner Sicht ganz guttun, aber die Gesamtsituation im Verein ist so, dass der Verein die Marschrichtung vorgegeben hat, dass wir mit dem Material, das aktuell zur Verfügung steht, in die Saison gehen. Das ist eine Challenge, es wird um nichts leichter als in der letzten Saison – wir können uns keine Spielereien erlauben. Aber ich trage diese Marschrichtung voll mit.

LAOLA1: Wie werden jene jungen Spieler, die zurück zu den Young Violets müssen, damit umgehen?

Foto: © GEPA

Suchard: Ich mache mir keine Sorgen. Der Schlüssel ist die offene, klare Kommunikation zwischen Peter Stöger, mir und dem Spieler. Der Spieler muss wissen, was Sache ist, und er muss wissen, dass es keine Degradierung in dem Sinn gibt. Es geht immer um die Möglichkeit, Spielpraxis zu sammeln. Es nützt beispielsweise einem Anouar El Moukhantir herzlich wenig, wenn er sieben, acht Runden lang zwar im Kader der Profis weitertrainiert, was auch weiter passieren wird, er aber womöglich sieben, acht Wochen keine Einsatzminuten bekommt. Die Möglichkeit, bei den Young Violets Spielpraxis zu bekommen, ist da – das ist für jeden Spieler eine Chance, die er wahrnehmen wird und muss, um Schritte nach vorne zu machen. Letzte Saison hat das super funktioniert, ich gehe davon aus, dass es wieder funktionieren wird.

LAOLA1: Grundsätzlich ist die Durchlässigkeit nach oben bei der Austria dieser Tage mehr gegeben als in den vergangenen Jahren, oder?

Suchard: Das unterschreibe ich zu 100 Prozent. Die Spieler spüren das. Wenn ein Spieler performt, hat er die Chance, bei den Austria-Profis zu spielen. Punkt. Das ist von Peter Stöger unterschrieben, das ist von mir unterschrieben, das ist vom Verein unterschrieben. Es liegt am Spieler selbst.

LAOLA1: Es sind einige Spieler aus der Akademie hochgezogen worden. Was dürfen sich die Austria-Fans von ihnen erwarten?

Suchard: In erster Linie erwarte ich mir von den Austria-Fans, dass sie mit diesen Spielern Geduld haben. Wir im Trainerteam werden diese Geduld haben. Diese Spieler sind gut ausgebildet, auf einem Top-Niveau. Wir wissen, was ein Austria-Spieler haben sollte und was die Austria-Familie gerne sieht. So werden die Spieler in der Akademie auch ausgebildet – sie sind technisch stark, sie versuchen, immer offensiv zu spielen und viele Tore zu erzielen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es gerade im Bereich von der Akademie in den Erwachsenen-Fußball das Defensivverhalten noch zu schulen gilt – das ist der größte Sprung, wo viele Spieler noch Probleme haben. Die Adaption wird passieren. Es wird aber wichtig sein, dass der Spieler den Kopf nicht verliert und zu zweifeln beginnt.

LAOLA1: Wie sehr freuen Sie sich auf die beiden Derbys gegen Rapid II?

Suchard: Unterm Strich ist es für mich ein Spiel wie jedes andere. Ich weiß aber, dass für die Jungs da ein bisschen mehr Brisanz drinnen liegt. Was mir sehr viel Freude machen würde, wäre, wenn zu diesen Spielen zahlreiche Zuschauer kommen – falls es Corona zulässt. Es wäre für die Jungs eine richtige Genugtuung, wenn da ein paar tausend Leute wären.

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