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Höhe- und Tiefpunkte in der Karriere des Thomas M.

Höhe- und Tiefpunkte in der Karriere des Thomas M.

Die Zeichen stehen auf Abschied.

Wenn Thomas Morgenstern am Freitag, um 12 Uhr im Hangar-7 in Salzburg zur Pressekonferenz lädt, muss befürchtet werden, dass er dabei sein Karriereende bekanntgibt.

Der 27-jährige Kärntner hat noch immer mit den Nachwirkungen seines schweren Sturzes am 10. Jänner auf der Flugschanze in Tauplitz/Bad Mitterndorf zu kämpfen.

Zuletzt brach Österreichs erfolgreichster Olympia-Teilnehmer einen Trainingskurs ab - ein weiteres Indiz dafür, dass der Rekord-Weltmeister die Latten endgültig ins Eck stellt.

So gut wie alles gewonnen

Morgenstern hat in seiner Karriere so gut wie alles gewonnen - er war Gesamtweltcpsieger, holte WM- und Olympia-Gold und triumphierte bei der Vierschanzen-Tournee.

Der "Super-Adler" war jedoch nicht nur seit 2002 auf den Weltcup-Schanzen dieser Welt zuhause, sondern hat auch Benzin im Blut. Seine Karriere gleicht einer Achterbahnfahrt.

Wir blicken mit ihm gemeinsam zurück auf die Anfänge seiner Karriere sowie die Höhe- und Tiefpunkte einer einzigartigen Laufbahn.

Fotos: thomasmorgenstern.com

Die Entscheidung fürs Skispringen

Thomas Morgenstern ist ein Multi-Talent, das schon früh mit dem Sport begann. Drei Sportarten prägten ihn bereits in seiner Kindheit. "Angefangen hat alles mit dem runden Leder. Damit bin ich fast geboren, den Ball hatte ich sofort auf meinem Fuß liegen", erklärte der Hobby-Kicker gegenüber LAOLA1.

Doch auch das Skifahren war eine Leidenschaft von Jung-Thomas. "Durch die alpine Vorgeschichte meines Vaters und Onkels (Alois, wurde Olympia-Siebenter im Slalom 1976, Anm.) war ich auch ein Alpiner. Schlussendlich war das „Stanglfahren“ irgendwann zu fad und ich habe angefangen, mir Schanzen zu bauen."

Eines Tages nahm er schließlich beim Toni-Innauer-Skifest teil. "Da war ich etwa acht." Der polyvalente Thomas musste sich jedoch eines Tages entscheiden. "Bis 14 habe ich alles gemacht. Da ich von mir selbst abhängig sein wollte, wurde es dann der Einzelsport Skispringen." Es war der Beginn einer großen Karriere.


Der erste Sieg in Liberec

Morgenstern hatte gerade seine erste Tournee absolviert, als er nach Liberec kam und die Skisprung-Welt ins Staunen versetzte. Mit nur 16 Jahren triumphierte der Youngster und feierte seinen ersten Erfolg im Konzert der Großen.

"Es ging alles so ungemein schnell. Zu dieser Zeit habe ich das alles nicht wirklich realisiert. Ich bin halt gesprungen, war gut drauf." Das Erfolgsrezept war seine Unbekümmertheit, mit der er wenige Wochen später zweimal Gold bei der Junioren-WM in Solleftea gewann.

Es war eine Zeit, in der viele junge Adler den Sprung zu den Großen schafften. "Der halbe Kader mit Nagiller, Kofler oder Hafele kam neu ins Team, es lief einfach. Es war eine schöne Zeit und mein erster Sieg war natürlich extrem wichtig für meine Karriere." Während es um viele seiner Kollegen schnell wieder ruhig wurde, war es für Morgenstern "nur" ein Zwischenschritt.

Der erste Horrorsturz in Kuusamo

Heftige Windböen führten dazu, dass Thomas Morgenstern am 29. November 2003 in Kuusamo die Kontrolle verlor, sich mehrfach überschlug und zunächst regungslos im Auslauf liegen blieb.

"Diesen Sturz sehe ich als Startschuss in meine Karriere. Er hat mir aufgezeigt, dass nicht alles selbstverständlich ist und gewisse Dinge passieren können." Der damals 17-Jährige hatte Glück im Unglück.

Prellungen, Blutergüsse und eine verhältnismäßig kleine Blessur im linken Knöchel trug er davon, nur drei Wochen später stand er schon wieder auf der Schanze. "Für mich war es ein enorm wichtiger Tag in meiner Karriere." Es sollte allerdings nicht der letzte schwere Sturz sein.



Doppel-Gold bei Olympia 2006

Noch immer stand ein Weltcup-Sieg auf seinem Konto, doch die Vorzeichen hatten sich geändert. War er drei Jahre davor noch ein Nobody, gehörte er inzwischen zur Weltspitze.

Nach einer ÖSV-Nullnummer auf der Normalschanze lieferte sich "Morgi" auf der großen einen packenden Fight mit Andreas Kofler, den er am Ende um 0,1 Punkte für sich entschied. Zwei Tage später legten beide gemeinsam mit Martin Koch und Andreas Widhölzl nach.

"Das war mein schönster Erfolg. Mit 19 Jahren mit zwei Goldmedaillen am Medal Plaza zu stehen, das war damals unrealistisch und ist heute noch ein besonderes Gefühl, wenn ich die Medaillen sehe. Ich bin wirklich stolz darauf."

Das Duell mit Gregor Schlierenzauer

In einer Generation einen Ausnahmespringer zu haben, ist ein Privileg. Der ÖSV hat(te) den Luxus, sogar auf zwei zurückgreifen zu können. Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzauer gehören zweifelsfrei zum Besten, das die Skisprung-Szene je hervorgebracht hat.

Zweifellos eine schwierige Aufgabe, zwei Alphatiere unter einen Hut zu bringen. "Es gab schwierige Tage und war nicht immer leicht, das ist ganz klar", macht Morgenstern keinen Hehl daraus, dass es immer wieder mal Spannungen in den Reihen der ÖSV-Flotte gab.

Dennoch erklärt der Kärntner: "Es war aber sehr wertvoll für die Entwicklung und auch eine gute Einschätzung. Man wusste immer, wie man beieinander ist." An dieser Stelle sei festgehalten, dass die beiden gemeinsam im Team Gold bei Olympia, Nordischen (fünf) und Skiflug-Weltmeisterschaften (drei) gewannen.

 

Die Unterstützung von Didi Mateschitz und Red Bull

"Didi Mateschitz ist mein Idol", gibt Morgenstern unumwunden und ehrfurchtsvoll zu. Während manch einer glaubt, der Milliardär würde sich um seine Schäfchen nicht kümmern (können), hält der 27-Jährige fest:

"Ich habe viel Kontakt mit ihm. Er ist immer da. Wenn etwas ist, kann ich mit ihm reden. Das ist unglaublich, vor allem, weil ich da doch nur einer von vielen bin." Einer von vielen, aber doch besonders.

Mateschitz sei extrem bodenständig und habe eine tolle Persönlichkeit. Kein Wunder, dass sein Schützling froh ist, zum Pool der "Bullen"-Sportler zu gehören. "Ich bin stolz und dankbar, dass mein Partner Red Bull irgendwann zu mir kam und mich in die Familie aufnahm."

Die Liebe zum Motor- und Flugsport

Zahlreiche Flugstunden hat der dreifache Olympiasieger nicht nur auf den Schanzen absolviert, sondern auch in motorisierten Gefährten. Morgenstern fühlt sich pudelwohl als Pilot und hat schon zahlreiche Flüge absolviert.

"Es benötigt viel Praxis, deshalb habe ich auch viel in diese Richtung gemacht", berichtet er. Doch nicht nur in der Luft gibt der Rekord-Weltmeister Gas, sondern auch auf Asphalt.

Eine Testfahrt in einem Formel-1-Boliden hat es ihm besonders angetan. "Es war eines der geilsten Erlebnisse meines Lebens. Ich hoffe, ich kann wieder mal einsteigen, denn es war sensationell." Scherzhaft ergänzt der Motorsport-Fan: "Ich glaube fest an meine Karriere."


Die Geburt seiner Tochter

"Heute Nacht ist unsere Tochter Lilly in unserem Leben gelandet", schrieb Morgenstern am 26. Dezember 2012 auf seiner Facebook-Seite. Damit begann ein "neuer, spannender Lebensabschnitt".

"Es hat sich natürlich viel verändert. Wenn man sie anschaut und im Arm hält, ist es ein extrem schönes Gefühl", genießt der Kärnter seine Vaterfreuden. Er ist "sehr, sehr stolz darauf" und will "immer da sein für meine Kleine".

Die Bindung zum eigenen Nachwuchs betrachtet er als besonders eng, die Gefühle seien speziell. "Dieses wertvolle Gefühl von Liebe habe ich nie davor in meinem Leben so gespürt."

Die Horrorstürze #2 und #3

Nur einen Tag nach seinem 23. und vielleicht letzten Weltcupsieg am 14. Dezember des Vorjahres kam er in Titisee-Neustadt schwer zu Sturz. Morgenstern, das ewige Stehaufmännchen, kam im Eiltempo zurück, startete bei der Tournee und wurde hinter Sensationssieger Thomas Diethart Zweiter.

Morgenstern war mental stark wie nie, als ihn am Kulm die Realität jäh einholte. Bei einem Lufststand von rund sechs Metern donnerte er deutlich jenseits der 100 km/h zu Boden und prallte mit voller Wucht mit Rücken und Kopf auf. Dabei erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Lungenquetschung.

Wieder bewies Morgenstern unglaubliches Kämpferherz, immer mit dem Ziel Olympische Spiele in Sotschi vor Augen. Während manche Medien das Olympia-Aus bereits verkündeten, schuftete er an seiner Rückkehr und war tatsächlich in Russland dabei.

Dort gewann er mit dem Team Silber und sprach anschließend davon, dass "es wie Gold glänzt". Die Angst blieb allerdings. Angst vor einem weiteren Sturz. Angst, dass seine Schutzengel beim nächsten Mal nicht so wachsam sind.

Morgenstern beendete die Saison und wollte sich langsam wieder herantasten. Der Weg zurück ist allerdings nicht so verlaufen, wie er sich das erhofft hatte. Zuletzt soll er laut "Kronen Zeitung" einen Trainingskurs in Innsbruck abgebrochen und Cheftrainer Heinz Kuttin um eine Auszeit gebeten haben.

Wenige Tage später berief sein Management die Pressekonferenz ein. Es geht um die Zukunft von Thomas Morgenstern. Möglicherweise eine Zukunft ohne Skispringen.

 


Christoph Nister